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Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß

Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß

Titel: Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß
Autoren: Oliver Hassencamp
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er den Mund.
    Mücke stellte ihm seine Zimmergenossen vor: Musterschüler Strehlau, den er schon kannte, Werner und Klaus, den Witzbold. Sie gaben ihm Decken und eine Luftmatratze, während Mücke aus einer Schublade seines Klappbetts Papier herausholte. „Hier, das kannst du lesen. Die neueste Nummer.“
    Andi nahm die zusammengehefteten Blätter und las die Überschrift: Das Wappenschild und darunter Chronik und Zeitung der Schule Burg Schreckenstein . „Ach ja, du bist der Chefredakteur“, sagte Andi. „Lokalredakteur“, verbesserte Mücke. „Chefredakteur ist Strehlau. Er macht die Chronik, ich die Berichte zum Tagesgeschehen.“
    Andi, der sich darunter nichts vorstellen konnte, lächelte freundlich.
    Alle legten sich nieder. Mücke und Strehlau lasen, Werner und Klaus hatten die Hände unter dem Hinterkopf gefaltet und starrten an die Decke.
    „Sagt mal...“, fragte Andi.
    „Nachher“, antwortete Strehlau. „Während der Liegezeit sollen wir nicht reden.“ Er wendete sich ab und las weiter.
    Andi wunderte sich über gar nichts mehr. Dieser Schreckenstein war schon eine komische Schule! Das stand fest. Unlustig blätterte er in der Schulzeitung und fing an irgendeiner Stelle an zu lesen; „...alles scheint in Ordnung zu sein, wir leben im Geist der alten Ritter, und trotzdem haben wir uns verändert. Denn eines fehlt uns, was die Ritter hatten — der Schwung. Wir haben keinen Schwung mehr. Seit dem Tanzfest drüben bei den Mädchen auf Schloss Rosenfels sind keine richtigen Streiche mehr gemacht worden. Wir sind ein ganz lahmer Laden geworden! Das ist ziemlich traurig...“
    Andi legte die Zeitung weg. Diesen Eindruck hatte er auch. Es wollte ihm nicht in den Kopf hinein, wieso diese braven Mittagsschläfer als Rabauken verschrien waren!
    „Na?“ fragte Mücke, als sie nach dem nächsten Klingelzeichen wieder sprechen durften. „Weißt du jetzt über uns Bescheid?“
    Andi druckste herum.
    „Ich weiß nicht. Ich verstehe euch nicht. Ihr legt euch da schön brav aufs Bett und haltet den Mund, wo doch gar kein Lehrer da ist, der kontrolliert!“
    „Ja und? Wäre das eine besondere Heldentat gewesen, wenn wir geredet hätten?“ fragte Mücke.
    „Du wirst lachen, wir schreiben auch im Unterricht nicht ab. Auch nicht, wenn der Lehrer aus dem Zimmer geht“, erklärte Witzbold Klaus.
    Andi sah ihn groß an.
    „Das verstehst du nicht, Andi“, sagte Mücke. „Ihr in Neustadt macht euren Unsinn im Unterricht! Dann geht ihr nach Hause. Aber wir hier leben mit den Lehrern zusammen. Da wäre es doch ganz witzlos, sie dauernd zu belügen.“
    „Und unritterlich dazu“, bemerkte Werner.
    Sie gingen hinaus auf den Gang zu den Schränken, um sich für das Training und den Hindernislauf umzuziehen.
    „Und was ist ritterlich?“ wollte Andi wissen.
    „Einstehen für das, was man macht“, sagte Strehlau. „Kein fremdes Eigentum wegnehmen oder beschädigen. Wenn einer dreimal zu spät kommt, zum Unterricht, zum Essen und so weiter, dann bestraft er sich selbst, das heißt, er macht einen Strafmarsch nach Wampoldsreuthe, morgens vor dem Frühstück. Das sind fünf Kilometer. Er macht das ganz allein, niemand kontrolliert ihn. Das ist Ehrensache.“
    „Für schlimmere Vergehen gibt es auch größere Gehstrafen“, fuhr Mücke fort. „Aber wenn wir Streiche machen und sie sind witzig und es geht nichts kaputt dabei, wird überhaupt nicht gestraft. Kirchturmuhr verstellen, Fledermäuse in die Betten der Lehrer stecken, einen Angeber mit Spannlack anpinseln...“
    „Steht alles in meiner Chronik“, sagte Strehlau stolz. Jetzt musste Andi doch lachen. Um nicht zurückzustehen hinter diesen seltsamen Rittern, erzählte er von seinen Streichen in Altenburg, als Indianer. Sie gingen hinunter in den Hof; er holte sein Rad.
    Beim Abschied klopfte Mücke ihm auf die Schulter. „Besuch uns mal wieder, wenn du trainierst! Aber schleich nicht als Indianer hier herum! Wir haben nämlich auch einen Marterpfahl — unsere Folterkammer.“
    „Ein indianischer Radrennfahrer“, brummte Witzbold Klaus und schüttelte den Kopf. „Wohl so ‘ne Art ,Häuptling Felgenbremse’.“

     
     
     

Gemischte Gefühle
     
    In Neustadt hatte niemand etwas von Andis Ausflug bemerkt.
    „Ich habe heute mit dem Leiter von Schreckenstein telefoniert“, sagte der Vater nach dem Abendessen. „Und was ich gehört habe, gefällt mir außerordentlich. Die Jungen dort müssen nicht nur büffeln, sondern werden auch charakterlich
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