Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Schreckenstein geht's lustig zu

Auf Schreckenstein geht's lustig zu

Titel: Auf Schreckenstein geht's lustig zu
Autoren: Oliver Hassencamp
Vom Netzwerk:
irgendwie bekannt vor. Sie war es, die er an der Tür gesehen hatte. Die Heimleiterin nannte die Namen: der Wuschelkopf hieß Beatrix Lebkowitz. Aha, dachten die beiden Ritter, und erinnerten sich an das Schulheft, die Kollegin mit den schlechten Noten! Die andere, eine Dunkle, hieß Ingrid und war — Mückes Schwester. Mit gesenkten Köpfen, ohne die Jungen eines Blickes zu würdigen, standen sie da und hörten sich das ritterliche Bekenntnis an. Danach schickte die Direktorin sie wieder hinaus. Nach einigen Ermahnungen, dass so etwas nicht wieder vorkommen dürfe und einem: „Das nächste Mal nehmen Sie den Omnibus“ an Sonjas Adresse war die Unterredung beendet.
    „Die ist ja ein Alptraum!“ Ottokar atmete erleichtert auf, als sie endlich draußen waren.
    „Jetzt wisst ihr, warum ich erst so dagegen war“, klagte Sonja.
    „Du siehst aber“, versuchte Stephan sie zu trösten, „wenn man ihr die reine Wahrheit sagt, reagiert sie eigentlich ganz vernünftig.“
    „Jedenfalls ist hier jetzt dicke Luft“, antwortete Sonja, „ich bringe euch lieber raus.“ Damit hatte sie recht, es war wirklich dicke Luft. Hinter jedem Schrank, jeder Tür oder Säule schauten Mädchen mit finsteren Mienen hervor. Es war das reinste Spießrutenlaufen. Auf der Treppe begegnete ihnen noch eine dickliche Frau mit freundlichen Augen. Sie strahlte Stephan und Ottokar an und sagte im Vorbeigehen: „Männer? Haha, so was!“
    „Das war Fräulein Böcklmeier, Erdkunde und Englisch“, klärte Sonja die beiden auf. „Wenigstens ein freundliches Gesicht“, meinte Ottokar. Erst am Waldrand blieb Sonja stehen. Sie war sichtlich unruhig: „Ich muss jetzt zurück. Redet auf jeden Fall mit Papa, vielleicht muss er mir helfen.“ Damit verabschiedete sie sich und ging eilig davon.
    „Die Arme“, brummte Ottokar, ihr nachschauend.
    „Ja“, nickte Stephan, „es ist manchmal gar nicht so einfach mit der Wahrheit.“
    „Aber gut für den Schlaf.“ Ottokar grinste froh, alles überstanden zu haben. Doch darin sollte er sich täuschen, und zwar gründlich. Noch längst war nicht alles überstanden, im Gegenteil, jetzt ging es erst richtig los. Die erste Kostprobe hiervon bekamen die beiden, als sie an den Bootssteg zurückkehrten. Ihr Boot war zwar noch da, aber bis oben hin voll Wasser.
    „Au warte!“ brummte Stephan und zog Schuhe und Strümpfe aus. Dann standen sie wie die Kulis im knietiefen Wasser und wuchteten den schweren Kahn auf den Strand, um ihn auszuleeren. Das Schlimmste aber war nicht die Arbeit, sondern der Umstand, dass diese von höhnischen Zwischenrufen der Mädchen begleitet wurde.
    Überall im Gebüsch und auf den Bäumen versteckt saßen sie und weideten sich an den Anstrengungen der beiden. So wurden die Bemühungen, den Kahn mit Schwung auf Land zu setzen, von einem vielstimmigen Ho ruck begleitet, dem dann ein schallendes Gelächter und Gekicher folgte, wenn es wieder mal nicht klappte.
    „Seid doch still, ihr Gänse!“ brüllte Ottokar wütend in den Wald hinein, erntete damit jedoch nur ein langgezogenes Buuuuuh!

    Nachdem sie fast eine halbe Stunde geschuftet hatten, war es endlich soweit, und sie konnten losrudern.
    Doch kaum hatte sich der Kahn vom Ufer gelöst, stürmten von allen Seiten Mädchen herbei, kreischten und machten den schwer geprüften Rittern lange Nasen.
    „Nur raus hier!“ keuchte Stephan und warf sich in die Riemen, dass der Kahn in allen Fugen ächzte. Die Engstelle zwischen den beiden Trauerweiden war kaum fünf Meter breit. Die Mädchen rannten von beiden Seiten auf die Enge zu. Stephan und Ottokar ruderten aus Leibeskräften, um mit viel Schwung möglichst schnell durchzukommen. Als sie in die herabhängenden Zweige tauchten, ließen sie die Ruder los und duckten sich zusammen. Unter ohrenbetäubendem Gekreische spritzten die Mädchen von beiden Seiten mit Wasser.
    Endlich hatten die beiden den freien See erreicht und schauten auf. Sie sahen aus wie nach einer Äquatortaufe, und das Wasser stand knöcheltief im Kahn. Die Mädchen wollten sich gar nicht mehr beruhigen. Der blonde Wuschelkopf Beatrix lief sogar noch ins Wasser hinein und rief ihnen nach: „Das nächste Mal meldet ihr euch gleich, ihr Feiglinge!“
    Stephan sprang auf und brüllte, rot vor Zorn, zurück: „Du blöde Kuh!“ Dann war der Spuk vorbei.
     
     
     

Wer den Schaden hat...
     
    Es war für die beiden Ritter eine Selbstverständlichkeit, dass sie, trotz der erlittenen Schmach, auf dem Rückweg nach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher