Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
Vom Netzwerk:
und fragt Männer, ob sie ein paar schöne Stunden haben möchten.«
    Ich presste meine Hand so fest auf den Rand der Mole, dass ich die Steine spürte, und erwiderte nichts. Eve machte mit dem Kopf ein Zeichen, als sich Daddys Boot dem Dock näherte, und drehte sich dann zu mir um. »Und wenn sie an uns denkt, weint sie.«
    Ich betrachtete sie einen Moment lang und legte dann den Kopf an ihre knochige Schulter.

    »Na komm«, sagte sie und stand auf. Sie streckte die Arme aus, um mir aufzuhelfen, und wir gingen zum Dock hinunter, wo Daddy zwei kichernden Damen mittleren Alters vom Boot half. Sie waren von der netten Art und gehörten zu der Sorte Frauen, die geblümte Hosenanzüge trugen und so mit Adrenalin aufgeputscht waren, dass sie meinem Vater immer Geldscheine in die Hand drückten, wenn sie sich verabschiedeten. ( Das war so aufregend, ich hätte mir fast in die Hosen gemacht! , hörte ich einmal eine dieser Damen sagen.) Manchmal fühlte ich mich ein bisschen schlecht, wenn ich verächtlich auf Erwachsene hinabsah, aber es gab Situationen, da ging es einfach nicht anders.
    Daddy grinste, als er uns entdeckte, und die beiden Damen rissen die Augen auf. »Das sind Ihre Zwillinge?«, fragte eine. »Die sind aber hübsch.« Die andere kicherte mit geschlossenen Lippen und streckte die Hand aus, um Eves Haar zu berühren. »Wie ein Ei dem anderen«, sagte sie. »Ich wette, Sie müssen die Jungs in die Flucht schlagen.« Irgendetwas an unserem identischen Aussehen brachte die Touristen dazu, uns wie hochschwangere Frauen oder wie kostbare Raritäten zu behandeln. Dennoch lächelten wir, weil es so von uns erwartet wurde, und sie belohnten meinen Vater mit Fünf-Dollar-Trinkgeldern.
    Nachdem sie fort waren, drückte uns unser Vater kurz an sich. Seine Bartstoppeln kratzten an meiner Stirn, seine Brust roch nach Scotch, Meer und Schweiß. Wir sprangen ins Boot, während Daddy sein Pappschild zusammenfaltete. Sehen Sie die Insel, wie nur die Vögel sie sehen können, stand darauf.
    Eve war die Erste, wie immer - sie wurde als Erste geboren, lernte als Erste laufen, trug sogar als Erste einen BH. Sie schnallte sich die Parasail-Gurte um die Beine, während Daddy ans Ruder
ging und den Hinderniskurs durch die vertäuten Boote nahm. Als wir die offene See erreichten, streckte Eve die Daumen nach oben, Daddy gab Gas, und sie schwebte in die Luft hinauf. Ich lehnte mich über den Bug und ließ mir das kalte Wasser ins Gesicht spritzen.
    Als ich mich umdrehte, sah ich, dass Daddys Augen rot waren. Von Angst gepackt, ging ich schnell zum Heck und spähte nach oben, als sei ich plötzlich total vom Himmel fasziniert. Über mir strampelte Eve scherenartig mit den Beinen, um nach unten zu schaukeln.
    Minuten später kam Daddy, ebenfalls in den Himmel blickend, auf mich zu. »Die Schule beginnt nächste Woche«, sagte er. »Ihr Mädchen hört wohl einfach nicht auf, erwachsen zu werden? Der Zeitpunkt, an dem ihr mich verlasst, rückt immer näher und näher.«
    Ich zuckte die Achseln und konzentrierte mich darauf, zehn durch drei zu teilen, damit mein Gesichtsausdruck entsprechend abwesend wirkte. War heute wirklich Moms Geburtstag? Reichte das aus, um ihn zum Weinen zu bringen? Mom war weggegangen wie ein Tourist, der die Fähre besteigt, mit der gleichen Resignation und dem gleichen oberflächlichen Bedauern. Ich konnte nicht einfach fragen, weil wir ihm gegenüber unsere Mutter nie erwähnten; das war ein ungeschriebenes Gesetz. Stattdessen zog ich die Augenbrauen hoch. »Nein, Dad, wir haben beschlossen, nach der Highschool das Gleiche zu machen wie Justin, hierzubleiben und zu arbeiten. Wir machen einen Laden auf, mit Geschenkartikeln vielleicht, mit solchen Lampen aus Muschelschalen. Und wir sorgen für dich, wenn du alt bist.«
    Daddy lächelte und zog einen Flachmann aus der Tasche. Er nahm einen Schluck und begann, Eve aufs Boot zurückzuziehen.
»Zum Teufel, das würde ich keinem wünschen. Nein, Liebling, du bist zu schlau dafür. Du studierst Fische, oder wie heißt das? Meeresbiologie. Und Eve, die studiert Jura. Sie könnte einem Hund das Fell abschwatzen. Und dann verliebt ihr euch in Millionäre, lebt in einem schicken Hochhaus auf dem Festland und kauft Taschenbücher, die farblich zu euren Schuhen passen. Mich werdet ihr ganz vergessen.«
    »Das ist doch Blödsinn«, erwiderte ich, sagte ihm aber nicht, wie sehr er sich irrte, weil ich wusste, dass meine Pläne eher eine Enttäuschung als ein Trost für ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher