Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
war.
    »Hat dein Freund denn nichts dagegen, dass du mit anderen Männern beim Bier sitzt?«
    »Du, mit einem, der mich zu Hause unter Verschluss hält, wär ich nicht lange zusammen. Selbst wenn wir verheiratet wären und fünf Kinder hätten, würde ich mir noch das Recht nehmen, Bier zu trinken, mit wem ich will.«
    »Möchtest du auch noch eins?« Er nahm sein leeres Glas und stand auf, um Nachschub zu holen.
    »Ein kleines, aber jetzt bin ich mit Bezahlen dran.«
    Aber er war schon unterwegs und wollte auch kein Geld annehmen, als er zurückkam. Wir unterhielten uns ein wenig gezwungen über Fahrräder und Bodybuilding, da fragte er plötzlich:
    »Das mit der Expolizistin vorhin, war das ein Witz?«
    »Nee. Ich war zuerst auf der Polizeischule und hab zwei Jahre bei der Polizei gearbeitet, bevor ich mit Jura angefangen hab. Zwischendurch hab ich auch immer mal Vertretungen bei der Polizei gemacht, zuletzt voriges Jahr im Sommer.«
    »Du siehst überhaupt nicht nach Polente aus! Wie eine Juristin allerdings auch nicht.« Make musterte meine alte Trainingshose und meine wirren roten Haare. Auch meine sommersprossige Stupsnase trug nicht unbedingt dazu bei, mich wie eine seriöse Gesetzesvertreterin wirken zu lassen.
    »Obwohl, wenn man Leute nach dem Aussehen beurteilt, liegt man sowieso meistens schief«, setzte er hinzu. »Ich zum Beispiel hab vorletzten Winter noch gesoffen wie ein Weltmeister, aber jetzt komm ich mit zwei Bier pro Abend aus.«
    Das klang wie der Auftakt zu einer umfassenden Beichte. Auch gut, ich war es gewohnt, mir Lebensgeschichten anzuhören. Aber Make schwieg, trank sein Bier in kleinen Schlucken und blickte in die Ferne.
    Kimmo Hänninen radelte vorbei, winkte und rief: »Ach, ihr zwei kennt euch auch schon!« Gleich darauf bog er in den Weg zur Unterführung ein und verschwand aus dem Blickfeld.
    »Kennst du Kimmo?«, fragte Make und spielte mit seinem Bierglas.
    »Sogar doppelt, sozusagen. Als ich noch zur Schule ging, hat Kimmo ein paar Jahre in der gleichen Kleinstadt gewohnt wie ich. Ich hab damals praktisch keine Notiz von ihm genommen, er ist nämlich vier Jahre jünger als ich, aber seine Schwester Sanna hab ich ab und zu auf Feten getroffen. Sie ist letztes Frühjahr gestorben … Und Kimmos Bruder ist mit der Schwester von Antti, von meinem Freund, verheiratet.«
    Make sah mich an, als erwarte er, dass ich gleich zuschlagen würde.
    »Ich war Sannas Freund. Der Mann, der sinnlos betrunken am Ufer gepennt hat, als sie ertrunken ist.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Geschichte von Sannas Tod hatte ich schon oft gehört. An ihrem 30. Geburtstag im März war sie im Meer ertrunken. Bei der Obduktion hatte man reichlich Alkohol und eine kleine Menge Beruhigungsmittel gefunden. Ihr Freund war stockbetrunken und halb erfroren am Ufer aufgegriffen worden und konnte sich an nichts erinnern. Offiziell hatte es dann geheißen, Sanna sei in benebeltem Zustand schwimmen gegangen und dabei ertrunken. Antti und viele andere hatten allerdings den Verdacht, dass sie Selbstmord begangen hatte.
    »Dann ist dein Antti also Antti Sarkela«, sagte Make, wie um das Schweigen zu überbrücken.
    »Ja.« Ich trank mein Bier aus und hatte für Sekunden das Gefühl, noch eins vertragen zu können.
    »Na, dann ist es ja ausgleichende Gerechtigkeit, dass wir hier zusammensitzen. Ich war ab und zu nämlich ganz schön eifersüchtig, wenn Sanna mir vorgeschwärmt hat, wie klug Antti ist.« Make lächelte gezwungen, und ich grinste mit einiger Anstrengung zurück.
    Das war vor drei Wochen gewesen. Danach hatte ich ab und zu bei Make im Sportgeschäft vorbeigeschaut und beim Training im Fitnesscenter mit ihm herumgealbert. Über Sanna hatten wir nicht mehr gesprochen, auch nicht über andere ernsthafte Dinge, und doch lag unter Makes Flapsigkeit ein gewisser Ernst. Ich spürte, dass ich ihn mochte, aber er hatte zugleich etwas Beunruhigendes an sich.
    Es war schon komisch, wie schnell ich in Tapiola Anschluss gefunden hatte. Alle schienen sich zu kennen, mein Chef Eki war ein Bekannter der Sarkelas und so weiter. Ich hegte sogar den leisen Verdacht, dass Anttis Vater mir die Stelle in der Anwaltskanzlei seines Bekannten zugeschanzt hatte, aber bei dem Studienkredit, den ich am Hals hatte, konnte ich mir keinen moralischen Firlefanz leisten.
    Im Lauf des Tages wurde es immer heißer. Nach der Arbeit fuhr ich nach Hause und stürzte mich ins Wasser. Es war himmlisch, praktisch vom eigenen Garten aus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher