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Auf der Spur der Vogeljaeger

Titel: Auf der Spur der Vogeljaeger
Autoren: Stefan Wolf
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Er kam aus der Kastanien-Allee, war also beim Stadtpark. Irgendwie...«
    »Dann hat Karl-Werner«, rief Frau Niefrisch, »ihn wieder privat benutzt. Er ist unser Fahrer. Seine Freundin wohnt in der Kastanien-Allee. Wenn er sie abholt oder heimbringt, nimmt er bisweilen den Transporter. Und parkt ihn dann am Stadtpark. Kann es dabei passiert sein?«
    Tarzan nickte. »Das ist die Erklärung. Vermutlich ist die Schlange auf einen Baum gekrochen, eine der Kastanien zum Beispiel, die dort am Rande stehen. Überhängende Äste ragen weit über die Fahrbahn. Dort parkte der Laster. Die Viper ließ sich vom Baum auf die Plane gleiten und ist dann in den Transporter geschlüpft, der sicherlich Kisten geladen hatte. Als blinder Passagier kam sie hierher. Mein Gott! Sie und das Kind und alle, die hier arbeiten, befanden sich in Lebensgefahr.«
    Frau Niefrisch erbleichte abermals. »Daran darf ich nicht denken«, murmelte sie, »sonst habe ich wochenlang Albträume.«
    Gerade als sie Tarzan nach dem Namen fragte, hielt ein Kombi-Wagen vor der Einfahrt.
    Fräulein Obermüller sprang hinter dem Lenkrad hervor. Sie kam nicht allein, sondern wurde von ihrem Geschäftspartner begleitet. Er hieß Claus Brehm und sah handfest aus. Etwa so wie ein arbeitsamer Hippie, falls es das gibt. Sein Händedruck war wie Stahl, sein Bart ein schwarzes Gestrüpp.
    »Als Frau Niefrisch mir am Telefon sagte, ein Junge hätte ihr Töchterchen vor der Viper gerettet, musste ich gleich an dich denken.« Forschend musterte Fräulein Obermüller den leicht verlegenen Tarzan. »Du bist wirklich erstaunlich mutig. Hast du die Viper durch Zufall entdeckt?«
    Während Tarzan erzählte, kümmert sich Claus Brehm um das Reptil. Er war geübt im Umgang mit Schlangen.
    Eine tote Ratte wurde als Köder vor den Kistenstapel gelegt. Schon nach kurzer Zeit kroch die Schlange hervor. Augenblicklich wurde sie von Brehm mit einem Fangeisen aufden Boden gepresst. Geschickt warf er sie dann in eine mitgebrachte Kiste. Die tote Ratte ebenfalls. Die Kiste wurde geschlossen und in den Kombi geladen.
    »Ich habe auch die Polizei benachrichtigt«, sagte Frau Nie- frisch. »Sie wird gleich hier sein.«
    Das war für Tarzan ein Grund, sich rasch zu verabschieden. Seinen Vornamen hatte er genannt, mehr nicht. Fräulein Obermüller rief ihm nach, er müsse unbedingt bei ihr vorbeikommen. Frau Niefrisch rief, ob er morgen Nachmittag hier sein könnte. Denn auch ihr Mann werde sich bei ihm bedanken wollen – und das nicht mit leeren Händen.
    »Ich werde sehen, ob ich kann«, erwiderte Tarzan. Für ihn freilich stand bereits fest, zumindest von Frau Niefrischs Angebot keinen Gebrauch zu machen.
    Gaby nahm Oskar an die Leine. Er wollte zum Kistenstapel und dort schnuppern, aber sie zog ihn weg.
    Tarzan brachte Gaby nach Hause. Vor der Haustür verabschiedete er sich von ihr.
    »Wenn Oskar wüßte«, sagte sie, »was du für ihn getan hast, würde er dir vor Dankbarkeit das Gesicht schlecken. Das tue ich zwar nicht, aber...«
    Sie sprach nicht weiter, reckte sich statt dessen auf die Zehen; und für einen flüchtigen Moment berührten ihre zarten Lippen seine Wange.
    Dann drehte sie sich um und lief mit dem schwanzwedelnden Oskar ins Haus.
    Eine Weile rührte Tarzan sich nicht. Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit sauste er dann durch die Stadt in Richtung Internat.
    Die linke Wange – das war beschlossen – würde er in nächster Zeit nicht waschen.
    In gehobener Stimmung traf er in der Schule ein, gerade noch rechtzeitig zur Arbeitsstunde. Klößchen saß bereits auf seinem Platz neben ihm. Sein Mondgesicht zeigte einen betroffenen Ausdruck.
    Assessor Braun, der heute Aufsicht führte, musste zwei Klassen betreuen und war die meiste Zeit in der anderen. Flüsternd berichtete Klößchen seinem Freund, wie gemein der Wilddieb den armen Karl misshandelt hatte.
    »Aber er ist schon wieder okay und kommt morgen zur Schule.«
    »Das wird er büßen, der Mistkerl!« Tarzans Zähne knirschten. »Hast du das Motorrad-Kennzeichen notiert?«
    »Habe ich.« Klößchen zog den Zettel aus der Tasche.
    Dann berichtete Tarzan. Klößchen staunte. Tarzan hatte gerade geendet, als Assessor Braun zurückkam. Die verbleibende Zeit reichte nur knapp, um die Aufgaben für den nächsten Tag zu erledigen. Das heißt, Tarzan schaffte es. Klößchen nicht. Und weil er sich eine weitere Verschlechterung seiner Zensuren nicht leisten konnte, würde er den Rest nach dem Abendessen erledigen müssen. Das
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