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Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Titel: Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]
Autoren: fhl Verlag Leipzig UG
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plötzlich auftauchen, wie aus dem Nichts, können von den Dächern schießen, hinab in diese Demonstration der Gewaltlosen. Und doch wagen es die Menschen, ihnen zu trotzen.
    Wir Leipziger, denkt er stolz, führen ein Volk wieder zusammen, aber nicht mit Blut und Eisen, wie es in der deutschen Geschichte üblich ist, sondern mit gewaltlosen Demonstrationen, und dieser bescheidene Pastor, dieser Christian Führer und seine Nikolaikirche, die älteste und größte Kirche in Leipzig und Stätte der Friedensgebete, werden zum Symbol der Friedlichen Revolution. Es ist unfassbar. Nie hätte er der Kirche eine so große Kraft zugetraut in einem so atheistisch geprägten Staat.
    »Wir sind das Volk!«, dröhnt es über dem Platz.
    Sarah blickt ihn an, lächelnd, froh. Er aber kann ihr Lächeln nicht erwidern, nur zu genau weiß er, was noch immer geschehen kann. Die Fallschirmjäger warten ja längst im Rosenthal, diese Nachricht raunt man sich zu hinter vorgehaltener Hand. Doch wer weiß es genau?
    Da hört er die ihm so vertrauten Geräusche, als er selbst noch bei den Fallschirmjägern war.
    »Hubschrauber«, murmelt er erschrocken. Sie kommen also doch vom Rosenthal her, denkt er, auf der großen Wiese des Parks werden sie gewartet haben, einer neben dem anderen.
    Und er sieht sie: Zwei kommen von vorn, zwei von hinten, so, als wollten sie die Menschen wie Schafe zusammentreiben auf dem riesigen Platz, den zwei Straßen einrahmen.
    Er will weg, heraus aus dem Strom, doch es gelingt ihm nicht, denn die Menschen ziehen weiter, Schulter an Schulter, viele ohne zu begreifen, was nun geschehen wird, denn sie werden auf die besten Soldaten stoßen, die der wankende Staat gegen sie aufbieten kann, junge Männer, die nichts fürchten, selbst eine unüberschaubare Masse aus Menschen macht ihnen keine Angst. Für Fallschirmjäger ist der Tod ein Bruder.
    Dann hört er das Hämmern der Maschinengewehre, von hinten und vorn, hört Schreie, die mehr und mehr zunehmen und ein Kreischen aus Schmerz und Angst.
    Es ist die Hölle. Er sieht die Lichtbahnen der Geschosse. Menschen wenden sich um, prallen auf die ihnen folgenden, reißen sie nieder, zertrampeln sie. Das Entsetzen steht in allen Augen. Er hält Sarah gepackt, presst ihr Gesicht an seine Brust, versucht ein Fels zu sein in dieser Brandung des Todes. Manu, schießt es ihm durch den Kopf, wenn wir nun tot auf diesem Platz bleiben, bist du allein. Warum habe ich Sarah nur mitgenommen, warum nur sind wir überhaupt mitgezogen? So viele bleiben doch zu Hause, warten ab, werden erst nach dem Sturz des Staates von ihrer Tapferkeit reden, dann, wenn es nicht mehr gefährlich ist.
    Die Maschinengewehre mähen Gassen in die Menschen, Gassen aus Sterbenden und Toten. Das ist das Ende, denkt er und versucht, Sarah fest an sich gepresst, nicht zu fallen. Er liebt seine Frau, er liebt sie mehr als sein Leben, sein eigenes würde er hergeben, wenn er sie retten könnte. Es ist ein Inferno, das selbst ein Dante nicht hätte so beschreiben können.
    Menschen prallen unaufhörlich zusammen, werden hoch geschleudert, fallen. Es ist, als ob zwei gewaltige Ströme aufeinander zufließen und jeder den anderen überwinden will.
    Sarah schluchzt, klammert sich verzweifelt an ihn, der ihr nicht helfen kann. Nur an seiner breiten Brust kann sie sich ausweinen.
    Das ist das Ende der Friedlichen Revolution, glaubt er, das ist der Tod. Das Sterben umgibt sie und das Schreien, und der bleierne Tod rast weiter aus den Hubschraubern herab. Die Schützen mähen die Menschen wie Gras. Nur ist Gras still, es fällt ohne Laut.
    Er beginnt zu wanken, zu taumeln, er fällt auf Sarah, die er nun mit seinem Körper schützen will, über den Menschen hinweg trampeln, mehr und mehr. Noch versucht er sich abzustützen, um sie nicht mit dem Gewicht seines Körpers zu zerdrücken. Doch wie lange wird er es aushalten?
    Er erwachte mit wild klopfenden Herzen, die Angst um Sarah und Manu hielt es noch umkrallt. Aufgewühlt war er, denn er hatte das gesehen, was nicht geschehen war, aber hätte geschehen können. Leipzig wäre eine Blutstadt geworden, eine tödliche Hölle und der heutige Augustusplatz ein
Platz des himmlischen Friedens
wie in Peking. Aber die Menschen hatten Glück gehabt, auch Sarah und er.
    Sarah sah er wieder vor sich und Manu, Hand in Hand vor dem
Coffe- Baum
, dem ältesten Kaffeehaus der Stadt, mit einem Reliefbild über dem Eingang, das einlud zum ›Türkentrank‹.
    Sie hatten eine gute Ehe bis
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