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Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Titel: Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]
Autoren: fhl Verlag Leipzig UG
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in einem einzigen, endlosen Augenblick: Er sichtete die verschwommene Gestalt Emmerleins im Nebel in seiner gelben Regenjacke, und er schnellte nach vorn, warf das Messer so, dass die Klinge eindrang zwischen die Schulterblätter, in Richtung des Herzens. Lautlos stürzte der Getroffene, ohne Schrei, als hätte ihn ein Pfeil des Odysseus gefällt, fiel auf einen länglichen, nicht sehr hohen Felsbrocken, der wie ein kantiger Sarg wirkte und seine Arme hingen zu beiden Seiten herab, sein Kopf lag seitlich, seltsam verdreht, auf dem Gestein, als hätte er sich beim Aufschlag das Genick gebrochen und so einen doppelten Tod gefunden.
    Mit ein paar raschen Schritten erreichte Bachmann den steinernen Sarg und atemlos beugte er sich hinab, starrte in offene Augen, die bereits erloschen waren und ihn dennoch anzublicken schienen, groß und lavendelblau – Sarahs Augen.
    Wie in einem wahnsinnigen Alptraum fühlte er sich, der aber grauenvolle, unfassbare Wirklichkeit war, aus dem er nicht fliehen konnte, und so brach er zusammen neben Sarah und es war ihm, als ob ein noch nie gekannter Schmerz sein Herz sprengen wollte.
    Aber dann geschah etwas, das jählings diesen unerträglichen Schmerz betäubte. In der Undurchdringlichkeit des Nebels vernahm er hastige Schritte, sah, als er benommen seinen Kopf hob, in den dunstigen Schwaden eine Gestalt auf dem schmalen Pfad, die eine gelbe Regenjacke trug. Wie von einer unerklärlichen Macht getrieben, griff er nach dem Messer, um es rasch aus dem leblosen Körper Sarahs zu lösen und erneut mit seiner Hand den Griff der Waffe zu umschließen, als wäre sie mit ihr verwachsen.
    »Sarah!«, hörte er Emmerlein schreien mit einer Stimme, die hochgradig verzweifelt klang, und nun sah er ihn unversehens vor sich, so nah wie nie zuvor und sah, wie dessen vor Entsetzen geweitete Augen auf die leblose Gestalt von Sarah starrten. Das Messer in Bachmanns Hand traf nun mit einem Stich Emmerlein mitten ins Herz.
    Bachmann heftete den Blick auf die blutige Klinge des Messers, das in seiner sich langsam öffnenden Hand zu zittern begann, ehe er es wieder fest umkrallte, um es dann mit einem Aufschrei, markerschütternd und ohrenbetäubender, als alle Laute, die je an dieser Küste vernommen worden waren, hinauszuschleudern in das dröhnende Meer, in dem es für immer und unauffindbar versank.
    Eine Möwe mit silberweißem Hals und pechschwarz gefiederten Flügeln verharrte heftig flatternd als schrill kreischender Schatten dicht über ihm in der Luft, als er auf Sarah herabblickte. Der Hass auf den Mörder seiner Tochter und sein Verlangen nach Rache und Vergeltung waren jählings abgefallen von ihm wie der Schorf von einer tiefen, endlos lange quälenden Wunde. Erschlafft fühlte er sich, leer und ausgebrannt. Ihre Seele hast du zerstört in all den vergangenen Jahren, schoss es ihm durch den Kopf, und jetzt hast du Sarah sogar getötet. Allmählich und mit einer für ihn erschreckenden Klarheit begann er zu begreifen, was hier wahrhaftig geschehen war, an dieser gottverdammten Küste des Nordmeeres.
    Auf die Knie ließ er sich fallen, neben der leblosen Sarah, deren große, verschleierte Augen in die Ewigkeit zu blicken schienen, ehe er sie schloss. Er streichelte ihr Gesicht mit bebender Hand, wobei ihm bewusst wurde, dass sein eigenes Leben gleichsam ausgelöscht war, dass es keine Zukunft mehr für ihn gab, nur eine gnadenlose Leere und Einsamkeit.
    Sarahs zärtliche Hände auf seiner Schulter und ihr scheuer Kuss waren ihr Abschied gewesen. Er hatte es nicht verstanden!
    Und dieser Emmerlein, dachte er mit einem jähen Gefühl der Achtung, hatte nur Augen gehabt für Sarah in den Sekunden der für ihn tödlichsten Gefahr, opferte so – und das war das Unfassbare – sein eigenes Leben, gab es hin wie eine gewollte Sühne.
    Er selbst aber, blind vor Hass und voller Rachegedanken, er hatte Sarah das Leben genommen, als sie den Tod suchte, weil ihre Verzweiflung ihn nicht mehr erreichte im Strudel seiner Vergeltung. Seiner Rache, deren unfassbares Ergebnis für ihn nun zur ewigen, nie endenden Qual werden würde.
    Tränen liefen ihm über die Wangen, als hätte er sie aufgespart in all den Jahren für diesen Augenblick der höchsten Verzweiflung.
    Und so, als ob er dem Flug der Möwe folgte, diesem Todesboten und bösem Omen, schritt er dem Abgrund entgegen und dem ohrenbetäubenden Donner, der aus der Tiefe aufstieg, bis ihm bewusst wurde, dass der nächste Schritt in den dichten Nebel hinein
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