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Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Titel: Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]
Autoren: fhl Verlag Leipzig UG
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folgerte er, ist Zustimmung, eine andere Erklärung gab es dafür nicht.
    Wieder und wieder schaute er ungeduldig auf das Zifferblatt seiner Uhr. Es genügte, wenn er fünfzehn Minuten vor sieben Uhr am Felsen war.
    Endlich war der Zeitpunkt seines Aufbruchs gekommen.
    »Ich gehe nun hoch«, sprach er mit schwerer Stimme.
    Sarah nickte nur, mit bleichem Gesicht. Sie hat Angst, dachte er, vielleicht hatte sie sogar Mitleid mit dem Mörder ihrer Tochter, diesem Emmerlein. Sie denkt wohl nicht an mich, sie denkt vielleicht an ihn. Was für eine irre Konstellation!
    »Er spürt den Schmerz nur eine Sekunde lang«, beruhigte er sie noch einmal, doch begriff er sofort, dass seine Worte makaber klingen mussten und er bereute sie.
    »Und wenn er nicht kommt?«, fragte sie leise, und er glaubte Hoffnung in ihrer Stimme herauszuhören.
    Sein Gesicht schien zu erstarren, denn er dachte an den Rest der Nacht, in dem er geschlafen hatte. War sie doch zu Emmerlein geschlichen?
    »Er joggt jeden Tag«, erwiderte er. »Das weißt du genau.«
    »Dann läuft er heute ins Nichts«, flüsterte sie.
    »Er läuft direkt in die Hölle«, sagte er hart.
    Sie legte ihre Hände sanft auf seine Schultern, sah ihn mit ihren großen Augen an, und küsste ihn auf den Mund, und er empfand diesen scheuen Kuss wie eine sehr innige Zärtlichkeit, die sie ihm lange nicht mehr gewährt hatte, und ihre Augen wirkten nicht mehr ausdruckslos, sondern ruhig und gefasst.
    Sie ist an meiner Seite, dachte er, sie hat ihren Widerstand endlich aufgegeben. Sie ist bereit!
    Ein feuchter Nebel zog heran, der das Dorf einhüllte, die Landschaft, die Spitze des Berges und sich rasch ausbreitete, auch über das Auto. Es war ein unangenehmer und dichter Nebel, doch Bachmann kam er sehr gelegen. Er verließ das Auto, warf die Tür hinter sich zu und ging ohne sich noch einmal umzuschauen zurück zum Beginn des Weges, der steil nach oben führte. Er schien allein in der Landschaft zu sein, völlig allein und doch war es nicht so, denn aus dem Nebel heraus klangen die Schreie der Möwen, wie ein schrilles Konzert, das mal verebbte, mal anschwoll, je nachdem, wo sie gerade kreisten, mal waren es wohl nur zwei, mal drei, mal waren es viele.

    Er betrat den steilen Weg, der sich hinauf schlängelte zum Küstenpfad.
    Sarahs zarte Berührung und ihren Kuss konnte er nicht vergessen, die beide in sein tiefstes Inneres gedrungen waren, wie auch der Blick ihrer Augen, so, wie er ihn nie zuvor wahr genommen hatte.
    Vor ihm ballte sich der Nebel dicht und grau zusammen, in dessen Mitte ein rundes schwärzliches Gebilde entstand, so etwa, wie er sich das Auge im Zentrum eines Zyklons vorstellte. Das Auge der Hölle, würde Sarah wohl sagen. Ein seltsames Unbehagen erfüllte ihn. Doch ihm stellte er seinen Hass entgegen, wie einen schützenden Schild, und so schritt er unentwegt weiter hinauf, schwer atmend und mit gleichmäßigen Bewegungen, immer höher, diesem Auge entgegen, das ihn anzusaugen schien, mit einer Kraft, die in sein Unterbewusstsein drang und ihn so lenkte.
    Als der Wind heftiger wurde, war das seltsame Gebilde mit einem Mal entschwunden, war also nichts anderes gewesen, als das Spiel seiner überhitzten Phantasie.
    Endlich betrat er den schmalen Pfad, dessen Verlauf im Nebel kaum zu erkennen war und der an der Küste entlangführte, in das trübfeuchte Grau hinein und vorbei an der in der Tiefe über die Felsen schäumenden Gischt, deren Vorhandensein er bei diesem Wetter nur ahnen konnte.
    Dann hockte er fröstelnd hinter dem Felsen, der nun zu einem unverzichtbaren Bestandteil des letzten Aktes der Rache wurde.
    Er blickte auf das Zifferblatt seiner Uhr.
    Warten musste er nun, warten und nochmals warten.
    Er aber hatte schon Jahre gewartet auf diesen Augenblick, viele quälende, verbitterte und endlose Jahre.
    Als er die Augen schloss, sah er Manus Grabstelle, den grauen schlichten Stein mit der weißen Schrift und die Blumen davor, seine Blumen, und er sah ein Herz aus Teelichtern brennen vor seinem Haus, das Geschenk unbekannter Menschen, die mit ihnen trauerten, und neben dem Blumen lagen, Bilder und Spielzeug.
    Doch seine Augen blieben tränenlos, wie in all den Jahren der Trauer und Verzweiflung, denn weinen um seine Tochter konnte er erst nach dem Tod ihres Mörders.
    Das Meer sah er nicht, er hörte es nur. Kälte kroch ihm in die Glieder, und der feuchte Nebel drang ihm in die Lungen, so dass er mühsam ein Husten unterdrücken musste.
    Dann geschah alles
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