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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers
Autoren: Peter Watt
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    Er würde so rasch wie möglich über Griechenland nach Sydney zurückkehren. Catherine lebte irgendwo, und wo auch immer das sein mochte, er würde sie finden.

69
    Nur wenige Trauergäste nahmen an der Beerdigung von Granville White in Sydney teil. Fiona hatte angeordnet, seine Leiche von Queensland zu überführen. Sie wollte nicht, dass er in derselben Erde begraben wurde wie ihr Vater und ihr Bruder. Das hätte sie als Beleidigung des Andenkens ihres Vaters empfunden, der hart für seinen geliebten Besitz gearbeitet hatte, den Granville verkaufen wollte.
    Nur eine Hand voll Geschäftsfreunde standen in der warmen Frühlingssonne und lauschten dem Prediger, der sich in Lobpreisungen der wirtschaftlichen Leistungen des Toten erging. Viel anderes fiel ihm zu Granville nicht ein, schließlich wollte er nicht seine eigene Seele in Gefahr bringen, indem er gute Werke erfand.
    Fiona war pflichtbewusst als trauernde Witwe aufgetreten. Sie trug Schwarz, und ein Schleier schützte ihr Gesicht vor den summenden Fliegen. Ein paar der männlichen Trauergäste erlaubten sich einen nachdenklichen und in höchstem Maße respektlosen Seitenblick auf sie. Sie war immer noch eine schöne Frau und würde jedem Mann, der glücklich genug war, ihre Hand zu gewinnen, eine beträchtliche Mitgift bringen.
    Doch Fiona verschwendete nicht einen Gedanken daran, ihr Leben wieder mit einem Mann zu teilen. Vor dem plötzlichen Tod ihres Gatten hatte sie bereits ihre Reise nach Deutschland vorbereitet, wo sie mit Penelope leben wollte. Dort würde sie in der Nähe ihrer Töchter sein, die zu zwei schönen jungen Frauen herangewachsen waren und die charmante Aufmerksamkeit der jungen Männer der europäischen Höfe aus vollem Herzen genossen.
    Für Fiona war der Tod ihres Mannes eine Gottesgabe, die es ihr erlaubte, jede Verbindung nach Sydney abzubrechen. Dieses Kapitel ihres Lebens war endgültig abgeschlossen! Sie hatte keinerlei schlechtes Gewissen, weil sie bei der Nachricht von Granvilles Tod nichts als Erleichterung empfunden hatte. Er war von Grund auf böse und zerstörerisch gewesen. Wahrscheinlich war er auch für die Ermordung ihres geliebten Bruders David vor vielen Jahren verantwortlich. Sein einziges Verdienst war, dass er finanziell gut für sie gesorgt und ihr damit einen eleganten Lebensstil ermöglicht hatte. Durch sein Testament, das noch aus besseren Tagen ihrer Ehe stammte, fiel der dritte Teil der Macintosh-Unternehmen an sie zurück – jenes Drittel, das sie ihm überschrieben hatte, um ihren Sohn Patrick davor zu schützen, dass Granville seinen Namen in den Schmutz zog.
    Fiona war erleichtert, als der Prediger endlich die traditionellen letzten Worte sprach, mit denen Granvilles Körper der Erde überantwortet wurde. Die wenigen Trauergäste drückten ihr Beileid aus und kehrten dann zu den vor dem Friedhof wartenden Kutschen zurück. Auch Fiona hielt sich nicht länger am Grab auf, sondern ging langsam zu ihrer Kutsche.
    »Fiona!«
    Die Stimme, die aus einer der vor dem Friedhof stehenden Kutschen nach ihr rief, hätte sie hier niemals erwartet. Sie blieb stehen und blickte überrascht auf das vornehme Gefährt ihrer Mutter, das durch das Gespann der Vollblut-Grauschimmel unverwechselbar war.
    »Mutter …« Unwillkürlich kam das Wort über ihre Lippen. Enid stieg aus und kam auf Fiona zu, die sich fragte, was ihre Mutter hier verloren hatte. Ihr Gesicht hatte die harte Entschlossenheit verloren, an die Fiona sich von ihrer letzten Begegnung in der Bibliothek noch allzu gut erinnerte. Stattdessen entdeckte sie weiche Züge, die ihr fast unbekannt waren. »Dich hatte ich hier nicht erwartet«, sagte Fiona, als ihre Mutter sie erreicht hatte. »Schließlich weiß ich, was du von Granville gehalten hast.«
    »Ich bin auch nicht hier, um diesem Verbrecher die letzte Ehre zu erweisen«, erwiderte Enid. »Gott ist jetzt sein Richter, nicht ich. Ich wollte dich sehen.«
    »Mich!«, erwiderte ihre Tochter mit ungläubigem Staunen. Ihre Stimme war voller Bitterkeit. »Warum solltest du mich sehen wollen?«
    »Meinst du, wir können ein Stück zusammen gehen? Hier starren uns die Leute nur neugierig an.« Enid deutete auf die wenigen Trauergäste, die sie erkannt hatten. »Unsere Begegnung wird die Gerüchteküche ohnehin zum Brodeln bringen.«
    »Ich wüsste nicht, was dagegen spräche«, erwiderte Fiona.
    Die beiden Frauen schlenderten auf die Grabreihen zu, wo nur die Toten ihre Worte hören konnten. Als sie
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