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Auf den Flügeln der Sehnsucht

Auf den Flügeln der Sehnsucht

Titel: Auf den Flügeln der Sehnsucht
Autoren: Stefanie Burgemeister
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der Mann die Hände in den Hosentaschen und trat nach drinnen. All sein Bitteln und Betteln hatte nichts genützt, war auf unfruchtbaren Boden gefallen. Jetzt konnte er nur noch abwarten und hoffen, dass seine Ahnungen ihn getrogen hatten.
       Für Josef Baumann jedoch begann am Abend erst der schöne Teil des Tages. Seine Arbeit hatte er gewissenhaft verrichtet, denn er war gern Landwirt. Doch mindestens ebenso gern ging er abends ins Wirtshaus, trank ein Bier nach dem anderen und genoss es, wenn die Schönen des Dorfes ihn bewundernd beobachteten. Er wusste ja, dass einige von ihnen nur zu gern Bäuerin auf seinem Hof geworden wäre.
       Doch Josef ließ sich Zeit. Viel zu kurz war die Jugend, das hatte er schon erkannt. Und wenn er erst einmal geheiratet worden war, dann war es aus mit dem süßen Leben. Deshalb wollte er jeden Tag, oder besser, jeden Abend bis zum Geht-nicht-mehr genießen, solange das noch möglich war.
       "Wo bleibst denn die ganze Zeit, Sepp?" Mit großem Hallo wurde der Bauernsohn begrüßt. "Hast dich wieder einmal nicht von deinen Kühen trennen können?"
       Die Meute grölte. "Wir haben auch ein paar fesche Madln dabei. Da kannst dich austoben. Das ist allemal besser als deine Rindviecher."
       Lisa, die Kellnerin, verzog das Gesicht. "Nimm deinen Mund nicht so voll, Bub. Du glaubst, nur weil du Gustl, der Sohn vom Bürgermeister bist, hast Narrenfreiheit im Dorf? Da hast dich aber ordentlich geschnitten." Zornig baute sich die füllige Frau vor ihm auf und stützte die Hände in die gepolsterten Hüften. "Willst was, Bub?"
       Gustls Lachen gefror in seinem Gesicht. Hilfesuchend schaute er sich um, doch nun lachten die anderen ihn aus. "Entschuldigung", sagte er leise und vergrub seinen Blick in dem Bier, das Lisa ihm gebracht hatte.
       Lachend stürmte Josef auf die Kellnerin zu, umfing sie mit seinen kräftigen Händen an den Hüften und hob sie hoch. Dann wirbelte er sie einmal herum und setzte sie mit Schwung auf den Tisch. "Noch was, Lisa?" In seinen Augen blitzte der Schalk.
       Lisas Protest schmolz dahin wie Schnee in der Sonne. Niemand hatte es bis jetzt geschafft, ihm böse zu sein. Josef war ein großer Junge, der einfach alles machen durfte, was er sich in den Kopf setzte. Alle mochten ihn, und am meisten die Mädchen im Dorf, Lisa mit eingeschlossen. "Lass mich herunter, Depp", schimpfte sie gutmütig, und eine Verlegenheitsröte überzog ihr hübsches, wenn auch ein wenig fülliges Gesicht.
       "Wie gnädige Frau befehlen", spöttelte der Mann und hob Lisa wieder auf den Boden. "Bringst mir jetzt eine Maß Bier, Herzchen? Und einen Klaren dazu zum Aufwärmen."
       "Ist dir noch nicht heiß genug?" scherzte einer der jungen Burschen, die schon länger im Wirtshaus saßen und entsprechend angeheitert waren. "Dann schau dir die Gerti an. Sie ist heut ganz allein gekommen. Der Franzl wird sie wohl versetzt haben." Er deutete auf eine bildhübsche junge Frau, die weitab von den anderen an einem kleinen Tisch am Fenster saß und versonnen in ihrer Kaffeetasse rührte.
       Josef blieb wie erstarrt stehen. Die Gerti! Wie lange schon versuchte er, einen Blick oder gar einen Kuss von ihr zu erhaschen, doch bis jetzt war ihm das noch nie geglückt. Immer war ihr Freund, der Moosbrugger Franzl dabei, der sie bewachte wie Zerberus, der Höllenhund.
       Heute jedoch schien endlich die Gelegenheit gekommen zu sein, auf die er schon lange wartete. Gerti war allein, und sie schien nicht gerade glücklich zu sein. Ihr trauriges Gesicht jedenfalls sprach Bände. Ob sie sich mit dem Franzl gestritten hatte oder ob sie gar getrennt waren?
       Josefs Herz begann heftig zu klopfen und das Blut raste nur so durch seine Adern. Er bedeutete Lisa durch Handzeichen, dass sie ihm sein Bier an Gertis Tisch bringen sollte und marschierte sofort zielstrebig in diese Richtung. "Darf ich mich zu dir setzen, Gerti?" fragte er artig, obwohl er viel lieber etwas ganz anderes gesagt und vor allem getan hätte.
       Wie erwachend blickte das schöne blonde Mädchen auf. "Warum? Ich brauch keine Gesellschaft."
       "Aber vielleicht eine starke Brust zum Anlehnen."
       "Bestimmt nicht deine, Sepp", konterte sie abweisend.
       "Dann stimmt es also, du und der Franzl, ihr habt euch getrennt." Es war ein Schuss ins Blaue, doch er schien sein Ziel nicht verfehlt zu haben.
       "Gestritten haben wir uns, das ist alles. Und ich bin schuld an dem Streit." Jetzt schwammen ihre Augen in
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