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Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde
Autoren: Loki Schmidt
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Erlebnis? Lässt es Sie träumen, oder reagieren Sie eher rational: Was für eine Leistung?
    Ich kann überhaupt nicht ausdrücken, wie so etwas auf mich wirkt. Wenn Sie mich fragen, ob ich gern mit Bildern zusammenlebe, kann ich nur sagen: Selbstverständlich. Dieses Auf-mich-Wirken kann ich nicht beschreiben. Nur so viel: Für mich gehören Bilder und Musik einfach zum Leben dazu.
    Können Sie sagen, dass Sie, wenn Sie beispielsweise ein Bach-Konzert hören, etwas ganz Besonderes empfinden?
    Das gilt besonders, wenn man Bach selbst spielt, und das habe ich ja lange getan. Bei Bildern ist es genauso: Man fühlt sich irgendwie angekommen – besonders, wenn man sie zum ersten Mal sieht.
    Malerei und Musik gehören bei Ihnen wie bei vielen ehemaligen Lichtwarkschülern zum Leben.
    Auch in meinem Elternhaus war es so, und das hat mich sehr bestimmt. Von heute aus gesehen ist es sicher ungewöhnlich, dass ein Elektriker musisch so interessiert und begabt war und dass er Volkshochschulkurse besuchte, um sich weiterzubilden.
    Als Erwachsene haben Sie und Ihr Mann nach dem Krieg die wiedergewonnenen Möglichkeiten genutzt und das Hamburger Theater genossen.
    Vor allem sind wir in die Kammerspiele, mit Ida Ehre als Intendantin und Schauspielerin, gegangen. Wir hatten gar keinGeld, um häufig ins Theater zu gehen. Aber zu Ida Ehre, die damals moderne Stücke, auch amerikanische, hierher brachte, sind wir, wenn wir es uns irgendwie leisten konnten, öfter gegangen. Was gespielt wurde, weiß ich nicht mehr so genau, aber die Aufführungen von Thornton Wilders Wir sind noch einmal davongekommen oder Wolfgang Borcherts Draußen vor der Tür erinnere ich noch als große Erlebnisse.
    Sie sind auch später häufiger im Theater gewesen, allerdings habe ich den Eindruck, mehr in kleineren Theatern wie dem Winterhuder Fährhaus und Ernst-Deutsch-Theater, nicht so sehr in den großen Hamburger Häusern.
    Ich erinnere, dass uns manche Spielpläne der Theater nicht gefielen.
    Mit einem Hamburger Künstler, Siegfried Lenz, der in Ostpreußen geboren wurde, sind Sie seit Anfang der sechziger Jahre befreundet. Was schätzen Sie besonders an ihm?
    Siegfried ist nicht nur ein großer Schriftsteller, er ist auch ein außergewöhnlich einnehmender Mensch. Diese leise, bescheidene Art zum Beispiel. Nach drei Sätzen weiß man, in welche Richtung sich seine Gedanken bewegen, und kann hinterherlaufen.
    Sie sprachen bereits darüber, dass die rororo-Romane nach dem Krieg ein Erlebnis waren, das eine neue Welt eröffnete.
    Natürlich zuerst die Zeitungsdrucke. Aber sehr schnell sind dann auch diese kleinen Bändchen gekommen. Und wir haben versucht, sie alle nacheinander zu kaufen, weil wir das Gefühl hatten: Gott sei Dank, endlich mal Literatur von außerhalb!
    Haben Sie Favoriten gehabt unter den Schriftstellern, die Sie nach dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal lesen konnten?
    Wir waren so begierig, endlich einmal etwas Neues zu lesen, dass wir alles verschlungen haben. Und ich glaube, was man, wenn man es nicht erlebt hat, nur schwer nachvollziehen kann, war dieses Gefühl: Endlich etwas von draußen, von freien Schriftstellern lesen zu können!
    Ihr Mann hat einmal geschrieben, er sei gewillt, bei großen Künstlern gewisse Marotten oder unangenehme Eigenschaften wie Arroganz und Eitelkeit zu akzeptieren. Sehen Sie das ähnlich?
    Da muss ich Ihnen ehrlich sagen: nicht nur bei Künstlern, was mich angeht. Ein Mensch darf seine kleinen Vögel haben. Nur, er darf bei seinen Mitmenschen nichts Schlimmesdamit anrichten. Aber sonst – wenn es um die Akzeptanz von nicht so angenehmen Eigenheiten eines Menschen geht, würde ich die Künstler nicht als Ausnahme behandeln, sondern alle einschließen.
    Mit Helmut Schmidt im Kanzleramt eröffneten sich interessante Chancen, der Kunst und vor allen Dingen den Künstlern noch näher zu kommen. Ihr Mann hat einmal dem Sinn nach gesagt, das Angenehme am Amt des Kanzlers sei, dass man mehr oder minder jeden, und nicht zuletzt Künstler, treffen könne. Haben Sie das auch so gesehen?
    Die vielen Möglichkeiten, herausragenden Persönlichkeiten zu begegnen, habe ich schon genossen. Vor allem hat mich gefreut, dass ich die Gelegenheit hatte, Naturwissenschaftler kennenzulernen. Wenn ich jemanden traf, von dem ich ungefähr wusste, woran er arbeitete, habe ich mich mit ihm unterhalten. Das habe ich als ein Privileg empfunden. Allerdings wurde dieses Privileg auch damit erkauft, dass ich aufgrund der besonderen
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