Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde
Autoren: Loki Schmidt
Vom Netzwerk:
irgendeinem Restaurant habe ich nicht bestellt, wenn politische Größen kamen, weil ich ja nicht wusste, wann sie essen wollten. Ich musste also improvisieren. Wir hatten in unserem Ferienhaus nur zwei Kochplatten. Die habe ich zum Erhitzen des Wassers für Würstchen und Kaffee benutzt. Das war zwar sehr behelfsmäßig, aber es hat funktioniert. Wenn man die äußeren Umstände der kleinen Kabinettssitzungen am Brahmsee während der Regierungszeit meines Mannes betrachtet, macht sich, glaube ich, keiner eine Vorstellung davon, unter welch improvisierten Rahmenbedingungen die vonstattengingen. Und trotzdem: Wir sind alle am Leben geblieben, und möglicherweise – das ist aber jetzt nur meine Vermutung – redet man in so einer Umgebung mit Blick auf den See etwas freier als in einem sterilen Regierungsgebäude. Es gab natürlich auch andere Treffen, zum Beispiel Koalitions- oder Parteivorstandssitzungen. Wenn wir in den Sommermonaten amBrahmsee waren, fanden manchmal mehrfach in der Woche solche Sitzungen statt.
    Waren auch ausländische Politiker zu Besuch?
    Das kam schon vor, aber natürlich seltener. Ich kann mich beispielsweise an einen dänischen Politiker erinnern, der zu uns kam. Er hat mir eines dieser Holzbretter mitgebracht, die die Dänen benutzen, um Butter schön zu formen. Das Brett hängt heute noch dort im Haus am Brahmsee.
    Dass Sie Ihren Gästen sowohl in Langenhorn als auch in Ihrem Ferienhaus am Brahmsee nur ein räumlich bescheidenes Ambiente bieten konnten, hat Sie nicht gestört oder gar in Verlegenheit gebracht?
    Um ganz offen zu sprechen: Dieses Hamburger Ambiente ist vielleicht nicht ganz so üppig, aber wenn ich mir unsere drei Wohnräume hier in Langenhorn ansehe mit den vielen Originalbildern und mit einem Bruchteil unserer Bücher, finde ich das überhaupt nicht bescheiden. Unsere nicht so prächtigen Wohnverhältnisse mögen sich von denen anderer Politiker oder Staatsmänner unterscheiden, aber sie passen ganz genau zu Helmut und mir.

Vom Umgang mit Kunst und Künstlern
    In Ihrem und dem Leben Ihres Mannes hat die Kunst – Musik und Malerei vor allem – stets eine wichtige Rolle gespielt. Worauf führen Sie das Interesse zurück?
    Bei uns beiden natürlich auf unsere Schule, in der Kunst im weitesten Sinne ganz wichtig genommen wurde. Was uns in der Lichtwarkschule an Musischem nahegebracht wurde und was wir dort an Anregungen empfingen, hat bei Helmut und mir wirklich einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Auch in meinem Elternhaus, selbst wenn es ein Arbeiterhaushalt war, spielten Malerei und Musik eine Riesenrolle. Ich habe mit fünf Jahren Geigenunterricht bekommen; das ist doch erstaunlich bei Eltern, die auf jeden Pfennig achten mussten. Übrigens weiß ich gar nicht, ob das heute noch bekannt ist, dass es Viertel-, halbe und Dreiviertelgeigen gab. Ich habe mit einer Dreiviertelgeige angefangen, die in einem normalen Geigenkasten lag, lernte sehr schnell Noten lesen – normale Schrift konnte ich noch nicht lesen – und wurde von meinem Geigenlehrer immer vorgeführt als »ganz fabelhaft«. Das hat mir natürlich zuerst wunderbar geschmeckt, ist doch klar. Wenn man sich als Fünfjährige vor Erwachsenen produzieren darf oder muss, und die klatschen in die Hände und sagen: »Fabelhaft!«, das ist doch toll für ein Kind. Das hat aber nicht lange vorgehalten. Ich habe deutlich gemerkt: Du bist faul, du übst nicht mehr so viel wie zuvor. Das war ein gewisses Maß an Einsicht, obwohl ich noch klein war. Vielleicht war die Loberei einfach zu viel für mich gewesen. Ein bisschen kritisch gegenüber dem Leben war ich damals schon, wahrscheinlich nicht zuletzt unserer häuslichen Umstände wegen. Später in der Lichtwarkschule stand Kunst groß auf dem Lehrplan.
    Wie erklären Sie sich das Interesse Ihrer Eltern an Architektur, aber auch an Kunst insgesamt?
    Mein Vater besaß eine große Truhe voller Bilder, die er nach und nach selbst gemalt hatte. Leider ist die Wohnung meiner Eltern ausgebombt worden. Zwei seiner Bilder hatte er aber meiner Großmutter geschenkt, deren Wohnung von den Bomben verschont geblieben war, und die hängen jetzt oben bei uns. Bei dem einen handelt es sich um das erste Ölbild, an dem er sich versucht hat, und zwar eine Birke, die meine Großmutter liebte und die sie »Prinzessin Birke« genannt hat. Meine Mutter hat immer zu mir gesagt: »Da rechts vor dem Rahmen des Birkenbilds hat eine Wolldecke auf dem Fußboden gelegen, und da hast du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher