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Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Titel: Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)
Autoren: Alexander Unzicker
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Veröffentlichungen haben wir bereits gesprochen. Die Rechnereien, die heute die Zeitschriften füllen, erinnern mich manchmal an Prüfungsarbeiten, in denen Schüler seitenweise algebraische Umformungen machen, obwohl ihnen schon in der ersten Zeile der Ansatz misslungen ist. Die auffälligen Komplikationen der Rechnung, schon ein Hinweis auf den Irrweg, nehmen sie dabei meist nicht wahr. Natürlich können Sie sich jetzt lustig machen: Unzicker meint, die Theoretische Physik sei eine Kinderei, und gibt oberlehrerhafte Ratschläge … Aber die Parallele scheint mir zu offensichtlich. Warum sollte die Psyche von Forschern anders sein als die von jungen Erwachsenen, die unter Zeitdruck vor einer schwierigen Aufgabe stehen und mit dem, was sie gelernt haben, etwas produzieren wollen?
    (17) Louis Victor de Broglie
    Nachdenken in Ruhe würde sich aber wohl auch bei Naturgesetzen lohnen. Allerdings gibt es im derzeitigen Wissenschaftsbetrieb wohl weltweit keine Organisationsform, die eine Zeit des Reflektierens erlauben würde, wie sie ein Kepler oder Newton benötigte. Dies stimmt nachdenklich.
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    Je rigider die Organisation der Forschung wird, desto größer die Gefahr, dass neue und fruchtbare Ideen sich nicht frei entwickeln können. – Louis Victor de Broglie
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MUSS ES SEIN? ES MUSS SEIN
    In gewissem Sinne zementiert Förderung sogar den heutigen Stillstand der Theoretischen Physik. Denn fast alle Projekte müssen beantragt und bewilligt werden, sodass es praktisch ausgeschlossen ist, dass eine grundlegend neue Idee dabei ist. Jede zielorientierte Finanzierung der Theoretischen Physik scheint daher kontraproduktiv – oder kennen Sie eine revolutionäre Erkenntnis, zu deren Entdeckung Mittel bereitgestellt worden wären? Aber auch die experimentellen Großprojekte zeigen, dass Wissenschaft gegen eine Gefahr nicht gefeit ist: Geld kann korrumpieren – nicht im strafrechtlichen, wohl aber im intellektuellen Sinne, weil man die Bequemlichkeiten der Forschungsförderung annimmt und dabei Gedanken verdrängt, die eigentlich jedem kommen müssen, wenn er in einer ruhigen Minute über die Situation der fundamentalen Physik nachdenkt.
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    Wissenschaft ist nicht mehr Lebenssinn, sondern Lebensunterhalt geworden. – Alvin Weinberg, amerikanischer Wissenschaftsautor
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    Ich begebe mich hier auf vermintes Terrain, denn als Physiker öffentlich den Sinn der Forschungsmilliarden anzuzweifeln … ich glaube, da hört bei vielen der Spaß auf. Aber es gibt kein Recht auf Alimentation, wenn man nicht wirklich etwas herausfinden will. Diesen Willen haben sicher die meisten – aber auch die Verpflichtung, anvertraute Mittel effizient einzusetzen.
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    Geld macht die Wissenschaft fett und faul. – Fred Hoyle, britischer Kosmologe
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    Wer sich dann die Frage nach Kosten und Nutzen der Grundlagenforschung im Laufe der letzten hundert Jahre stellt, dem fällt eine ehrliche Antwort nicht leicht. Diese notwendige Diskussion unter den Teppich zu kehren schadet der Physik aber wirklich, denn früher oder später wird die Öffentlichkeit die Frage stellen, ob die sechste Teilchenfamilie, die nächste Neutrinogeneration oder der fünfundzwanzigste angepasste Parameter der Inflationstheorie nicht eher Degeneration denn Fortschritt des Wissens darstellen – ganz abgesehen davon, ob dieses Wissen nützlich ist.
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    Schwierigkeiten warten auf den, der nicht auf das Leben reagiert. – Michail Gorbatschow
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    Dieses Argument der Nützlichkeit haben wir allerdings wirklich zu fürchten, denn es wäre der Tod der zweckfreien Wissenschaft, der Tod der Neugier – Abschied von dem, worauf die Menschheit stolz sein kann. Nebenbei beruht unsere Zivilisation auf den Früchten dieser Neugier, und daher ist von den Milliarden für Weltraumteleskope und Teilchendetektoren jeder Cent gut investiert – vorausgesetzt, alle können dauerhaft an diesem Wissen teilhaben. Ich bin also der Erste, der sich empört, wenn Forschungsprojekte gestrichen werden, um eine perverse Finanzindustrie zu alimentieren. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt.
DEMOKRATIE STATT APPARATE
    Vielleicht sollte auch mal gesagt sein, dass ich die angewandte Physik für eine großartige Wissenschaft halte, die unser Planet in jeder Hinsicht nötig hat. Im Übrigen sind Konzepte, die zu einer Technik geführt haben, damit automatisch sehr oft reproduziert. [84] Oder zweifelt im Handyzeitalter noch jemand an elektromagnetischen Wellen, die Hertz durch pure
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