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Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Titel: Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)
Autoren: Alexander Unzicker
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RESET
    Dirac hat zu den grundlegendsten Fragen der Physik wichtige Beiträge geliefert, nicht als fertige Theorie, aber als Orientierung, wie es weitergehen kann. Er hielt nichts davon, Unverstandenes durch neue Teilchen oder halbseidene Theorien zu übertünchen. Präzision ist eine schöne Sache, wenn eine physikalische Theorie ausgereift ist, aber nicht das Maß aller Dinge. Insbesondere ist bei den Standardmodellen der Physik die Präzision mit Komplikationen erkauft – mit vielen Stellschrauben lässt sich eben gut justieren.
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    Das echte wissenschaftliche Denken zieht es vor, sich mit einer Lücke abzufinden, statt sie mit Vermutungen zu schließen. – Erwin Schrödinger
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    Diracs Gedanken hält man die nicht beobachteten Änderungen der Gravitations- und Feinstrukturkonstante entgegen, es ist aber leichtsinnig, sein Konzept aus diesen Gründen für uninteressant zu erklären. Denn die Wissenschaftsgeschichte zeigt, dass die richtige Idee im Anfangsstadium oft ungenauer als das etablierte Modell ist, vor allem wenn eine vollständige Theorie noch nicht existiert: Kopernikus hätte mit seinem noch nicht ausgereiften heliozentrischen Modell mit Kreisbahnen statt Ellipsen keine Chance gehabt gegen das etablierte Gebäude der Epizyklen, das vor Präzision strotzte.
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    Die Schwierigkeit liegt nicht in den neuen Ideen, sondern darin, den alten zu entkommen, die sich in jeder Ecke unseres Verstandes verzweigen. – John Manyard Keynes, britischer Ökonom
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    In solchen Phasen, und insbesondere wenn trotz der immer neuen Anpassungen zahlreiche Widersprüche verbleiben, muss man den Blick wieder auf konzeptionell einfache Ideen wie die von Dirac richten. Betrachtet man das System der Naturkonstanten, gibt es drei Möglichkeiten für umwälzende Veränderungen. Könnte man die Flachheit des Universums in einem Modell wie jenem von Dicke beschreiben, wäre damit die Gravitationskonstante erklärt. Wenn man einen ursächlichen Zusammenhang mit Diracs Hypothese zur Anzahl der Elementarteilchen im Universum fände, würde dies deren Massenskala verstehen lassen. Gelänge schließlich eine Herleitung der Feinstrukturkonstante, hätte man auch die Quantentheorie mit der Elektrodynamik verbunden und eine weitere fundamentale Konstante verstanden, die man dann nicht mehr nur als gegeben hinnehmen müsste. Substanzieller Fortschritt liegt genau darin, die Willkürlichkeit der Naturkonstanten zu eliminieren anstatt fortwährend zusätzliche freie Parameter zu erfinden. Vielleicht ist dieser Wunsch nach Vereinfachung sehr ehrgeizig und Diracs Überlegung noch weit weg vom Ziel. Aber sie wäre der richtige Leitgedanke, Physik wirklich zu verstehen.

WIDER DEN GLAUBENSZWANG: VORSCHLÄGE FÜR EINE METHODISCHE SANIERUNG
    Wenn ich auf einen Kommentar zu meinen Überlegungen schon jetzt gefasst sein muss, dann ist es der, meine Kritik an der Physik sei pauschal oder gar billig. Mag sein. Aber wie hätte man es denn gerne? Einen Abriss, der von den erkenntnistheoretischen Grundlagen der alten Griechen ausgeht und sich gleichzeitig über die verschiedenen Zerfallskanäle der Bottom-Quarks etwas fundierter äußert? Es gibt leider zu viele Fachgebiete der Physik, und die Korrektheit ihrer grundlegenden Annahmen ist praktisch nicht mehr überprüfbar. Denn ohne ein detailliertes Studium der Literatur, ja ohne jahrelange Erfahrung in einem Gebiet kann sich niemand mehr einen Überblick oder gar Durchblick verschaffen – es ist zum Hauptberuf geworden, ein Spezialgebiet zu verstehen. Mit anderen Worten: Bevor Sie die Firma kritisieren, werden Sie bitte deren Angestellter! Fast ist dies eine Form von sozialer Nichtfalsifizierbarkeit, denn die Prämisse, nur der Spezialist verstehe die Notwendigkeiten, ist der Anfang eines Weges, der in der Esoterik endet, deren Verständnis auch nur jenen vergönnt ist, die daran glauben.
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    Lerne von der Wissenschaft, an den Experten zu zweifeln. – Richard Feynman
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    Jedenfalls entscheiden allein die Neutrinoforscher, wie viele Neutrinosorten es gibt, und nur die Kosmologen durchblicken noch, wie viele Parameter zur Galaxienentstehung nötig sind. So kann jede Fachgemeinde ihre freien Parameter wie neues Geld selbst drucken, aber um die Stabilität der Physik, die diese stetig wachsende Anzahl von Naturkonstanten als gemeinsame Währung hat, kümmert sich keiner mehr. Die Zersplitterung der fundamentalen Physik ist leider ein Faktum, und die Komplizierung, die sich die einzelnen
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