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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories
Autoren: Agatha Christie
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bekümmerte ihn ziemlich. In puncto Familie und solchen Sachen war er übergeschnappt. Ich glaube, es ging ihm ziemlich an den Nerv, daß die Chevenix-Gores mit seinem Tod aufhören würden zu bestehen. Immerhin gibt es die Familie schon seit der normannischen Eroberung, verstehen Sie? Der Alte war der letzte. Von seinem Standpunkt aus war das wahrscheinlich ziemlich übel.«
    »Sie selbst sind jedoch nicht dieser Ansicht?«
    Hugo zuckte die Schultern. »Derartige Dinge sind meiner Meinung nach heute doch ziemlich überholt.«
    »Was wird mit dem Vermögen geschehen?«
    »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Vielleicht bekomme ich es. Oder er hat es Ruth hinterlassen. Wahrscheinlich behält Vanda es, solange sie lebt.«
    »Ihr Onkel hat seine Ansichten also nicht unmißverständlich mitgeteilt?«
    »Gott – er hatte so seine Lieblingsidee.«
    »Und welche war das?«
    »Er wollte, daß Ruth und ich heiraten sollten.«
    »Was doch zweifellos auch sehr passend gewesen wäre!«
    »Ungeheuer passend. Aber Ruth – nun ja, Ruth hat dem Leben gegenüber sehr entschiedene Ansichten. Vergessen Sie nicht, daß sie eine ungewöhnlich reizvolle junge Frau ist – und es auch genau weiß. Sie hat es nicht eilig, zu heiraten und unter die Haube zu kommen.«
    Poirot beugte sich vor.
    »Aber Sie selbst wären damit einverstanden gewesen, Mr. Trent?«
    In gelangweiltem Tonfall erwiderte Hugo: »Meiner Ansicht nach ist es heutzutage doch ziemlich egal, wen man heiratet. Es ist doch so einfach, sich wieder scheiden zu lassen. Wenn man sich nicht mehr einig ist, gibt es doch nichts Einfacheres, als den Knoten durchzuhauen und von vorn anzufangen.«
    Die Tür öffnete sich, und Forbes kam mit einem großgewachsenen, sehr elegant aussehenden Herrn herein. Dieser Herr nickte Trent zu.
    »Abend, Hugo, die Geschichte tut mir unsagbar leid. Sehr schwer für euch alle.«
    Hercule Poirot kam näher.
    »Wie geht es Ihnen, Major Riddle? Erinnern Sie sich an mich?«
    »Ja – natürlich!« Der Chief Constable gab ihm die Hand.
    »Ausgerechnet Sie sind also auch hier?«
    Ein nachdenklicher Ton lag in seiner Stimme. Neugierig blickte er Hercule Poirot an.

    »Also?« sagte Major Riddle.
    Zwanzig Minuten waren inzwischen vergangen. Das fragende »Also?« des Chief Constable galt dem Polizeiarzt, einem schlanken älteren Mann mit ergrautem Haar. Der Arzt zuckte die Schultern.
    »Er ist seit mehr als einer halben Stunde tot – aber nicht länger als seit einer Stunde. Technische Einzelheiten interessieren Sie weniger – ich weiß und werde sie Ihnen daher ersparen. Das Geschoß durchschlug den Kopf; die Pistole war nur wenige Zentimeter von der rechten Schläfe entfernt. Das Geschoß ging unmittelbar durch das Gehirn und trat auf der anderen Seite wieder heraus.«
    »Mit Selbstmord demnach völlig vereinbar?«
    »Völlig. Der Körper sackte dann im Stuhl zusammen, und der Revolver entfiel der Hand.«
    »Haben Sie das Geschoß gefunden?«
    »Ja.« Der Arzt hielt es hoch.
    »Gut«, sagte Major Riddle. »Wir werden es später mit der Pistole vergleichen. Ich bin froh, daß es ein klarer Fall ist, der keine Schwierigkeiten mit sich bringt.«
    Höflich fragte Hercule Poirot: »Sind Sie so überzeugt, daß es keine Schwierigkeiten geben wird, Doktor?«
    Bedächtig erwiderte der Arzt: »Meiner Ansicht nach könnte man eine Sache als etwas merkwürdig bezeichnen. Als er sich erschoß, muß er sich leicht nach rechts geneigt haben. Sonst hätte das Geschoß nämlich nicht den Spiegel getroffen, sondern wäre ein Stück darunter in die Wand eingeschlagen.«
    »Eine unbequeme Stellung zum Selbstmord«, sagte Poirot.
    Der Arzt zuckte die Schultern.
    »Mein Gott – bequem – wenn man Schluß machen will…«
    Er ließ den Satz unvollendet.
    »Kann der Leichnam dann weggebracht werden?« sagte Major Riddle.
    »Meinetwegen ja. Ich bin hier soweit fertig.«
    »Und was ist mit Ihnen, Inspektor?« Major Riddle wandte sich an einen großen Mann mit ausdruckslosem Gesicht, der Zivil trug.
    »Okay, Sir. Wir haben, was wir brauchen – bis auf die Fingerabdrücke des Toten auf der Pistole.«
    »Das können Sie anschließend erledigen.«
    Die sterblichen Überreste von Gervase Chevenix-Gore wurden weggetragen. Der Chief Constable und Poirot blieben allein zurück.
    »Na ja«, sagte Riddle, »dann scheint also alles klar und geklärt zu sein. Tür verschlossen, Fenster zugesperrt, Türschlüssel in der Tasche des Toten. Alles, wie es im Buche steht – mit einer
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