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Atlan TH 0003 – Der Katzer

Atlan TH 0003 – Der Katzer

Titel: Atlan TH 0003 – Der Katzer
Autoren: Detlev G. Winter & Hubert Haensel
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gekehrten Art zurück.
    Sie strich sich seufzend eine Haarsträhne aus der Stirn. Langsam stand sie auf und ging zum Versorgungsautomaten hinüber. Die Bestellung, die sie eingab, wurde prompt ausgeführt. In kleinen Schlucken trank sie ein Glas mit kühlem Saft.
    Den leeren Becher hielt sie noch in der Hand, als der Interkom summte. Heftig zuckte sie zusammen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Das konnte nur die lange erwartete Nachricht über den Verbleib ihres Vaters sein.
    Sie zögerte einen Moment, bevor sie die Verbindung herstellte. Was würde sie zu hören bekommen? Dass er tot war, weil er nach so vielen Jahren die Lightning-Jet nicht richtig bedient hatte? Dass er verschollen war, weil er sich zu weit in den Weltraum hinausgewagt und ohne Leitstrahl den Rückweg zur SOL nicht gefunden hatte? Dass die Maschine infolge unsachgemäßer Handhabung in der Atmosphäre des nahen Planeten verglüht war?
    Alle ihre Sorgen und Ängste übertrugen sich auf die Bewegung ihrer Hand, die zitternd den Kontakt berührte. Der Bildschirm flammte auf. In dreidimensionaler Wiedergabe entstand das Abbild des Anrufers.
    »Bjo!«, stieß sie überrascht hervor.
    Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte sich völlig auf ihren Vater konzentriert und außer Acht gelassen, dass es an Bord jemanden geben mochte, der sich seinerseits um ihr Befinden sorgte. Der Anruf machte das deutlich. Sie schloss die Augen und atmete mit geöffnetem Mund aus. Ein Gefühl der Wärme und der Zuneigung überschwemmte sie. Ihre innere Verkrampfung löste sich, und die aufgestauten Ängste brachen sich in befreienden Tränen Bahn.
    Als sie die Augen wieder öffnete, stand das Bild des Katzers immer noch vor ihr.
    »Bjo ...« Sie lachte und weinte gleichzeitig, und aus ihrer Stimme sprach die große Erleichterung, die sie empfand.
    Er ließ sie nicht allein. Er war da, kümmerte sich um sie, dachte an sie und ihre Probleme, versuchte ihr zu helfen. Geduldig sah er mit an, wie sie sich die Tränen aus den Augen wischte, wie sie sich langsam in ihrem Sessel niederließ und verlegen lächelte.
    »Ich ...«, begann er und stockte. Er schien nicht recht zu wissen, was er sagen sollte. »Ich wollte hören, wie es dir geht. Hast du etwas von deinem Vater gehört?«
    Mein Gott, dachte sie, da stand er, eine dreidimensionale Projektion, und war doch in Wahrheit so weit von ihr entfernt. Warum war er nicht persönlich gekommen?
    »Nein, noch nicht«, antwortete sie mit belegter Stimme. »Bis jetzt keine Nachricht.«
    Er nickte knapp, als hätte er nichts anderes erwartet. »Mach dir bitte keine Sorgen«, sagte er dann ruhig. Fast hatte sie den Eindruck, dass er mehr wusste, als er ihr gegenüber zugab. Trotzdem strahlte er in diesem Moment etwas ungemein Vertrauenerweckendes aus. Plötzlich fühlte sie sich ... geborgen.
    »Was ist mit deiner Feier?«, fragte sie zusammenhanglos und kam sich im gleichen Augenblick lächerlich dabei vor. »Hast du deine Gäste im Stich gelassen?«
    Eigentlich wollte sie hören, dass sie ihm wichtiger war als alle anderen. Sie wollte hören, dass er ähnlich empfand wie sie.
    Bjo aber lächelte nur nachsichtig. »Die Feier ist längst zu Ende. Es ist bereits weit nach Mitternacht.«
    Das kam unerwartet. In der ersten Überraschung blickte sie zu Boden.
    »Ohne dich«, fügte er leise hinzu, »war dieser Geburtstag sowieso nur ein Tag wie jeder andere.«
    Die geflüsterten Worte versetzten ihr einen Stich. Abermals fühlte sie sich auf innigste Weise mit diesem Mann verbunden.
    Doch als sie den Kopf wieder hob, sah sie in kalte, stechende Augen. Das Lächeln war aus Bjos Gesicht verschwunden. Von einer Sekunde zur anderen hatte sich der Katzer verändert – als verfügte er über zwei Gesichter, die er nach Belieben wechseln konnte.
    Angst kroch in ihr hoch. Sie hatte keine Erklärung für diese plötzliche Verwandlung. Es gab zwar keinen Grund, die Reaktion des Katzers auf sich zu beziehen; dennoch zog ein eisiger Schauer über ihre Haut.
    »Pass auf dich auf, Mädchen.« Die noch immer vorhandene Sanftheit in Bjos Stimme passte nicht mehr zu seinem Erscheinungsbild. Die Pupillen seiner Augen verengten sich. Er zog die Oberlippe hoch und fauchte leise. »Ich kann dir im Moment nicht helfen, aber ich werde für dich da sein ...!«
    Er trennte die Verbindung, die Wiedergabe verblasste.
    Stumm saß sie da, griff sich an die Stirn. Natürlich, Bjo Breiskoll war Telepath. Inmitten der Gedankenschwingungen der Menschen an Bord musste er
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