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Atlan TH 0003 – Der Katzer

Atlan TH 0003 – Der Katzer

Titel: Atlan TH 0003 – Der Katzer
Autoren: Detlev G. Winter & Hubert Haensel
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einem normalen Mann oder einem ... Freak zu tun hat!«
    »Rede keinen Unsinn, Junge!« Der Kybernetiker musste an sich halten, um ihn nicht anzuschreien. »Und wenn du dich als Freak bezeichnest, beweist das nur, wie sehr du dir darin gefällst, deine Probleme vor anderen zu dramatisieren. Das ist lächerlich!«
    Bjo warf heftig den Kopf in den Nacken. »Ich habe dich nicht um deinen Rat gebeten«, zischte er.
    »Dennoch solltest du ihn annehmen. Und du weißt, dass ich der Letzte bin, der nicht jederzeit für dich da wäre. Nur habe ich keine Lust, mit anzusehen, wie du dich selbst immer wieder verleugnest, weil du glaubst, damit könntest du Sympathie erwecken. Das Gegenteil ist der Fall. Jeder, der etwas genauer hinschaut, merkt, dass France mehr für dich übrig hat als bloße Freundschaft. Du brauchtest nur ihre Gedanken zu lesen, dann wüsstest du es. Aber du hast Angst davor, enttäuscht zu werden. Stattdessen versuchst du deine Art und dein Verhalten zu ändern, aber damit erreichst du nichts.«
    »Ich versuche nicht, mich zu ändern«, verteidigte sich Bjo. »Es fällt mir nur manchmal schwer, zu akzeptieren, dass ich nicht wie all die anderen Menschen an Bord dieses Schiffes sein kann.«
    Joscan schüttelte unwillig den Kopf. »Du benimmst dich wie ein kleines Kind. Manchmal kommt es mir vor, als wärst du früher erwachsener gewesen als heute. Ich kenne France seit ihrer Jugendzeit, Bjo. Wenn sie dich mag, dann tut sie es ohne jeden Vorbehalt.«
    Der Katzer sagte nichts mehr.
     
    Sie tat alles, um auf andere Gedanken zu kommen. Sie legte die verschiedensten Lesespulen ein und versuchte sich an einer Partie 3-D-Schach gegen die kabineneigene Rechnereinheit. Sie beschäftigte sich mit einem Problem aus ihrer beruflichen Tätigkeit, mit verschiedenen Handarbeiten und anderem Zeitvertreib.
    Nichts davon half.
    Immer wieder holte sie ihre innere Unruhe ein. Schließlich stand sie auf und lief nervös im Raum umher, nur um sich anschließend wieder zu setzen und jenes schreckliche Gefühl der Ohnmacht zu spüren. In ihr herrschte der maßlose Drang, etwas zu unternehmen. Sie wollte schreien oder einen Gegenstand an die Wand werfen, eine Mauer einreißen oder die Einrichtung zertrümmern.
    Sie tat nichts von alldem. Mit dem zunehmenden Bewusstsein der eigenen Hilflosigkeit steigerte sich der Herzschlag, die Hände begannen zu zittern, und auf der Stirn bildete sich kalter Schweiß. Sie fühlte sich wie in einem riesigen Laufrad gefangen und war nicht fähig, daraus auszubrechen.
    Es dauerte einige Zeit, bis sie wieder ruhiger wurde. Irgendwann begann sie einzusehen, dass sie nur warten konnte, dass sie aus eigener Kraft nichts zu ändern vermochte. Sie brauchte Geduld, viel Geduld und eine große Portion Gelassenheit. Es war nicht leicht, sich das anzueignen, und es gelang ihr nur zum Teil.
    Zwei Stunden später saß sie still in einem Sessel, die Haare zerzaust und das Gesicht versteinert. Sie wartete. Manchmal wanderten ihre Blicke durch den Raum, in dem sie modernes und antikes Mobiliar auf eigenwillige Weise kombiniert hatte. Dann wieder schien sie ins Nichts zu starren und hing ihren düsteren Gedanken nach.
    Wenige Jahre nach ihrer Geburt hatte sie ihre Mutter verloren, die bei einem Reaktorunfall ums Leben gekommen war. Fast zwangsläufig entwickelte sie danach eine überaus starke Bindung zu ihrem Vater, die sie selbst heute, als erwachsene Frau, nicht unterdrücken konnte. Sie hatten sich gegenseitig über den Verlust der Ehefrau und Mutter hinweggeholfen, und was damals zwischen ihnen entstanden war, hatte bis heute Bestand.
    Auch ihr Kontakt und die so plötzlich erwachte Zuneigung zu Bjo Breiskoll änderten daran nichts. Vielleicht hätte das anders ausgesehen, wenn sie sich über ihre Gefühle dem Katzer gegenüber absolut sicher gewesen wäre. Doch das war sie nicht. Gewiss, sie mochte ihn, und oft drängte es sie, in seiner Nähe zu sein. Sie war sogar überzeugt davon, dass er ihre Gefühle erwidern würde, wenn sie sie nur deutlicher zeigte. Trotzdem gab es in ihr eine Schwelle, über die sie nicht hinwegspringen konnte. Sosehr sie sich menschlich zu Bjo hingezogen fühlte, so sehr sträubte sie sich instinktiv gegen jeden körperlichen Kontakt. Immer wieder bewunderte sie seine einmalige Art, sich völlig lautlos zu bewegen, und die vollendete Harmonie, die er zwischen Körper und Geist zu schaffen verstand. Zugleich jedoch ängstigte sie sich und schreckte vor seiner verschlossenen und in sich
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