Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atlan TH 0003 – Der Katzer

Atlan TH 0003 – Der Katzer

Titel: Atlan TH 0003 – Der Katzer
Autoren: Detlev G. Winter & Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
Art außergewöhnlich. Ihr Gesicht mit der zierlichen Nase, den sanft geschwungenen Lippen und den großen, wissenden Augen wirkte anziehend. Es wurde von schulterlangen braunen Haaren mit einem Stich ins Rötliche umrahmt. Die Bewegungen der Frau, ihr Auftreten und ihre Ausstrahlung verrieten Selbstbewusstsein, und ihre ungezwungene Natürlichkeit strahlte ein hohes Maß weiblicher Anmut aus.
    Nur kurz sah sie sich um, dann hatte sie Bjo Breiskoll entdeckt. Sie lief auf ihn zu und reichte ihm die Blume, die sie in der Hand hielt. Es war eine Rose.
    »Alles Gute zum Geburtstag«, sagte sie lächelnd.
    Bjo beugte sich vor und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Danke, France.«
    Joscan Hellmut beobachtete die Szene mit gemischten Gefühlen. France sträubte sich nicht gegen die Berührung des Katzers, aber sie versuchte, sie so flüchtig wie möglich zu halten, indem sie den Kopf kaum merklich zur Seite drehte. Ihr selbst war das wahrscheinlich nicht einmal bewusst, und jedem Unbefangenen wäre ihr Reflex vermutlich entgangen – der Kybernetiker sah es jedoch wie in einer Zeitlupe. Und Bjo, dessen körperliche Sensibilität so überdurchschnittlich ausgeprägt war, musste es ebenfalls spüren.
    Einmal mehr wurde Joscan klar, welche Probleme sein Freund zu bewältigen hatte – er, der körperlich und geistig mutiert war und der doch wie jeder andere Mann empfand und nichts anderes sein wollte.
    »Sei nicht böse, wenn ich nicht lange bleibe, aber ich mache mir Sorgen um meinen Vater. Ein anderes Mal haben wir sicherlich mehr Zeit füreinander.«
    Bjo erweckte den Anschein, als gingen die Worte ungehört an ihm vorbei. Er hielt die Rose in der Hand und betrachtete sie eingehend.
    »Wo hast du die her?«, fragte er. »Meines Wissens gibt es schon seit einigen Jahren keine Rosen mehr an Bord. Sie erinnern an die Erde, deshalb wurden sie nicht weiter gezüchtet.«
    France lachte, und in ihren Augen glomm ein schelmisches Feuer. »Die Rose soll ein sehr persönliches Geschenk sein. Da fragt man nicht, wo es der andere herhat. Vielleicht verrate ich es dir irgendwann, aber vorerst bleibt es mein Geheimnis.«
    Bjo lachte ebenfalls.
    »Einverstanden.« Es klang fast verlegen. »Übrigens glaube ich nicht, dass man mir mit etwas anderem eine größere Freude hätte bereiten können.«
    »Vorsicht!«, drohte sie scherzhaft. »Ich fasse das als Kompliment auf.«
    »So war es auch gemeint.«
    France ging nicht mehr darauf ein. Noch während Bjo sprach, wandte sie sich Joscan Hellmut zu.
    Der Ausdruck ihres Gesichts änderte sich und wurde ernst. »Mein Vater ist seit Stunden spurlos verschwunden«, sagte sie. »Du bist der Letzte, der mit ihm gesprochen hat, Josc. Ich nehme an, dass er dir anvertraut hat, was er vorhatte.«
    Der Kybernetiker sah sie an. Einen Moment überlegte er, ob er ihr die Wahrheit sagen sollte, dann entschied er sich dafür. Es stand ihm nicht zu, sie anzulügen – aus welchen Gründen auch immer.
    »Perg ist draußen. « Ihr Blick wurde starr. Zwei steile Falten bildeten sich auf ihrer Stirn.
    »Draußen? Was heißt das?«
    »Es heißt, dass er sich einer Lightning-Jet bemächtigt und einen Rundflug unternommen hat.« Frances Augen blitzten auf. Zornig schüttelte sie den Kopf. »Du sagst das, als sei es der natürlichste Vorgang, den man sich denken kann. Bist du noch bei Verstand, Josc? Warum hast du das zugelassen? Warum hast du ihn nicht zurückgehalten?«
    Der ehemalige Sprecher der Solgeborenen ließ sich von dem Gefühlsausbruch nicht beeindrucken. »Ich habe es versucht«, sagte er. »Ich habe auf ihn eingeredet und ihm klargemacht, welches Risiko er auf sich nimmt. Aber es hat nichts genutzt. Dein Vater ist mit Leib und Seele Pilot und seit Jahren ohne die Arbeit, die ihm Spaß macht und für die er lebt. Er musste es tun, wenn er sich nicht selbst verleugnen wollte.«
    »Aber das ist Wahnsinn ...!«
    »Sicher ist es das. Doch du kennst deinen Vater selbst am besten. Je mehr man ihm von etwas abrät, desto sicherer setzt er seinen Kopf durch.«
    France wusste, dass Hellmut recht hatte. Ihr Vater war ein eigenwilliger Charakter, der sich von einem einmal gesteckten Vorhaben bestenfalls durch körperliche Gewalt abhalten ließ. Worte und Beschwörungen allein richteten selten etwas bei ihm aus. Insofern traf den Kybernetiker natürlich keine Schuld.
    Es war der jungen Frau anzusehen, wie ihr anfänglicher Ärger aufrichtiger Sorge wich. »Er ist seit Langem ohne Flugpraxis«, sagte sie leise.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher