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Athyra

Athyra

Titel: Athyra
Autoren: Steven Brust
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weiß nicht, ob es von alleine angehalten hat oder ob Meister Tem es die Straße entlangtraben sah oder was.«
    »Ich frage mich, wie er gestorben ist«, sagte Savn leise. »Ob wir es wohl je erfahren werden.«
    »Keine Ahnung. Aber eins sage ich dir – ich tausche meine Scheren gegen ein paar Kerzen, daß es kein Zufall war, daß dieser Ostländer mit seinem Schwert in die Stadt spaziert, einen Tag bevor Zaum tot hier auftaucht.«
    Savn glotzte. »Ostländer?«
    »Wie, hast du von dem noch nicht gehört?«
    Tatsächlich hatte das Auftauchen der Leiche den seltsamen Wanderer völlig aus Savns Gedanken verdrängt. Er stotterte: »Ich glaube, ich weiß, wen du meinst.«
    »Also, da hast du es doch.«
    »Du meinst, der Ostländer hat ihn getötet?«
    »Ich weiß nicht, ob er ihn getötet hat, aber mein Pä sagt, er kam aus dem Osten, und genau aus der Richtung kam auch Zaum.«
    »Er kam aus –« Savn unterbrach sich; gerade wollte er sagen, daß er aus dem Süden gekommen war, doch dann überlegte er es sich anders und sagte: »Natürlich kam er aus dem Osten: er ist Ostländer.«
    »Trotzdem –«
    »Was weißt du sonst über ihn?«
    »Reichlich wenig«, sagte Korall. »Hast du ihn gesehen?«
    Savn zögerte und sagte dann: »Ich habe dies und das gehört.«
    Korall schaute ihn stirnrunzelnd an, als habe er das Zögern bemerkt, dann sagte er: »Es heißt, er kam auf einem Pferd geritten.«
    »Auf einem Pferd? Ich habe kein Pferd gesehen. Oder von einem gehört.«
    »So heißt es aber. Vielleicht hat er es versteckt.«
    »Wo soll man denn ein Pferd verstecken?«
    »Im Wald.«
    »Na gut, aber warum soll man ein Pferd verstecken?«
    »Woher soll ich das wissen. Der ist Ostländer; wer weiß schon, was die denken?«
    »Na, aber nur weil er ein Pferd hat, heißt das doch nicht, er hatte etwas mit –«
    »Und was ist mit dem Schwert?«
    »Das stimmt, ein Schwert hat er.«
    »Na also.«
    »Aber wenn Zaum damit getötet worden wäre, hätte Meister Wack es gesehen. Und ich übrigens auch. Da war überhaupt gar kein Blut, nur ein kleines bißchen, wo er mit dem Kopf auf den Karren geschlagen ist, und das war erst, als er schon tot war.«
    »Das kannst du nicht wissen.«
    »Aber Meister Wack kann es sehen.«
    Korall sah ihn zweifelnd an.
    »Und es gab doch keine Wunde«, wiederholte Savn.
    »Na schön, dann hat er ihn eben nicht mit dem Schwert getötet. Aber bedeutet es nicht etwas, daß er eins bei sich hat?«
    »Kann schon sein, aber wenn du auf Wanderschaft bist, dann willst du dich –«
    »Und wie ich schon sagte, er kam aus dem Osten, und das sagen die anderen auch.«
    »Die anderen sagen auch, daß der Ostländer ihn getötet hat?«
    »Na, hältst du das etwa für einen Zufall?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Savn.
    »Pah! Wenn es einer wäre, dann –« Savn erfuhr nicht, was Korall in dem Fall zu tun bereit wäre, denn er brach mitten im Satz ab und starrte über Savns Schulter hinweg zur Tür. Savn drehte sich um, und in dem Augenblick verstummte abrupt jegliche Unterhaltung im Raum.
    In der Tür stand der Ostländer, anscheinend recht locker, gehüllt in einen Umhang, der grau war wie der Tod.

 
     
ICH HEIRATE KEINEN GERNEGROSS,
ICH HEIRATE KEINEN GERNEGROSS,
DER SCHWÄTZER UNTERDRÜCKT MICH BLOSS.
HEISSA HEISSA BUM BUM!
EINS NACH VORN …
     
     
    Anmaßend starrte er in den Raum zurück, sein Gesichtsausdruck war unmöglich zu deuten, nur Savn erschien es, als würde sich vielleicht ein Lächeln hinter dem schwarzen Haar verstecken, das ihm über der Lippe wuchs und sich um die Mundwinkel zwirbelte. Nachdem er den Raum mit einem langen, tiefgründigen Blick bedacht hatte, trat er ganz ein und ging langsam zur Theke, bis er direkt vor Tem stand. Er sprach mit einer Stimme, die nicht laut, aber gut hörbar war. Er fragte: »Kriegt man hier etwas zu trinken, das nicht wie Leinöl schmeckt?«
    Tem sah ihn an, wurde etwas wütend, regte sich nervös und schaute sich im Raum um. Er räusperte sich, sagte aber nichts.
    »Darf ich das als Nein auffassen?« fragte Vlad.
    Neben Savn flüsterte jemand ganz leise: »Sie sollten Seine Lordschaft rufen.« Savn fragte sich, wer »sie« waren.
    Vlad lehnte sich an die Theke und verschränkte die Arme; Savn überlegte, ob damit signalisiert werden sollte, daß er keine feindlichen Absichten hegte, oder ob diese Geste unter Ostländern etwas vollkommen anderes bedeutete. Dann drehte Vlad sich so, daß er Tem direkt anschaute, und sagte: »Nicht weit südlich von hier ist eine
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