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Atemlose Begierde

Atemlose Begierde

Titel: Atemlose Begierde
Autoren: Isabelle Sander
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früher oder später.
    Als ich in Islington ankam, war ich allein. Ich rief Tara vom
Haustelefon in ihrem Atelier an und berichtete von den Ereignissen. Sie war
erheitert, als ich sagte, dass ich die »Send«-Taste gedrückt hatte. Ich packte
meinen Rollkoffer, hängte die neuen Kleider von Rick in Taras Schrank,
zerschnitt die DVD und warf den silbernen Türöffner in den Fischteich im Garten.
Jeden aufkeimenden moralisierenden Gedanken unterdrückte ich.
    Ich eilte ins Kino, aber während der gesamten Vorstellung spürte ich,
wie die Geschehnisse der letzten Tage in mir brodelten. Keine Sekunde konnte
mich der Film ablenken, und im Anschluss daran war mit mir auch nichts mehr
anzufangen. Ich wollte nur noch schlafen und fuhr zurück nach Islington.
    Als ich zur Tür reinkam, war Tara wieder zurück.
    »Rick hat gerade angerufen, du hättest sein Telefon noch.«
    »Oh, wie war er drauf?«
    »Ganz entspannt. Ich hab ihm gesagt, dass ich’s dir ausrichte, damit
du’s hierlässt. Er kommt es morgen früh abholen, wenn er zur Arbeit fährt.«
    »Dann kannst du ihm ja sagen, dass es neben seinem Beifahrersitz
liegt.«
    Sie lachte: »Hast du’s ausgeschaltet?«
    »Ja, den Ton.«
    »Da kannst du ja froh sein, dass du morgen verschwindest.«
    »Ich bereu es auch schon. Hat er was von seiner Mutter erzählt?«
    »Du sorgst dich ja um ihn. Ist es doch ein bisschen mehr als guter
Sex, hm?«
    »Ich habe einen schönen Nachmittag mit ihm gehabt.« Ich pausierte und
seufzte: »Er hat mir so viel aus seinem Leben erzählt, und ich … ich hab
ihn zum ersten Mal wirklich geliebt.«
    »Wassss?«, zischte sie und verdrehte die Augen, bis man nur noch das
Weiße sah.
    »Ja, wir haben uns geliebt, aber ich hab’s auch richtig sagen können.
Weißt du, wie schön das war?«
    »Nein, komm, das war nicht dein Auftrag. Du bist ein hoffnungsloser
Fall, Jo.«
    »Ich hab den Auftrag ausgeführt, aber letztlich auch nur aus
Versehen, weil er gebremst hat und ich draufgedrückt hab.«
    »Jo, verdammt noch mal, du fliegst brav nach Hause und vergisst
diesen Mann. Seiner Mutter geht’s übrigens wieder besser, aber sie kriegt einen
Bypass. Ich muss aber zugeben, er war wieder sehr höflich, und ich hab mir gar
nicht vorstellen können, dass ihr so schlimme Dinge miteinander tut.« Sie
lächelte verschmitzt.
    »Siehst du, er hat was.«
    »Ja, er hat was, seine Augen, glaub ich.«
    Ich seufzte. »Er hat mir ein Haus gezeigt, in das er mit mir und den
Hunden einziehen will.«
    »Was? Nein, Jo, so gern ich dich wieder in London hätte, tu’s nicht.
Komm zurück, aber liefere dich ihm nicht aus.«
    »Ja, das ist mir selber klar, aber sag mir mal, wie ich ihn vergessen
soll.«
    »Schreib’s auf, schreib ’nen Roman drüber und legs ad acta.«
    »So einfach?«
    »Ja.« Sie nickte.
    Ich lachte sie an und schüttelte den Kopf.
    »Danke für alles, Tara, und bitte geh vertraulich mit meinem Chaos
um.«
    »Klar, ich wünsch dir alles Gute.«
    Wir umarmten und verabschiedeten uns.
    »Gute Nacht und gute Reise morgen.«
    »Gute Nacht.«
    Wir gingen ins Bett.
    Ich hatte ein Minicab gebucht, das mich um 4 Uhr früh zum Flughafen bringen sollte. Mürbe
wankte ich mit dem Koffer die Treppe hinunter, völlig übermüdet und noch nicht
ganz bei Sinnen. Es war frisch und feucht, die Straße nass, aber der Himmel
klar. Das Minicab fuhr davon, als ich am Gehsteig ankam, obwohl der Fahrer mir
gerade noch übers Haustelefon bestätigt hatte, dass er bereits vor der
Eingangstür auf mich wartete. Da stand ich mit meinem Koffer in der
morgendlichen Finsternis der schlafenden Großstadt und kramte nach meinem
Telefon. Ich verstand überhaupt nichts, musste den Minicabfahrer dringend
zurückholen und tippte auf dem Handy herum, um es einzuschalten.
    Da blendete mich ein Scheinwerfer. Schräg gegenüber, neben der
Verkehrsinsel, parkte ein Wagen, der mir Lichtzeichen gab. Ich ging näher und
erkannte einen Range Rover. Rick. Mich um diese Uhrzeit zu stellen war grausam,
so aufgeweicht, wie ich noch war, aber vielleicht war’s besser, als mit dem
schlechten Gewissen wegzufahren. Dann hatte wohl er mein Taxi weggeschickt. Ich ging zu ihm, und er öffnete sein Fenster. Das Wasser
perlte vom dunkelgrünen Lack des Wagens.
    »Ich würde dich gern fahren«, sagte der schöne langhaarige Mann zu
mir.
    Wortlos legte ich meinen Koffer auf den Rücksitz, stieg ein,
schnallte mich an, dann griff ich neben den Beifahrersitz. Es war aber nicht
mehr da. Ich sah zu ihm. War nicht
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