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Atemlose Begierde

Atemlose Begierde

Titel: Atemlose Begierde
Autoren: Isabelle Sander
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tauschten viele Geschichten über gemeinsamen
Zeiten aus.
    Vor dem Einschlafen in meinem bunten, frisch duftenden
Bett realisierte ich, dass mein Telefon noch immer schwieg. Ich verbat mir
jegliche Gedanken zu diesem Thema und schlief nachdenklich ein.
    *
    Ich verbrachte den nächsten Morgen damit, nicht an Rick
zu denken. Eine schwierige Übung. Es war ein Sich-Ablenken, mit Dingen
konfrontieren, die noch erledigt werden mussten, Gespräche mit meinen
Gastgeberinnen zu führen und immer wieder zwischendurch diese bohrende Frage
abzuwehren: »Warum will er mich nicht sehen?« Es war aus, ich wusste das, aber
es gab doch jedes Mal wieder einen Anfang.
    Punkt zehn Uhr. Das Telefon klingelte, keine Nummer auf dem Display,
sondern: Unbekannter Teilnehmer. Das konnte das Büro meines Vaters sein, ein
Meinungsumfrageinstitut oder die Lotteriegesellschaft. Aber es war Rick.
    »Guten Morgen, hab ich dich geweckt?«
    Ich saß beim Frühstückstisch, meinen Gastgeberinnen gegenüber,
Adrenalin schoss durch meinen Körper, Hitze, Lähmung der Stimme.
    »Guten Morgen.«
    Träumte ich noch?
    »Hey, schön dich zu hören!«
    Ich wanderte mit meinem Telefon in den Garten. Seine Stimme war
rauchig und sanft.
    »Ich weiß, dass du in der Stadt bist, oder zumindest hab ich es
gehofft«, sagte er. »Beth ist heute mit deiner Nachricht rausgerückt.«
    »Du bist ja nicht mehr ganz so einfach zu erreichen.«
    Er lachte.
    »Ach, das hat so seine Gründe – erzähl ich dir noch. Wollen wir
uns sehen?«
    »Ja, ähm, gern«, ich räusperte mich.
    »Wie wär’s mit einem verspäteten Frühstück?«
    Ich stand im üppig wuchernden Garten zwischen hohem Bambus, blühenden
Anemonen und duftenden Rosen. Er wollte mich sehen – zum Frühstück.
    »Wo und wann?«
    »Ich kenne einen Platz, den du mit Sicherheit noch nicht kennst.«
    »Okay. Wo?«
    »O- 101 Millbank, in 30 Minuten?«
    »Ja, schaffe ich.«
    O- 101 Millbank war ein neues
Gebäude aus Glas und Stahl nahe der Vauxhall Bridge, schräg gegenüber der Tate
Britain. Es ragte 35 Stockwerke hoch in den
Himmel. Jetzt stand ich davor und überlegte, wo sich die Cafébar befand, in der
wir uns treffen sollten. Als ich nach oben starrte, kam ein Portier aus dem
Eingang auf mich zu.
    »Ms Lindberg?«, fragte er.
    »Ja?«
    Ich war erstaunt.
    »Bitte, wenn ich Sie zum Lift begleiten darf.«
    Er wies mit seinem Arm in Richtung Lifttür, und wir gingen
nebeneinander durch die Lobby, vorbei an einem überdimensional groß
proportionierten Ölgemälde, aus dicken neonorangenen Pinselstrichen gefertigt,
das über einer dunkelbraunen, gepolsterten Ledercouch protzte. Er holte einen
der zwei Lifte für mich.
    »Drücken Sie bitte Penthouse«, sagte er förmlich.
    Die Lifttür schloss sich. Ich sah mich selbst in der reflektierenden
Messingrückwand des Liftes und nahm meine Konturen wahr, die sich auf der
Oberfläche meines Kleides abzeichneten. Mein Kleid war schmal geschnitten, mit
durchgehender Knopfreihe und Gürtel in der Taille. Es war schwarzblau und hatte
einen strengen Schnitt, der an eine Uniform angelehnt war. Der Stoff war fein
und anschmiegsam und legte sich leicht über meine Haut. Der Wind hatte mein Haar
zu einer wilden Mähne verweht, die ich zu ordnen versuchte. Es gab nur wenige
Knöpfe auf diesem Display: den Alarmknopf, den Türöffner, den Türschließer, G,
– 1 und Penthouse. Ich trippelte von
einem Fuß auf den anderen und war gespannt, was mich erwarten wird, sobald die
Tür wieder aufging.
    Ein großer, nur schwach beleuchteter, rundum mit nachtblauem Teppich
ausgelegter Vorraum, eine weiße Milchglaswand, durch die sich die Umrisse des
dahinterliegenden Raumes schemenhaft abzeichneten. Im Zentrum eine geöffnete,
weite Milchglastür, durch die ein vertrautes »Komm rein!« ertönte.
    Vor mir öffnete sich der hellste Raum der Welt. Ein Mann im
hellroten, ärmellosen Hemd mit wadenlangen, beigefarbenen Leinenhosen kam mit
offenen Armen auf mich zu. Langsam entschlüsselte sich seine Erscheinung. An den
funkelnden Augen erkannte ich ihn. Er war glattrasiert, die fast schulterlangen
Haare waren nach hinten gestreift. Zum ersten Mal sah ich diesen Mann ohne
seinen massiven Vollbart, sein Gesicht befreit und sonnengeküsst, die klaren
Konturen seiner weitflächig nach oben geschwungenen Lippen, die markante
Einkerbung zwischen Oberlippe und Nase, seine starke Kinnlinie. Er grinste über
mein Staunen und drückte mich an sich. Ich sog seinen Duft tief in mich ein,
eine Mischung
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