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Atemlose Begierde

Atemlose Begierde

Titel: Atemlose Begierde
Autoren: Isabelle Sander
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zurückfinden?«
    »Du hast dort auch gearbeitet, oder?«
    »Ja, ich habe zwei Baustellen in Saint Martin betreut, sehr
entspannt, ohne Komplikationen. Im Anschluss haben Spencer, Rory und ich einen
Yachttrip gemacht. Wir drei Männer auf hoher See – fischen, segeln,
schwimmen, die Sonne genießen. Du solltest dieses Paradies sehen, du würdest
dich verlieben.«
    Dabei schob er sich eine Walderdbeere in den Mund.
    »Wo warst du die ganze Zeit? Warst du nie in London seit unserem
letzten Treffen?«, fragte er.
    Ich wollte nicht an das letzte Frühjahr erinnert werden. Ich hatte in
meinem Atelier in Berlin ausgeharrt. Tag für Tag hatte ich für die Ausstellung
gearbeitet, die morgen Abend eröffnen würde. Ich war für Monate die Sklavin
meiner selbst gewesen und hatte mein Privatleben nebenbei jongliert. Gar nichts
wollte ich erzählen von meinem unglamourösen Dasein als Arbeitsbiene, die durch
die eintönige körperliche Betätigung Rückenschmerzen kultivierte. Ich war in
Berlin vergraben gewesen, einer grauen Stadt im Osten Deutschlands. Alles, was
mir einfiel, war die tägliche S-Bahn-Fahrt zum Atelier, die
Kommunikationsprobleme mit meinem aufmüpfigen Assistenten, die endlosen Alleen,
die ich mit Anubis und Suki entlanglief. Dann fielen mir meine gebräunten Arme
auf.
    »Ich war auf Capri, bevor ich hierherkam«, sagte ich erlöst. »Eine
Reise an den Golf von Neapel, zur Blauen Grotte, den Faraglioni, diese
Felsformationen vor der Küste. Ich hatte einen entspannten Urlaub mit, tja,
ähm …«
    *
    Das war der Punkt, der Rick und mich trennte. Ich brachte
es kaum über die Lippen. Mein Freund Ivo und unsere Persischen Windhunde Anubis
und Suki, mit denen ich mein Leben verbrachte. Die drei standen Rick und seinen
Verführungskünsten diametral gegenüber. Beide Welten hatten sich nicht zu
berühren, und ich erwähnte sie so gut wie nie in seiner Gegenwart. Er wusste von
meiner Beziehung, Ivo wusste aber nicht von ihm. Ich staunte oft über meine
Fähigkeit, diese Dinge in meinem Kopf völlig getrennt voneinander zu betrachten.
Rick war pure Lust, Gefahr, Abenteuer. Ivo war Hafen, Anker, mein Schutz vor der
Brandung.
    Rick hatte mich eines Tages gebeten, seine Frau zu werden, in Zeiten,
in denen mir die Auflösung meiner Beziehung nicht besonders schwergefallen wäre.
Ivo hatte mir damals in etwa so viel Beachtung geschenkt wie den Ikea-Regalen in
unserem Wohnzimmer. Ich war so gut wie unsichtbar für ihn. Mein Begehren Rick
gegenüber war grenzenlos und ungezügelt. Es war mir nicht leichtgefallen, sein
Angebot auszuschlagen, auch weil ich noch nie verheiratet gewesen war und
scherzeshalber manchmal sagte, ich hätte den richtigen Mann dazu noch nicht
gefunden. Ich wusste aber auch, dass, wenn ich einwilligte, ich die Leichtigkeit
unserer Beziehung für immer zerstören würde. Ich konnte mir nicht vorstellen,
dass nun plötzlich Rick Ivos Rolle in meinem Leben übernehmen würde. Ivo war
mein Mann, Rick war meine Affäre, mein Liebhaber, und ich war seine Frau für
gewisse Stunden.
    *
    Rick schenkte Kaffee nach. Hinter ihm, an einer der
wenigen Wände seines Apartments, entdeckte ich den Turner aus seiner
Familiensammlung. Es war »Boats with Anchors«, und es war kein Kunstdruck.
    »Möchtest du den oberen Teil der Wohnung sehen?«
    »Es ist unglaublich hell hier im Vergleich zu deinem Haus. Genießt du
das?«
    »Warte, bis du oben bist, komm mit«, rief er.
    Er streckte mir seine Hand entgegen, und wir machten uns auf den Weg
nach oben. Hand in Hand über die weitläufige, weiße Marmorstiege, meine Finger
den Hauch von Geländer berührend, rannten wir hoch. Oben eröffnete sich eine
gigantische, in einen Blätterwald getauchte Dachlandschaft zur einen Seite und
eine Reihe von Räumen, die durchs Freie begehbar waren, auf der anderen. Im
hinteren Eck der Terrasse konnte ich den obligaten Whirlpool erspähen.
    »Hier oben befinden sich das Schlafzimmer und das Spielzimmer«,
grinste er. »Im Stock darüber«, er deutete auf eine weiße Wendeltreppe »befindet
sich noch ein Gästezimmer.«
    Er nahm meine Hand und führte mich zu einem Fernrohr.
    »Schau, damit kann ich von hier bis nach Thamesmead schauen –
ich liebe diesen Ausblick, ich schlafe manchmal hier oben im Freien, mit Blick
auf den Himmel.«
    Seine Augen wurden weich und rund und liebenswürdig. Sein Körper
stand gespannt und aufrecht vor mir. Er trat einen Schritt näher, ergriff meine
Hand, führte sie gemeinsam mit seiner behutsam über
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