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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten
Autoren: Christine Preißmann
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gelang ihm nicht. Erst nachdem bekannt wurde, dass an dieser Schule eine Freundin meiner Schulbegleiterin als Lehrerin arbeitete, war diese bereit, mich mit Begleitung aufzunehmen. Anfangs konnte ich durch die neue Situation an der mir noch unbekannten Schule vor Aufregung und Unsicherheit nachts nicht schlafen und auch nur wenig essen.
    Frau H. sorgte dafür, dass mich meine Mitschüler in der Pause mitspielen ließen. Dadurch kam es manchmal zu komischen Situationen. Wenn die Kinder beispielsweise Fangen oder Raufen spielten und einer den anderen festhielt, wurde ich böse und schimpfte fürchterlich, denn ich war immer der Meinung, dass sich der »Gefangene« in einer bedrohlichen Situation befand und meiner Hilfe bedurfte. Ich konnte das Spiel nicht verstehen und das Verhalten der Mitschüler nicht richtig interpretieren, es wirkte auf mich bedrohlich. Erst nachdem mir Frau H. mehrmals erklärt hatte, dass dies alles nur ein Spiel war, konnte ich langsam mein Verhalten ändern.
    Nachdem ich meine Klassenarbeiten in einem separaten, ruhigen Raum schreiben durfte, hatte ich meistens nur noch Einser und Zweier.
    Der Unterrichtsstoff bereitete mir keine Probleme, nur der heftige Lärm auf dem Schulhof und die Unruhe in der Klasse machten mir Schwierigkeiten. Besonders während der Klassenarbeiten konnte ich mich schlecht konzentrieren, was dazu führte, dass ich sie auf Antrag in einem separaten, ruhigen Raum schreiben durfte. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich meistens nur Einser und Zweier.
    Doch dann gab es erneut einige Zwischenfälle. Frau H. versuchte, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen, um dann das Erfahrene an die Lehrkräfte weiterzugeben. Dadurch machte sie sich bei meinen Mitschülern sehr unbeliebt unddie meisten hielten sich in der Folge auch von mir fern, sodass ich in den Pausen wieder alleine war. Auch saß meine Begleiterin während der Pausen oft im Lehrerzimmer und ließ mich in diesen für mich sehr stressigen und unüberschaubaren Situationen alleine. So kam es öfter vor, dass die Kinder mich umringten, mich »Behindi-Kindi« nannten und ich dann total »ausrastete«. Alle Bemühungen meiner Integrationshelferin, wieder ein gutes Verhältnis zu den Mitschülern zu bekommen, scheiterten. So wurde das Arbeitsverhältnis mit ihr beendet und wir suchten erneut nach einem neuen Schulbegleiter.
    Schulbegleiter Manuel – vermeintliche Konkurrenz für den Klassenlehrer
    Das Verhältnis zu meinen Mitschülern besserte sich relativ schnell, als ich in der achten Klasse einen neuen Begleiter bekam. Manuel war etwas anders als meine bisherigen Integrationshelfer. Er war Erzieher und gewann auch schnell das Vertrauen der Mitschüler, da auch sie ihre Probleme mit ihm besprechen konnten, ohne dass er etwas davon den Lehrern mitteilte. Durch dieses Vertrauensverhältnis bekam ich endlich auch einen besseren Kontakt zu meinen Mitschülern.
    Nun fingen meine Probleme im Deutschunterricht an. Es wurden vermehrt Interpretationen gefordert, die ich einfach nicht leisten konnte.
    Mit Manuel fuhr ich das erste Mal ohne meine Eltern auf eine Klassenfahrt und fühlte mich in seiner Gegenwart wohl und sicher. Da ich mich sehr einseitig ernähre und nur bestimmte Lebensmittel ohne Ekel und Würgereiz essen kann, kümmerte sich Manuel auch täglich um mein Mittag- und Abendessen und sorgte dafür, dass ich bei Bedarf ein ruhiges Plätzchen zum Entspannen und Erholen fand. In der 8. Klasse fand ein Schüleraustausch zu unserer Partnerstadt nach Frankreich statt. Ich wäre auch hier gerne dabei gewesen, aber mein Lehrer fand, man könne mich keiner Gastfamilie zumuten, obwohl Manuel mit dabei gewesen und notfalls auch mit mir in ein Hotel gezogen wäre.
    Mittlerweile hatten wir einen neuen Klassenlehrer bekommen. Er war ein großer, braun gebrannter schwarzhaariger Mann, für den sich die Mädchen anfangs sehr interessierten und der sich dabei sehr wohl zu fühlen schien. Leider jedoch sah er in Manuel einen Konkurrenten, der ihm seiner Meinung nach seinen Platz streitig machen könnte.
    Nun fingen meine Probleme im Deutschunterricht an. Es wurden vermehrt Interpretationen gefordert, die ich einfach nicht leisten konnte. Mein Problem war, dass ich nicht »zwischen den Zeilen« lesen konnte, sondern nur das, was auch wirklich dastand. Auch konnte ich keine Gefühle aus Texten herauslesen oder mich in die
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