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Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Titel: Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
Autoren: Ilsa J. Bick
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ob sie dieses Versprechen halten würde. »Zum Auto, meine ich. Wenn ich im Waucamaw bin, hab ich kein Mobilfunknetz mehr.«
    »Und was soll ich tun? Eine Kerze ins Fenster stellen? Däumchen drehen? Mich mit Stricken beschäftigen?« Als Alex nichts darauf erwiderte, fuhr ihre Tante fort: »Einerseits hätte ich ja gute Lust, die Polizei zu rufen und dich zurückholen zu lassen.«
    »Und andererseits?«
    »Andererseits denke ich mir, dass du ein Dickschädel bist. Wenn du dir einmal was in den Kopf gesetzt hast, lässt du es dir nicht mehr ausreden.« Ihre Tante verstummte kurz. »Und ich bin mir nicht sicher, ob ich dir das übel nehmen kann. Was nicht heißt, dass ich gut finde, was du da tust. Aber ich kann es verstehen.«
    »Danke.«
    »Keine Ursache.« Ihre Tante seufzte. »Ach, Alex, bitte pass auf dich auf, ja? Versuch, heil zurückzukommen.«
    »Ich komm schon klar. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich mit dem Rucksack unterwegs bin.«
    »An deinen Fähigkeiten zweifle ich nicht. Ein Feuer entfachen, sich von dem ernähren, was die Natur hergibt, eine Hütte aus Zweigen und Kaugummi bauen … da bist du ganz wie dein Vater. Wenn die blöden Zombies kommen, bist du gerüstet.«
    »Danke«, brachte sie mit erstickter Stimme heraus. Sie wollte nicht, dass es mit Tränen endete. »Ich glaube, ich muss langsam los. Ich liebe dich, Tante Hannah.«
    »Ach, du Dummchen«, sagte ihre Tante, »denkst du denn, das weiß ich nicht, zum Henker?«
    Es war ihr letztes Gespräch.

TEIL I
DER BERG

1
    V ier Tage später saß Alex auf einem eiskalten Felshuckel und schnitzte aus einem Erlenzweig einen Zahnstocher, während sie darauf wartete, dass das Kaffeewasser kochte. Eine nasskalte steife Brise wehte aus Nordwest. Weit unten glitzerte der Moss River im Sonnenlicht, sein glänzendes Band wand sich durch ein tiefes Tal mit blattlosen Harthölzern – silberblaue Fichten, dichte Schierlingstannen in dunklerem Grün und die Weymouthskiefern mit ihren seidigen Nadeln. Die Luft roch nach Kälte, was in Alex’ Fall hieß, dass sie nach gar nichts roch. Woran Alex allerdings gewöhnt war, da sie seit mehr als einem Jahr keine Gerüche mehr wahrnahm.
    Es überraschte sie, dass es so kalt war. Aber sie hatte ja auch noch nie Ende September eine Wanderung durchs Waucamaw-Naturschutzgebiet unternommen, sondern die Wildnis dort stets als sommerliches Abenteuer mit ihren Eltern erlebt, bei dem lästige Gnitzen, blutrünstige Moskitos und eine Hitze, die Menschen in Schweißpfützen verwandeln konnte, ihre größten Sorgen waren. Jetzt knirschte jeden Morgen der verharschte Schnee unter ihren Füßen, und sie rutschte auf vereisten Wurzeln und kahlen Felsen aus. Es war eine tückische Tour, bei jedem Schritt riskierte sie, sich den Knöchel zu verstauchen. Je weiter sie nach Norden kam und sich dem Lake Superior näherte – noch zwei Tagesmärsche entfernt und lediglich ein blasser lilafarbener Tupfen am Horizont –, desto größer wurde die Gefahr, dass das Wetter umschlug. Im äußersten Westen, unter einer schiefergrauen Wolkenbank, konnte sie federartige blaugraue Regenwirbel erkennen, die nach Süden zogen. Aber noch lag vor ihr nichts als blauer Himmel: Der Tag versprach ein kühles, klares Bilderbuchwetter, wie es Alex’ Eltern sicherlich gefallen hätte.
    Wenn sie sich nur an sie erinnern könnte.
    Am Anfang war Rauch gewesen.
    Sie war fünfzehn und schon ein Waisenkind, was sie ziemlich ätzend fand, obwohl sie ein Jahr Zeit gehabt hatte, sich daran zu gewöhnen. Als es weiterhin nach Rauch stank, auch ohne irgendein Feuer, folgerte ihre Tante, dass Alex an irgendwas Posttraumatischem litt, und schleppte sie zu einer Psychiaterin, einer totalen Nazi-Tussi, die wahrscheinlich schwarze Stöckelschuhe trug und ihren Mann verprügelte: Aha, Rauch, da kommt der Unfall deiner Eltern wieder hoch, was? Allerdings war die Psychiaterin auch ziemlich klug und schickte Alex zu Barrett weiter, einem Neurologen, der das Monster entdeckte.
    Natürlich war die Geschwulst bösartig und nicht operabel. Also bekam Alex Chemo und Bestrahlungen, woraufhin ihr Haare und Augenbrauen ausgingen. Das Positive daran: Ihre Beine und Achseln brauchten nicht mehr rasiert zu werden. Negativ: Die Mittel gegen Übelkeit schlugen nicht an – was war sie doch für ein Glückspilz! –, und so musste sie sich etwa alle fünf Minuten übergeben, was die Magersüchtigen an ihrer Schule schier zur Verzweiflung trieb, weil Alex ihnen in dieser Hinsicht so
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