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Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Titel: Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
Autoren: Ilsa J. Bick
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haushoch überlegen war. Zwischen den Behandlungen hörten die Übelkeitsattacken auf, und ihr Haar, kräftig und rot wie Blut, wuchs wieder nach. Hinter ihren Schläfen nistete sich ein chronischer Kopfschmerz ein, doch wie Barrett sagte: an Schmerzen stirbt man nicht. Das mochte zwar stimmen, aber irgendwann hatte man auch nicht mehr viel Spaß am Leben. Mit der Zeit verschwand dann der Rauchgeruch – aber mit ihm auch jede andere Geruchsempfindung, denn das Monster schrumpfte nicht, sondern wuchs still und leise weiter und zehrte an ihr.
    Es hatte sie allerdings niemand vorgewarnt, dass mit dem vollständigen Verlust des Geruchssinns auch viele Erinnerungen verschwinden. So wie Tannengeruch einen Erinnerungsfetzen von Lametta und Weihnachtsbeleuchtung und Rauschgoldengeln heraufbeschwört oder man beim Duft von Muskat und Zimt vor sich sieht, wie die Mutter summend in der hell erleuchteten Küche steht und einen Apple Pie bäckt. Ohne Geruchssinn kamen einem die Erinnerungen abhanden wie Münzen in einer löchrigen Hosentasche, bis die Vergangenheit Asche war und aus den Eltern Leere wurde – nicht mehr als die Löcher in einem Schweizer Käse.
    Ein knatterndes Geräusch, irgendwas zwischen Rasenmäher und halbautomatischem Gewehr, zerriss die Stille. Einen Augenblick später entdeckte sie das Flugzeug, eine weiße einmotorige Propellermaschine, die in nordwestlicher Richtung über das Tal flog. Ihr Blick fiel auf die Armbanduhr: zehn vor acht. Ganz pünktlich. Nach vier Tagen kam sie zu dem Schluss, dass es dasselbe Flugzeug sein musste, das hier zweimal täglich seine Runden drehte, erst morgens immer kurz vor acht und dann nachmittags etwa um zwanzig nach vier. Man konnte fast die Uhr danach stellen.
    Das Brummen des Flugzeugs verhallte, und wieder senkte sich die käseglockenartige Stille über den Wald. Nur aus dem Tal weit unten drang das hohl tönende Tock-tock-tock eines Spechts herauf, und drei Krähen krächzten einander in den Tannen zu. Ein Falke zog seine mühelosen Kreise am Himmel.
    Alex schlürfte ihren Kaffee und hörte sich schlucken. Der Kaffee schmeckte und roch nach nichts, er war einfach nur heiß und braun. Da nahm sie aus den Augenwinkeln zu ihrer Rechten eine Bewegung wahr, etwas vage verschwommen Bräunliches. Sie drehte rasch den Kopf in die Richtung und rechnete nicht damit, etwas Spektakuläreres als ein Eichhörnchen zu erblicken.
    Von daher war der Hund eine ziemliche Überraschung.

2
    S ie erstarrte.
    Der Hund war schlank, aber muskulös mit breitem Brustkorb und sah mit seiner schwarzen Schnauze und der zobelfarbenen Zeichnung wie ein Deutscher Schäferhund aus. Allerdings war er kleiner, vielleicht noch nicht ausgewachsen? Auf seinen Rücken war ein hellblaues Bündel geschnallt, und er trug ein Würgehalsband.
    Weiter unten auf dem Pfad raschelte leise trockenes Laub. Der Hund spitzte die Ohren, seine dunklen Augen blickten jedoch weiter unverwandt zu Alex. Dann drang eine Männerstimme die Anhöhe herauf: »Mina? Hast du was gefunden, meine Gute?«
    Der Hund gab ein leises Winseln von sich, rührte sich aber nicht vom Fleck.
    »Hallo?« Alex’ Kehle war wie ausgedörrt, und es klang eher wie ein Krächzen. Sie leckte sich über die Lippen und versuchte zu schlucken. Ihre Zunge fühlte sich plötzlich rau an wie Sandpapier. »Äh … könnten Sie Ihren Hund zu sich rufen?«
    Wieder die Stimme des Mannes: »Oh mein Gott, entschuldigen Sie. Keine Angst, sie tut Ihnen nichts … Mina, Platz!«
    Der Hund – Mina – gehorchte augenblicklich und legte sich bäuchlings hin. Das war ja schon mal ganz ermutigend. Im Liegen wirkte das Tier nicht halb so furchterregend.
    »Sitzt sie?«, rief der Mann.
    Und wenn nicht? Was dann? »Hm, ja.«
    »Sehr gut. Momentchen noch, wir haben’s gleich …« Einen Augenblick später mühte sich ein schmächtiger Mann mit einer weißen Haarmähne und einem Wanderstock in der Hand den Hang herauf. Er war wie ein Holzfäller gekleidet, bis hin zu dem schwarzen Rollkragenpulli unter dem roten Flanellhemd. An einer Tragschlaufe am Gestell seines Rucksacks baumelte ein Beil in einem Futteral.
    Ein, zwei Schritte dahinter folgte ein Kind, ein Mädchen mit blonden Zöpfen. Ein pinkfarbener Hello-Kitty -Rucksack war auf ihren Rücken geschnallt, dazu passend trug sie einen pinkfarbenen Parka und einen ebensolchen Schal. In ihren Ohren steckten weiße Kopfhörer, die so laut aufgedreht waren, dass sogar Alex noch leises Basswummern hören
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