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Aschenputtelfluch

Aschenputtelfluch

Titel: Aschenputtelfluch
Autoren: Krystyna Kuhn
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seltsam und die Baseballmütze auf dem Kopf ließ den grauen Schulanzug lächerlich wirken.
    Ich spürte, wie sie mich unter die Lupe nahmen, um den ultimativen Bodycheck bei mir durchzuführen. Ein Nackt scanner war nichts gegen Bastians kritische Blicke: Bauch, Beine, Po. Und das Resultat war sonnenklar – ich fiel durch!
    »He, Danny«, rief er dem Jungen mit der Mütze zu. »Die kannst du geschenkt haben. Ich mag keine Bohnenstan gen. Außerdem ist mein Herz bereits vergeben!« Er winkte Trixie auf der anderen Seite zu, die mich spöttisch an grinste. Sie machte gerade Meg Platz, die sich ans Ende der Reihe schob und sich augenblicklich in ein Buch ver tiefte.
    »Aber vielleicht ist die Bohnenstange was für unseren Kurzen hier.« Danny stieß seinen Nachbarn auf der linken Seite in die Rippen. Ein Junge mit Segelohren, der mindes tens fünfzehn Zentimeter kleiner war als ich. »Das wäre ei ne sportliche Herausforderung bei dem Größenunter schied, oder Fledermäuschen, unser süßes Batbaby?«
    »Lass mich in Ruhe«, murmelte der Junge und lief knall rot an.
    »Ich glaube, Jule, du musst auf die andere Seite.« Nikolaj schob sich neben mich. »Die nehmen hier die Geschlech tertrennung verdammt ernst.«
    »Na ja«, sagte ich, um Coolness bemüht, »einen Versuch war es wert.«
    Ich schob mich an Nikolaj vorbei, der seine Krawatte ge rade zog, überquerte den Gang, wo ich neben der anderen Neuen – Sonja – Platz nahm. Sie hing blass auf ihrem Stuhl, die Hände so fest ineinander verkrallt, dass ich mir echt Sorgen machte, ob sie die Finger je wieder auseinan derbekam.
    »Gott sei Dank«, murmelte sie, »ist mir das nicht pas siert.«
    »Ich habe damit kein Problem«, erwiderte ich. »Das sind nur die üblichen Spiele für die Neuen. Und Jungs geben nun mal gerne die Bad Boys. Nicht weil sie uns hassen, sondern weil sie uns zu sehr lieben, verstehst du.«
    »Ehrlich?« Sie sah mich mit ihren großen blauen Augen an.
    »Klar, das wusste doch schon Mister Freud!« Ich grinste ihr zu, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass sie kapierte, wovon ich sprach. Stattdessen gingen ihre Blicke immer wieder hinüber zur Jungenseite, und als Bastian ihr zu winkte, lief sie rot an.
    »Ruhe! Ich bitte um Ruhe!« Frau Schüler stand vorne und bemühte sich vergeblich, Ordnung im Saal zu schaffen. Doch das Gemurmel, Kichern, Husten erstarb erst, als Di rektor Sattler würdevoll im schwarzen Anzug die Aula be trat und nach einer kurzen musikalischen Einlage des Streichorchesters mit ernster Miene seine Begrüßungsre de startete.
    »Leistung hat ein Zuhause. Und dieses Zuhause heißt in Zukunft für euch Ravenhorst. Mit dem Besuch dieser Schule seid ihr für euren persönlichen Weg ins Leben gut ge rüstet. Hier erhaltet ihr die einmalige Chance, eure persönlichen Grenzen zu testen und zu erweitern. Teamwork und Eigenverantwortung sind unsere Prinzipien. Wir legen deshalb viel Wert auf ein friedliches Miteinander, voller Verständnis und . . .«
    Ein lauter Knall unterbrach seine Rede.
    »Was zum Teufel . . .?« Herr Sattler starrte zornig nach hinten.
    Wir alle wandten den Kopf.
    Direkt im Eingangsportal stand ein Junge, nicht älter als zwölf. Er war zerzaust und verschwitzt und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Auf den hellen Schuhen und am Saum seiner Anzughose waren dunkle Flecken zu se hen. Als sei er ausgerutscht. Sein Gesicht war leichen blass.
    Ein paar Herzschläge lang herrschte vollkommenes Schweigen, dann schnitt die ungehaltene Stimme des Di rektors durch die Stille.
    »Wie ist dein Name?«
    »Kevin.«
    »Und weiter?«
    »Kevin Müller.«
    »Und, Kevin, hast du eine Entschuldigung für dein Zu spätkommen?«
    Die Augen des Jungen waren vor Entsetzen weit aufge rissen. »Dort draußen . . .«
    »Wie bitte?«
    »Dort draußen . . .«
    »Du wiederholst dich . . .«
    Im Saal hörte man Laute der Verwunderung, der Unsi cherheit und die meisten schafften es nicht, ein Lachen zu unterdrücken.
    Kevin versuchte, zu Atem zu kommen. »Im Kreuz-gang...vor der Kirche . . .«, stotterte er und dann brach er in Tränen aus.
    Das Mikrofon quietschte, als der Direktor ungeduldig dagegenstieß.
    Es war Frau Sturm, die als Erste reagierte. Sie erhob sich und lief den langen Flur nach hinten. Doch noch bevor sie den Jungen erreichte, breitete sich im Schritt seiner An zughose ein dunkler Fleck aus.
    »Oh Gott, der pinkelt sich selbst an«, schrie Trixie auf. »Wie peinlich!«
    Gelächter verbreitete sich im Raum und die
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