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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix
Autoren: Kai Meyer
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gewesen, aber nun blickte sie mit Parker auch in die Zimmer im Parterre. Er hatte das Haus noch einmal von innen sehen wollen, den Ort, an dem alles begonnen hatte.
    Der Kokon aus Kletterpflanzen war auch zu den unteren Fenstern hereingewachsen. Verholzte Ranken hatten sich über die Böden und Wände geschoben und bildeten verflochtene Kuppeln unter der Decke.
    Der größte Raum befand sich im hinteren Teil des Hauses, seine Fenster wiesen zum Tal hinaus. Auch hier war alles wie gepudert. Die Ranken an den Wänden bildeten bizarre Muster, an einigen Stellen klafften weite Löcher in den Verästelungen. Als Parker fest mit dem Fuß auftrat, fielen Staubvorhänge von den Mauern und entblößten verschlungene Symbole, die jemand mit groben Pinselstrichen an die Wände gezeichnet hatte. Sie waren schwarz wie die Mondsicheln an der Fassade.
    Aus dem ersten Stock erklang ein Scharren.
    Gemeinsam gingen sie zurück auf den Flur und blickten die steinerne Treppe hinauf. Da waren verwischte Fußspuren im Ascheteppich auf den Stufen. Die beiden sahen einander an und setzten sich in Bewegung.
    Die vorderen Räume im Obergeschoss waren leer. Fündig wurden sie erst im letzten.
    Parker war nicht der Einzige, den es zurück ins Mondhaus gezogen hatte. Jemand stand am Fenster, eine viel zu dürre Silhouette vor dem Tageslicht, und blickte stumm zu den rauchenden Ruinen im Tal. Sein fleckiger Mantel lag zerknüllt am Boden. Was darunter zum Vorschein gekommen war, sah aus wie eine Stockpuppe aus verkohlten Ästen, borkig und verbrannt. Nichts, das hätte leben dürfen.
    Als die beiden eintraten, drehte die Gestalt sich um und streckte mit einem Ruck die Arme nach ihnen aus.
    Ash ergriff Parkers linke Hand.
    Mit der Rechten zog er die Pistole und feuerte seinem Vater in die Stirn.
      
      
      
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Leseprobe:

Wilde Hunde
    S ie schlief bis zum frühen Nachmittag. Als sie erwachte, war sie nicht sicher, wann in dieser Nacht Wirklichkeit und Traum ineinandergeflossen waren.
    Ihr Körper war sauber und roch nach Seife, aber sie konnte sich nicht erinnern, geduscht zu haben. Ihr Kopfkissen war feucht, wahrscheinlich von ihrem nassen Haar. In der Wanne im Bad neben ihrem Zimmer klebten Schaumreste rund um den Abfluss. Das war beunruhigender als die verwischten Bilder von Riesenschlangen und Raubkatzen, die ihr vor Augen standen. Seit damals waren Erinnerungslücken ihre große Angst. Sie schauderte und ihre Finger hörten gar nicht mehr auf zu zittern.
    Sie trug einen Schlafanzug mit goldenem Blumenaufdruck. Zweifellos stammte er aus Zoes Kleiderschrank. Auf einem Stuhl lagen neutrale schwarze Sachen, die ihre Schwester vor ein paar Tagen in Piazza Armerina für sie aufgetrieben hatte, außerdem das gereinigte Kleid vom Flug.
    Irgendwie schaffte sie es, sich die Zähne zu putzen, als wäre nichts gewesen. Ihr Haar würde auch nach dem Bürsten so wild und zerrauft aussehen wie vorher, aber sie versuchte verkrampft, sich Normalität vorzugaukeln. Mach alles so wie immer. Gib dir keine Blöße. Du hast die Kontrolle.
    Das Problem war, dass sich die Vergangenheit einmal mehr ihrer Kontrolle entzog. Die Ereignisse im Wald, das Erwachen im Glashaus, halb unter Schlangen begraben – nichts hatte sie unter Kontrolle gehabt; sie wusste nicht einmal, was eigentlich passiert war.
    Sie schaffte es gerade noch bis zur Toilettenschüssel, übergab sich, blieb auf den Knien hocken und fühlte sich auf einen Schlag dermaßen entkräftet, dass sie das Gefühl hatte, nicht mehr auf die Beine zu kommen.
    Irgendwann kämpfte sie sich hoch, wusch sich die Tränen aus dem Gesicht, putzte noch einmal ihre Zähne und gurgelte, bis sie keine Luft mehr bekam. Zuletzt zog sie das Minikleid, ein T-Shirt und schwarze Strumpfhosen an. Beim Zubinden der Metallkappenschuhe bebten ihre Finger unaufhörlich und sie fürchtete, niemals damit fertig zu werden.
    Es klopfte an der Zimmertür.
    »Ich bin tot«, sagte sie.
    Zoe trat ein. »Ich noch ein bisschen mehr.« Und damit hatte sie Recht: Sie sah furchtbar aus. Augenscheinlich hatte sie versucht, einige ihrer Prellungen und Blessuren mit Make-up abzudecken, doch das war so erfolgreich, als hätte sie ein Schrottauto mit Farbe und Pinsel auf Vordermann bringen wollen. Sie hatte ein blaues Auge, eine aufgeplatzte Lippe, und am Rand ihres Ausschnitts sah Rosa ein Stück weißen Verband
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