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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
Autoren: Bernard Cornwell
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müssen. Merlin schlug ihn auf den Kopf, zerriß ihm die Ohren, spaltete ihm die Lippen und färbte seine Augen blau, während die Kinder und die Wachen an der Palisade jubelten. Die Wachen, die Druidan befehligte, waren alle lahm, blind oder verrückt, und einige von ihnen alles zusammen, aber kein einziger war so verrückt, Druidan zu mögen. Nimue, meine Freundin und Kindheitsgefährtin, war Irin. Die Iren waren Briten, aber sie waren nie von den Römern beherrscht worden und hielten sich deswegen für besser als die Festlandbriten, die sie überfielen, ausplünderten, versklavten und kolonisierten. Wären die Sachsen nicht so furchteinflößende Feinde gewesen, wir hätten die Iren für die schlimmsten von Gottes Geschöpfen gehalten, obwohl wir uns von Zeit zu Zeit mit ihnen gegen andere britische Stämme verbündeten. Nimue war ihrer Familie bei einem Überfall entrissen worden, den Uther gegen die irischen Siedlungen in Demetia geführt hatte. Demetia lag jenseits des SevernMeeres, der großen Meeresbucht, die vom Severn-Fluß
    gespeist wurde. Sechzehn Gefangene waren bei jenem Überfall gemacht worden, und alle wurden nach Dumnonia geschickt, um dort als Sklaven zu dienen, doch während die Schiffe die Bucht überquerten, kam ein schrecklicher Sturm von Westen, und das Schiff mit den Gefangenen versank bei Ynys Wair. Nimue allein überlebte und kam, wie es hieß, aus dem Meer geschritten, ohne naß zu sein. Das sei, behauptete Merlin, ein Zeichen dafür, daß Manawydan, der Meeresgott, sie liebte, obwohl Nimue selbst erklärte, es sei Don gewesen, die mächtigste Göttin, die ihr das Leben gerettet habe. Merlin wollte ihr den Namen Vivien geben, einen Namen, der Manawydan gewidmet war, aber Nimue ignorierte den Namen und behielt ihren eigenen. Nimue setzte fast immer ihren Kopf durch. Mit wacher Neugier und absoluter Selbstsicherheit wuchs sie in Merlins verrücktem Haushalt auf, und als Merlin sie, nachdem etwa dreizehn oder vierzehn Sommer ihres Lebens vergangen waren, in sein eigenes Bett befahl, gehorchte sie, als hätte sie schon immer gewußt, daß es ihr Schicksal war, seine Geliebte und damit, wie es nun einmal Brauch war, die zweitwichtigste Person von ganz Ynys Wydryn zu werden.
    Obwohl Morgan diese Position nicht ohne Kampf aufgab. Von allen seltsamen Gestalten an Merlins Hof war Morgan die groteskeste. Sie war Witwe und dreißig Jahre alt, als Norwenna und Mordred unter ihren Schutz gestellt wurden, und diese Aufgabe war angemessen, denn Morgan war nicht minder hochgeboren als sie. Sie war das erste der vier illegitimen Kinder - drei Mädchen und ein Junge -, die Großkönig Uther mit Igraine von Gwynedd gezeugt hatte. Ihr Bruder war Arthur, und bei einer so hohen Abkunft und einem solchen Bruder hätte man meinen sollen, daß ehrgeizige Männer sogar die Mauern der Anderwelt eingerissen hätten, um die Hand der Witwe zu erringen. Aber Morgan war als junge Ehefrau in einem brennenden Haus eingeschlossen gewesen. Ihr junger Gemahl hatte dabei den Tod gefunden, und Morgan hatte gräßliche Brandwunden erlitten. Die Flammen hatten ihr das linke Ohr geraubt, das linke Auge versengt, die Haare von der linken Kopfhälfte gebrannt, das linke Bein verkrüppelt und den linken Arm verkrümmt. Nimue, die Morgan nackt gesehen hatte, erzählte mir, daß die linke Hälfte ihres Körpers verrunzelt, grausig-rot und entstellt war, an einigen Stellen eingeschrumpft, an anderen überdehnt, und insgesamt schauerlich-abstoßend. Wie ein verfaulter Apfel, erklärte mir Nimue, nur viel schlimmer. Morgan war ein Wesen aus einem Alptraum, aber für Merlin war sie eine Lady seiner Halle, und er hatte sie zu seiner Seherin ausgebildet. Von einem Goldschmied des Großkönigs hatte er eine goldene Maske anfertigen lassen, die sich wie ein Helm um ihren zerstörten Kopf schmiegte. Diese Goldmaske hatte ein Loch für ein Auge, einen Schlitz für ihren verzerrten Mund und bestand aus feinem, dünnem Gold, das mit Spiralen und Drachen ziseliert war und vorn das Abbild des Cernunnos trug, des Gehörnten Gottes, der Merlins Beschützer war. Die goldgesichtige Morgan trug stets Schwarz, hielt ihre zerstörte Linke mit einem Handschuh bedeckt und war weithin berühmt für ihre Heilkraft und seherische Begabung. Darüber hinaus war sie die übellaunigste Frau, die mir jemals begegnet ist. Sebile, Morgans Sklavin und Begleiterin, war etwas sehr Seltenes: eine große Schönheit mit Haaren von der Farbe hellen Goldes. Sie war eine
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