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"Arschtritt" - Senzel, H: "Arschtritt"

"Arschtritt" - Senzel, H: "Arschtritt"

Titel: "Arschtritt" - Senzel, H: "Arschtritt"
Autoren: Holger Senzel
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wirklich!«
    »Sicher – und das Schicksal hat euch füreinander bestimmt …«
     
    Ich kann meinen Freunden die Skepsis nicht verdenken. Ich hatte schon so oft die Liebe meines Lebens kennengelernt. »Die Frau, auf die ich die letzten … 10, 15, 20, 25 Jahre meines Lebens gewartet habe …« Was also war anders? Das Herzklopfen und der extrovertierte Gefühlsüberschwang sicher nicht, mit dem ich auch diese Liebe inszenierte. Ins Postamt stürmte und lautstark Sondermarken verlangte für einen Liebesbrief. Seelenverwandtschaft? Geschenkt! Wie viele Frauenherzen waren mir doch schon als Spiegel der eigenen Seele erschienen – und wie fremd und fern waren sie mir dann immer am Ende geworden. Aber ist das ein Grund, vorsichtig und ängstlich zu werden? Dass Dinge im Leben schrecklich schiefgegangen sind? Statt zu versuchen, sie einfach besser zu machen. »Welch eine Pleite«, stöhnt Edisons Assistent nach Jahren erfolgloser Versuche an der Glühbirne, »tausend Fehlschläge und kein einziger Erfolg!«. Und Edison antwortet: »Ich würde sagen: ein Riesenerfolg. Wir kennen jetzt tausend Wege, wie es nicht funktioniert.«
     
    Ich wusste damals womöglich noch nicht, wie das geht: Eine vertrauensvolle Beziehung führen und die Liebe lebendig halten. Aber ich war mir sehr klar darüber, was nicht funktioniert: Jemanden zu suchen, der dich glücklich macht.

    Stattdessen fand ich einen Menschen, mit dem ich mein Glück teilen konnte. Der mein Herz zum Lächeln bringt. Erlebte, wie leicht Liebe doch sein kann ohne all die kräftezehrenden Inszenierungen, Lügen, Ausflüchte, Versteckspiele und Machtkämpfe, Hintertürchen, Schleichwege. Wenn ich früher eine tolle Frau kennenlernte, dann habe ich stets geargwöhnt, dass mit ihr ja auch was nicht stimmen könne – wenn sie sich ausgerechnet in mich verliebt … oder dass sie es ja irgendwann doch herausfindet, dass ich ihren Vorstellungen nicht standhalte und sie enttäusche. Meist stimmte das ja auch.
     
    Vermutlich gibt es sie ja gar nicht – die eine Richtige im Leben. Du kannst immer wieder im Leben Menschen treffen, die dein Herz berühren, und es ist eine Frage von Zeit und Umständen, was daraus wird. Und ob du selbst bereit ist, dich hinzugeben. Zu lieben – und dich lieben zu lassen. Hätte ich meine Frau fünf Jahre früher getroffen, hätte ich es mit Sicherheit auch versemmelt. Ob es die Richtige ist, hängt vor allem von dir selbst ab.
    Wir heirateten noch in London. Meine Frau stand kurz vor dem Beginn ihrer Korrespondententätigkeit in New York. Ich nahm ein Jahr unbezahlten Urlaub und ging mit. Ich habe diese Entscheidung für mich allein getroffen, das war mir wichtig. Wenn ich jemandem »zu Liebe« etwas tue, von dem ich selbst nicht überzeugt bin, werde ich ihm später grollen – auch wenn er gar nicht darum gebeten hat. Der Start in New York ist mir sehr schwergefallen. Die Rolle als Begleiter. Meine Frau machte jetzt den Job, den ich vorher in London hatte. Jetzt wartete ich abends auf sie, bis sie nach Hause kam. Oder auch
nicht, weil gerade die Wall Street verrückt spielte oder die UNO eine Sondersitzung einberief. Ich wusste ja wie das Geschäft läuft … Kürzlich habe ich Rezepte ausgetauscht mit der Frau eines Kollegen meiner Frau. Manchmal fragt ein Kollege meiner Frau, wie es denn so ist, als »Hausmann« in New York. Ich ziehe »Privatier« vor. Oder sage trotzig: »Nichts!«, wenn mal wieder einer wissen will, was ich denn den ganzen Tag so mache.
    »You don’t do nothing«, widersprach eines Abends so ein Typ in einer Bar, »you got space!« – »Es stimmt nicht, dass du nichts tust – du hast Raum gewonnen.« Aber das musste ich erst lernen. Diesen großen leeren Raum mit mir selbst zu füllen. Weil die Sender es nicht mehr machten. Es hat eine Weile gedauert, bis ich dieses Geschenk annehmen konnte. Vielleicht war mein »Arschtritt« die Initialzündung. Es ist müßig zu spekulieren, ob ich ohne meine Aktion den Mut gefunden hätte, mir diesen Raum zu nehmen. Ich hätte ihn mir aber schlicht und ergreifend finanziell nicht leisten können, wenn ich nicht vor drei Jahren in meiner Londoner Wohnung mein Sparprogramm ausgetüftelt hätte. Ich habe den Grundstock für anderthalb Jahre Freiheit gelegt mit meinem Arschtritt. Wobei ich den größten Sparerfolg gar nicht mit all den klugen Plänen in meinem braunen Finanzordner (»Spare in der der Zeit…) hatte – sondern dem Verzicht auf Kreditkarten. Ich habe sage und schreibe
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