Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arrivederci amore, ciao

Arrivederci amore, ciao

Titel: Arrivederci amore, ciao
Autoren: Massimo Carlotto
Vom Netzwerk:
anderen«, sagte ich, als ich mir die Hose zuknöpfte. »Und nicht vergessen: Wer nicht mitspielt, reist nach Hause. Ich kenne die richtigen Leute bei der Polizei. Verstanden?«
    Sie ließ den Kopf hängen. Ich nahm sie beim Kinn. »Du brauchst nichts zu befürchten. Ich verzeihe dir, ich lasse dich nicht ausweisen.«
    »Entschuldigung. Ich wollte keinen Ärger machen«, sagte sie unter Tränen.
    »Braves Mädchen. Was ein bisschen Erziehung doch bewirkt.« Ich tätschelte ihr die Wange. Die dumme Pute war voll reingefallen. Außerdem war sie kaum neunzehn und erst vor kurzem gekommen. Sie träumte davon, sich als Tänzerin in Las Vegas das Höschen mit Dollars vollstopfen zu lassen. So dämlich, wie sie war, würde ihr das nie gelingen.
    Mittlerweile konnte ich mir eine Mietwohnung im Städtchen leisten. Bisher wohnte ich in einem Zimmer über dem Club. Natürlich half mir ein Makler, der bei uns Kunde war. So lief das bei uns. Wenn einer was brauchte, wandte er sich an den passenden Gast. Im Ort kannten sie uns alle, auch diejenigen, die das Blue Sky noch nie betreten hatten, und begegneten uns mit aufgesetzt moralischer Empörung, wie zu Zeiten der Freudenhäuser, typisch bigotte Dörfler. Sogar die Witwe Biasetto, unsere Putzfrau, erlaubte sich verächtliche Bemerkungen. Aber die Gäste hatten wir bei den Eiern. Wir wussten alles über sie, bei den Mädchen beichteten sie gründlicher als sonntags in der Kirche. Jetzt, wo ich meine Wohnung bezog, die Hälfte eines Zweifamilienhauses, die ich dank verschiedener Möbelhändler, die sich gern im Separee aufhielten, günstig hatte einrichten können, bewegte ich mich ungeniert durch den Ort, ohne mich um die Blicke der Leute zu kümmern. Ich hätte mir auch einen ordentlichen Wagen leisten können, aber so was fällt auf, vor allem den Carabinieri, die mich jedes Mal anhielten, wenn sie mich sahen. Die Kontrolle meiner Papiere ergab, dass ich ein gefährlicher Exterrorist war, das war ihr Vorwand, meinen Wagen zu durchsuchen und mich über die Geschäfte meines Chefs auszuquetschen. Sie hofften, Koks bei mir zu finden, das im Blue Sky nur so vom Himmel schneite, aber so blöde war ich nicht. Also musste ich mich mit einem gebrauchten Fiat Panda begnügen. Mit diesem Kleinwagen sah ich aus wie der letzte Laufbursche. Ich tröstete mich mit dem Traum von der dicken Kutsche, die ich mir irgendwann anschaffen würde. Eines Nachmittags im Winter, als ich unter den Arkaden der Ortsmitte bummelte, blieb ich vor dem Schaufenster eines Schuhgeschäfts stehen. Der Inhaber war hemmungslos scharf auf Tänzerinnen und Koks. An der Kasse bemerkte ich eine schöne Vierzigerin, blond, Stupsnase, volle Lippen, blaue Augen. Ich wechselte an ein anderes Schaufenster, um einen besseren Blick auf sie zu haben. Sie trug ein schwarzes, sehr eng geschnittenes Kostüm und schwindelerregend hohe Absätze. Ich ging hinein, um ein Paar Mokassins anzuprobieren, die ich nicht brauchte, und sorgte dafür, dass sie mich bediente. Um ihre Augen spann sich ein Netz aus feinen Fältchen, sie hatte den harten Gesichtsausdruck einer Frau, die sich ihren Wohlstand hatte hart erkämpfen müssen. Ich fand heraus, dass sie Flora hieß. Ich flirtete ein wenig mit ihr und kaufte die Schuhe. An den Tagen darauf ging ich wieder hin, und wenn ihr Mann nicht da war, nutzte ich die Gelegenheit für einen kleinen Plausch. Sie wurde immer abweisender. Eines Morgens sah sie sich um, ob auch wirklich keine Kunden im Laden waren, und sagte mir in klaren Worten, ich solle aufhören, ihr nachzustellen. Sie sprach Dialekt, mit Ausdrücken, so hart wie Ohrfeigen. Ich brummelte irgendwelche Entschuldigungen und ging. Ich wollte sie vergessen, aber Flora ließ meine Gedanken nicht los, im Gegenteil, sie wurde zu einer fixen Idee. Von morgens bis abends dachte ich nur an sie. Eines Nachts kam ihr Mann ins Blue Sky. Er wollte Kokain auf Kredit besorgen. In diesem Augenblick war mir klar, wie ich seine Frau ins Bett bekommen konnte. Ich fing an, ihm reichlich Drogen und Mädchen zu beschaffen, mit dem Versprechen, er könne zahlen, wann immer er wolle. Er ließ sich einwickeln wie der letzte Idiot. Dann eines Tages tauchte ich bei ihm im Geschäft auf. Ich winkte ihn zu mir. Flora war auch da, ich zwinkerte ihr zu.
    »Deine offene Rechnung beläuft sich inzwischen auf zwanzig Millionen. Jetzt geht’s so langsam mal ans Zahlen.«
    Er wurde blass. »So viel habe ich nicht. Du musst dich gedulden.«
    »Ich habe so viel Geduld,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher