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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Der perfekte Dreh
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Dich daran, daß Du mich zu einer Aufführung der ›Heiligen Johanna‹ im Centaur-Theater mitnahmst? Da saß sie, ein paar Reihen vor uns, mit ihren Eltern und einem Studenten im zweiten Universitätsjahr namens Bob Richards. Der Admiral und seine Frau wirkten sehr hart und sittenstreng, jedoch nicht unsympathisch. In der Pause beobachtete ich, wie sie mit ihnen lachte und scherzte, sie hatte sich offensichtlich gut amüsiert. Von der »Heiligen Johanna« sah ich so gut wie nichts, und obwohl ich meinen Blick nicht von Christina abwenden konnte, bemerkte sie mich nicht. Am Ende wünschte ich mir nur noch, oben als Dauphin auf der Bühne zu stehen, denn dann hätte sie zu mir hinaufsehen müssen.
    Als der Vorhang fiel, verließen sie und Bob Richards ihre Eltern und gingen auf den Ausgang zu. Ich folgte den beiden ins Foyer und dann hinaus auf den Parkplatz. Dort sah ich, wie sie in einen Thunderbird einstiegen. Ein Thunderbird! Ich entsinne mich, daß ich dachte, ich würde eines Tages vielleicht in der Lage sein, mir einen Smoking zu leisten, aber einen Thunderbird!
    Von diesem Moment an war sie, ob ich nun trainierte, arbeitete oder schlief, in meinen Gedanken. Ich brachte alles über Bob Richards in Erfahrung, was möglich war, nur um zu entdecken, daß ihn alle, die ihn kannten, mochten.
    Zum ersten Mal in meinem Leben haßte ich es, ein Jude zu sein.
Als ich Christina das nächste Mal sah, fürchtete ich mich vor dem, was passieren könnte. Es war vor dem Start des Meilenlaufs gegen die Universität von Vancouver, und als »Fuchs« hatte ich das Glück gehabt, für das Team der McGillUniversität aufgestellt worden zu sein. Als ich auf die Bahn lief, um mich aufzuwärmen, sah ich, daß sie in der dritten Reihe der Tribüne neben Richards saß. Sie hielten Händchen.
Ich kam, als die Startpistole abgefeuert wurde, als letzter vom Start weg, holte aber, als wir in die Gegengerade einbogen, bis zur fünften Position auf. Es war die größte Menschenmenge, vor der ich je gerannt war, und als ich die Zielgerade erreichte, rechnete ich wieder mit dem »Jude! Jude! Jude!«-Gejohle, aber nichts geschah. Ich überlegte, ob sie vielleicht gar nicht bemerkt hatte, daß ich an dem Lauf teilnähme. Sie hatte es jedoch sehr wohl bemerkt, da ich, als ich aus der Kurve kam, ihre Stimme ganz deutlich »Los, Benjamin, du schaffst es!« rufen hörte.
Ich wollte mich umsehen, um mich zu vergewissern, daß sie es gewesen war; denn erst eine Viertelmeile später würde ich wieder an ihr vorbeikommen. Als es soweit war, war ich schon auf Platz drei und konnte sie deutlich rufen hören: »Los, Benjamin, du schaffst es!«
Sofort übernahm ich die Führung, da ich nichts weiter wollte, als wieder an ihr vorbeizukommen. Ich stürmte vorwärts, ohne darauf zu achten, wer hinter mir war, und als ich zum dritten Mal an ihr vorbeilief, hatte ich vor den anderen einen Vorsprung von mehreren Yards. »Du gewinnst!« rief sie, als ich weiterrannte und beim Einläuten der letzten Runde drei Minuten acht Sekunden unterwegs war, also elf Sekunden schneller als je zuvor in meinem Leben. Ich erinnere mich, wie ich dachte, man müßte in die Trainingshandbücher schreiben, daß die Liebe einen pro Runde zwei bis drei Sekunden schneller werden lasse.
Ich beobachtete sie die ganze Zeit, während ich die Gegengerade entlangrannte, und als ich in die letzte Kurve einbog, erhob sich die Menge von den Sitzplätzen. Ich drehte mich um, um nach ihr zu suchen. Sie hopste auf und nieder und schrie: »Paß auf! Paß auf!«, was ich nicht verstand, bis ich auf der Innenbahn von Vancouvers Nummer Eins überholt wurde, vor dessen Ruf, stark im Endspurt zu sein, der Trainer mich gewarnt hatte. Ich taumelte an zweiter Stelle, wenige Yards hinter ihm, über die Ziellinie, lief aber weiter, bis ich sicher im Umkleideraum anlangte. Allein saß ich vor meinem Spind. Vier Minuten siebzehn, sagte jemand zu mir, also sechs Sekunden schneller, als ich je zuvor gelaufen war. Es hatte nichts genützt. Lange stand ich unter der Dusche und suchte nach einer Begründung dafür, warum sie ihre Einstellung mir gegenüber geändert hatte.
Als ich wieder auf die Bahn hinausging, war nur noch das Platzpersonal da. Ich warf einen letzten Blick auf die Ziellinie und schlenderte dann zur Forsyth-Bibliothek hinüber. Ich fühlte mich außerstande, das übliche Mannschaftstreffen durchzustehen, daher wollte ich versuchen, mich hinzusetzen und einen Aufsatz über die Eigentumsrechte von
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