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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Die chinesische Statue und andere Uberraschungen
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„Glaubst du, daß je Mitglied der British Academy werden
wirst, William?“
„Zu meinem Leidwesen muß ich gestehen: nein, niemals.“ „Es tut mir leid, das zu hören. Warum denn nicht?“ „Weil ich, als man mir die Mitgliedschaft anbot, dem
Vorsitzenden mitgeteilt habe, daß ich lieber warten wolle, bis
ich gleichzeitig mit meiner Frau gewählt würde.“
Manche Gäste von auswärts, die zum erstenmal am
Dozententisch saßen, nahmen diese Wortgefechte ernst; andere
konnten die beiden bloß beneiden um eine solche Liebe. Einer der Fellows behauptete lieblos, daß William und
Philippa ihre Rollen probten, bevor sie sich zum Abendessen
begaben, aus Angst, man könnte glauben, sie kämen zu gut
miteinander aus. Schon als junge Dons wurden sie als
Kapazitäten in ihrem Fach anerkannt. Wie Magneten zogen sie
die begabtesten Studenten an, während sie selbst scheinbar
durch Welten getrennt blieben.
„Dr. Hatchard wird die Hälfte dieser Vorlesungen halten“,
kündigte Philippa zu Beginn des Herbstsemesters ihre
gemeinsame Vorlesung über die Artus-Sage an. „Doch ich
kann Ihnen jetzt schon versichern, daß es nicht die bessere
Hälfte sein wird. Sie wären gut beraten, immer nachzusehen,
welcher Dr. Hatchard gerade an der Reihe ist.“
Als Philippa eingeladen wurde, eine Reihe von Vorlesungen
in Yale zu halten, ließ William sich für ein Jahr freistellen, um
sie begleiten zu können. Während der Überfahrt über den
Atlantik sagte Philippa:
„Wir können nur froh sein, daß wir mit dem Schiff fahren,
mein Lieber, so kann uns wenigstens nicht das Benzin
ausgehen.“
„Danken wir Gott lieber“, antwortete William, „daß das
Schiff Maschinen hat, denn du würdest selbst der Cunard Line
den Wind aus den Segeln nehmen.“
Der einzige Kummer in ihrem Leben war, daß Philippe
William keine Kinder schenken konnte, doch schloß dieser
Umstand die beiden womöglich noch enger zusammen.
Philippa überhäufte ersatzweise die ihr persönlich zugeteilten Studenten mit mütterlicher Liebe und gestattete sich bloß den lapidaren Kommentar, daß es ihr so zumindest erspart bleibe, womöglich ein Kind mit Williams Aussehen und Williams
Verstand in die Welt zu setzen.
Bei Kriegsausbruch war es nicht zu vermeiden, daß Williams
Fachwissen im Umgang mit Wörtern zur Dechiffrierung von
Codes herangezogen wurde. Er wurde von einem anonymen
Herrn angeworben, der, die Aktenmappe ans Handgelenk
gekettet, das Paar zu Hause aufsuchte. Philippa horchte
schamlos am Schlüsselloch, während die beiden verschiedene
Probleme diskutierten, auf die sie gestoßen waren. Dann
stürzte sie ins Zimmer und forderte, ebenfalls mitmachen zu
dürfen.
„Sind Sie sich im klaren darüber, daß ich zum Lösen des
Kreuzworträtsels in der Times nur halb soviel Zeit brauche wie
mein Mann?“
Der Unbekannte dankte Gott, daß er nicht an Philippa
gekettet war. Er kommandierte sie beide zur Admiralität ab,
wo sie sich mit chiffrierten Funksprüchen an deutsche U-Boote
und mit deren Antworten befassen sollten.
Der deutsche Mastercode war ein Vier-Buchstaben-Code,
und jede Nachricht wurde wiederverschlüsselt, wobei das
Substitutionsalphabet täglich verändert wurde. William lehrte
Philippa, wie man die Buchstabenhäufigkeit berechnet. Sie
wandte ihr neu erworbenes Wissen auf moderne deutsche
Texte an und entwickelte eine Frequenzanalyse, die bald von
jeder Dechiffrierungsabteilung innerhalb des Commonwealth
angewendet wurde.
Dennoch bedeutete das Entschlüsseln und Erstellen des
Mastercodes eine kolossale Aufgabe, an der sie fast zwei Jahre
arbeiteten.
„Ich hätte nie gedacht, daß deine Wenns und Abers so
informativ sein könnten“, sagte Philippa bewundernd über ihre
eigene Arbeit.
Als die Alliierten Europa besetzten, brachten die Eheleute es
oft fertig, aufgrund von nicht mehr als einem halben Dutzend
Zeilen den Code eines verschlüsselten Textes zu knacken. „Eine ungebildete Bande ist das“, brummte William. „Sie
chiffrieren ihre Umlaute nicht. Sie verdienen es,
mißverstanden zu werden.“
„Wie kannst du überhaupt mitreden, der du nie Punkte auf
deine i’s machst, William?“
„Weil ich den i-Punkt für überflüssig halte und noch zu
erreichen hoffe, daß er aus der englischen Sprache
verschwindet.“
„Wenn das dein Hauptbeitrag zum wissenschaftlichen
Fortschritt sein soll, William, dann frage ich mich nur, wie
jemand bei der Lektüre der meisten Arbeiten unserer CollegeStudenten imstande sein soll, ein i von einem l
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