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Arcanum – Das Geheimnis

Arcanum – Das Geheimnis

Titel: Arcanum – Das Geheimnis
Autoren: Andreas Geist
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mitbrachten, töteten neunzig Prozent der einheimischen Bevölkerung.
    Zu der Zeit, die ihr bestimmt war, trat die goldene Scheibe ihre letzte Reise an. Sie würde den Gegenstand finden, der nach dem Untergang der Völker der Neuen Welt nun das Ende der Alten Welt besiegeln sollte.

2.
     
    … denn es sind Geister von Dämonen, die Zeichen tun, die ausziehen zu den Königen des ganzen Erdkreises, sie zu versammeln zum Krieg des großen Tages Gottes, des Allmächtigen. Und er versammelte sie an den Ort, der auf Hebräisch Harmagedon heißt.
    (Offenbahrung des Johannes 16 Vers 14-16)
     
    Leo unternahm einen langen Spaziergang durch die Gärten. Er hatte seine Leibwache freundlich aber bestimmt in seine Gemächer zurückgeschickt, denn er wollte die frühe Stunde des Tages in Stille genießen und nicht durch das monotone Klirren eines Kettenhemdes oder das Scheuern von Rüstungsscharnieren gestört werden.
    Die Sonne war noch nicht aufgegangen an diesem Herbstmorgen des ersten Oktobers im Jahre des Herrn 1049 und Leo fröstelte, denn die Kälte kam ungewöhnlich früh in diesem Jahr. Er hatte den fürchterlichen Gestank der heißen Sommertage noch in der Nase, den auch die hohen Mauern nicht abhalten, und die tropischen Blüten mit ihren exotischen Düften nicht bezwingen konnten.
    Rom war im Sommer wie im Winter eine gigantische Kloake mit dem feinen Unterschied, dass man es im Winter sah und im Sommer sowohl sah als auch weithin riechen konnte. Leo war nun siebenundvierzig Jahre alt. Seine Augen ließen nach und er beabsichtigte auf der Reise, die ihn über die Alpen zu seinem Onkel Adalbert führen würde, auf dem Altitone haltzumachen, wo er dem Grab seiner Ahnin, der heiligen Odilie, einen Besuch abstatten und um den Erhalt seiner Sehkraft bitten würde. Man hatte ihn gebeten, die neu errichtete Kirche einzuweihen, sodass seine Reise eine zusätzliche, willkommene Rechtfertigung erfuhr. Leo hatte erfahren, dass das Kloster auf dem Altitone ein uraltes Geheimnis hütete, das mit der Geschichte Hirsaus untrennbar in Verbindung stand, und der Zweck der Reise war, diesem Geheimnis auf den Grund zu gehen.
    Das Licht der Welt hatte Leo als Bruno von Egisheim in einem kleinen Ort im Elsass erblickt, in dem sein Vater, Graf Hugo, schon frühzeitig erkannte, dass man Gestank mit reichlich Wasser bekämpfen konnte. Er hatte so einen Ort geschaffen, der auch im Hochsommer nach frisch gemähtem Gras, Kräutern und Sommerblumen duftete. Leo vermisste die glücklichen Tage seiner Kindheit, die ihm trotz der strengen Erziehung, die ihn auf das Amt, das er jetzt innehatte, schon frühzeitig vorbereitete, als unbeschwert und heiter in Erinnerung blieben.
    Odilie war eine ungewöhnliche Frau gewesen, und obwohl er ein ungleich höheres Amt bekleidete, beschämte ihn das, was sie in ihrer Bescheidenheit erreicht hatte. Das Ziel seines Lebens war immer Heiligkeit, nicht der Heilige Stuhl gewesen, und je älter er wurde, desto mehr befürchtete er, dass das eine nicht mit dem anderen zu vereinbaren war. Mit vierundzwanzig Jahren trug er zum ersten Mal Schuhe, die ihm zu groß waren: Er wurde Bischof von Toul.
    Nun trug er die Schuhe des Menschenfischers, die ihm so groß erschienen, dass er glaubte, in ihnen letztendlich straucheln und stürzen zu müssen. Er war nicht Leo, der Löwe, sondern ein schmächtiger David, der den Goliath einer verkommenen Geistlichkeit bezwingen wollte, in der Simonie und Priesterehen stillschweigend geduldet wurden, wenn römische Prälaten nicht selbst aktiv daran beteiligt waren. Der Kaiser hatte ihn in Worms unter Beisein einer römischen Delegation bei seinem Hoftag zu seinem Wunschkandidaten erklärt. Er war überrascht gewesen, doch schließlich wurde ihm klar, dass ihn Heinrich seit seiner Geburt mit seinen raffinierten Schachzügen genau dorthin gelenkt hatte, wo er ihn haben wollte. Somit war auch er ein Opfer jenes Simon Magus geworden, den er jetzt mit aller Härte bekämpfte. Die Apostelgeschichte berichtete von ihm als einem Magier aus Samaria, der sich einer großen Anhängerschaft erfreute, welche in ihm Gott am Werk sah.
    Er lies sich von Philippus taufen und war fasziniert von den Wundern, die die Apostel wirkten. Simon Magus bot ihnen Gold an für das Geheimnis ihrer Fähigkeiten und schuf damit den Inbegriff jener Schacherei, die so alt war wie die Kirche selbst.
    Simonie war das unerbittliche Bestreben der Mächtigen dieser Welt geworden, hohe Ämter in einer Kirche zu kaufen, die
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