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Arcanum – Das Geheimnis

Arcanum – Das Geheimnis

Titel: Arcanum – Das Geheimnis
Autoren: Andreas Geist
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Acatl fuhr fort, „genau dies werde ich tun, denn ich weiß nun sicher, dass sonst am Ende der langen Zählung das Zeitalter der Finsternis beginnt. Ich muss eine Nachricht an Menschen in einem uns unbekannten Land in eine noch ungeschehene Zeit schicken, um dieses Schicksal für uns alle abzuwenden.“
    Er zeigte ihr die goldene Scheibe, graviert mit seinem Wissen aus den nächtlichen Visionen, die er auf seine Reise über das Meer mitnehmen wollte, damit ein Priester wie er am Ende der Welt zum Ende der Zeit seine Aufgabe vollenden könnte.
    Er drückte Vor- und Rückseite der Scheibe in den feuchten Lehm in einem Holzkasten und übergab diesen Kolibrifeder.
    Acatl erzählte vom Lauf der Sterne und Planeten. Darüber, dass Kometen nach vielen Generationen erneut am Himmel erschienen und nur die höchsten Priester der Tolteken in der Lage waren, dies auf die Stunde der Nacht genau vorher zu sagen. Wenn diese Wiederkunft durch ein Ereignis um den Bruchteil eines Kin verzögert werde, dann ändere sich der Lauf aller Dinge bis ans Ende der Zeit.
    Seine goldene Scheibe würde ein solches Ereignis auslösen, und er hoffe, dass dies genüge, um die Welt über 4ahau hinüber zu retten, damit eine neue Zählung und ein neues Äon des Lichts beginnen könne. Dieses so exakt auszuführen, dass die erforderlichen Bahnänderungen der Gestirne stattfänden, sei für einen Menschen nahezu unmöglich.
    Falls es ihm aber gelingen sollte, dann werde es ein Ereignis in der Zukunft geben, das dies bestätige.
    An 4Oc , dem Tag 11.14.19.2.10, würden Schiffe mit großen weißen Segeln die Küste bei Ulua erreichen, deren Heimathafen jenseits des großen Meeres liege. Sie könnten Ulua nur finden, wenn sie die Botschaft der Scheibe entschlüsselt hätten.
    Acatl schaute Kolibrifeder auf gleicher Höhe in die Augen, was bedeutete, dass er sie gleichberechtigt neben sich sah.
    „Es werden aus den Bäuchen der Schiffe bleiche, grausame Männer im Namen eines fremden Gottes steigen, die unser Volk und alle Völker von Tulum bis Tenochtitlan wie Vieh behandeln und abschlachten werden. Mit ihnen werden Seuchen über uns kommen, die nur einer von zehn überlebt. Der Tod vieler wird aber die Rettung der anderen bedeuten. Deshalb musst Du die nachfolgenden Generationen anweisen, jene zu ehren, die das Verderben über Euch bringen. Es ist das unabwendbare Opfer für die Rettung der Welt. Wirst Du das für mich tun, Kolibrifeder?“, schloss Acatl seine Erzählung über das, was ihm selbst offenbart worden war.
    Kolibrifeder senkte den Blick und antwortete nach langem Schweigen:
    „So wie Du es sagst, soll es geschehen.“
    Acatl verließ sein Zelt, als der nahe Morgen den Himmel über dem Meer in ein dunkles Blau tauchte. Er war geschwächt von der Wirkung der Droge, doch er hatte auf seiner Traumreise alles erfahren, was er wissen musste. Er wandte sich nach Osten und schloss die Augen vor der Sonne, die sich nun rasch als roter Ball vom Horizont löste und in den opalblauen Himmel eintauchte. Durch die geschlossenen Lieder spürte er die Wärme, die die Steifigkeit der kühlen Nacht aus seinen Gliedern vertrieb.
    Tautropfen glänzten auf den blassgrünen Nadeln der kleinwüchsigen Kiefern, die mit dem knappen Angebot an Wasser die langen Dürreperioden überdauern mussten. Sie duckten sich vor der kraftvollen Brise, die unablässig vom Wasser her wehte und so typisch war für dieses Meer, dessen gegenüberliegende Ufer vielleicht in einer jenseitigen Welt lagen und noch nie von einem Menschen seiner Welt betreten worden waren.
    Die geschlossenen Augen schärften seine Sinne. Er roch den Fisch und anderes Getier des Meeres, vermischt mit einem Hauch von wildem Thymian und dem aromatischen Harzgeruch der Kiefern, die bis an den sandigen Strand hinunter reichten. Die Palmen, deren Stämme sich himmelwärts gebogen weit über das Wasser hinausreckten, wiegten sich im Wind, und das Rauschen der großen Blätter weckte in ihm die Erinnerung an den Geschmack frischer Kokosnüsse.
    Tulum war ein heiliger Ort. Die Erbauer der Tempel und Pyramiden hatten der Ehrfurcht vor den blutrünstigen Göttern ein ewiges Denkmal aus Stein gesetzt.
    Acatl konnte sich der Wirkung der einschüchternden Architektur nicht entziehen.
    In seine Erinnerung strömten fröhliche Kinderstimmen, die sich in der vor Hitze flirrenden Luft mit den panischen Schreien der Sklaven vermischten.
    Er meinte noch einmal ein kleiner Junge zu sein und die zwei besudelten Tempeldiener
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