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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche
Autoren: Michael Innes
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auch in Australien Anerkennenswertes gefunden.«
Miss Curricle sagte es mit einiger Schärfe, so als wolle sie ausdrücklich betonen,
daß sie es war, die die Unterhaltung auf gepflegtere Bahnen zurückbrachte. »Da
war zum Beispiel – lassen Sie mich überlegen – ja, da war zum Beispiel ein Zoo.
Irgendwo – in Sydney, glaube ich, oder vielleicht war es auch Melbourne – gab
es einen hübschen Zoo. Einen ausgezeichneten Zoo, möchte ich fast sagen. Nur
daß einige der Tiere arg mager aussahen.«
    Der stille junge Mann hatte den Eindruck, daß Mrs.   Kittery
allmählich auf ihrem Barhocker unruhig wurde. Aber vielleicht waren das auch
nur die ersten Anzeichen, daß sie gleich ein weiteres Glas Limonade bestellen
würde. Oder … Der Militär hatte die Times beiseite
gelegt und studierte nun etwas in einer Zeitschrift. Er sah Mrs.   Kittery an.
»Lustiger Bär aus den Kolonien, fünf Buchstaben«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    »Lustiger Bär aus den Kolonien, fünf Buchstaben. Fängt mit K an.«
    »Koala. So ein Blödsinn.« Mrs.   Kittery stieg von ihrem Barhocker.
    »Blödsinn?«
    »Einen Koala einen lustigen Bären aus den Kolonien zu nennen. Das
ist blödsinnig und dumm.«
    Mrs.   Kittery sprach wie jemand, der plötzlich weiß, daß er nicht
mehr länger schweigen darf. Es fehlte nicht viel zum Eklat. Alle starrten sie
überrascht an, verständnislos.
    »Wir haben auch keine verhungerten Tiere in unseren Zoos. Wir essen
keine Seife und tun nicht, als seien wir Neuseeland. Wir …«
    Mr.   Hoppo breitete mit professioneller Geste die Arme.
    »Harmloses Geplänkel, meine liebe Mrs.   Kittery«, sagte er. »Ein
schwüler Vormittag, das ewige Gleichmaß der Reise – und schon wird ein
wenig gelästert. Colonel Glover wollte nur …«
    »Dummes Zeug!« Der Militär hatte seine Zeitschrift niedergeworfen – »und seien Sie so freundlich, Sir, und lassen Sie mich für mich selbst
sprechen. Geplänkel, daß ich nicht lache! Reden Sie doch nicht um den Brei
herum. Wenn die junge Dame die Wortwahl anstößig findet, dann soll sie es
sagen. Kann mich erinnern, daß mal jemand einen prachtvollen Retriever, den ich
hatte, einen lieben kleinen Kerl genannt hat. Kommt einem die Galle hoch. Und
Sie, Sir, sparen sich Ihr Colonel-Glover-wollte-doch-nur.«
    Mr.   Hoppo richtete sich in seinem Liegestuhl auf. »Ich habe
lediglich …«
    »Pah!« schnaubte Colonel Glover.
    Miss Curricle nahm ihr Buch unter den Arm und erhob sich.
    »Ich kann mich nur zurückziehen. Man sollte nicht glauben, daß
englische Gentlemen …«
    »Papperlapapp!« riefen Mr.   Hoppo und Colonel Glover wie aus einem
Munde.
    »Ich muß schon sagen, ich finde Sie allesamt abstrus!« sagte Mrs.   Kittery.
    »Abstrus!« brüllte Mr.   Hoppo plötzlich. »Waren Sie es denn nicht,
Madam, Sie und Ihr Bär, die überhaupt erst …«
    »Mäßigen Sie Ihre Stimme, Sir«, mahnte Colonel Glover; »mäßigen Sie
Ihre Stimme in der Gegenwart von Damen.«
    »Sir«, erwiderte Mr.   Hoppo, »heben Sie sich Ihre Ermahnungen für den
Exerzierplatz auf.«
    »Empörend!« sagte Miss Curricle ein wenig schrill. »Em- pö -rend!«
    Der stille junge Mann stieß einen leisen, doch – hatte es den
Anschein – seltsam wirkungsvollen Seufzer aus. Denn einen Moment lang herrschte
Schweigen. Und in dieses Schweigen hinein meldete sich von der Tür her eine
neue Stimme.
    »Man darf eintreten?« fragte sie.
    Die Stimme des Schwarzen. Was die Sache erst recht peinlich machte – wie ein Streit vor den Ohren der Dienerschaft. Und noch mit gewissen
Imponderabilien dazu, denn dieser Schwarze war kein Diener; ja, er betrug sich
wie ein Souverän von größter Macht. Bei einem Inder wäre es einfacher gewesen. Bei
Indern kannte Colonel Glover sich aus, er wußte, wie man sie jeweils an einem
bestimmten Ort zu behandeln hatte – und das war ja schließlich alles, was man
wissen mußte. Colonel Glover hatte schon häufiger Leuten erklärt, daß ein und
derselbe Inder jeweils nicht ganz derselbe Inder war, je nachdem, wo man
ihn traf: in der Kolonialverwaltung, in einem Gliedstaat, auf einem Schiff von
England nach Indien, auf einem Schiff von Indien nach England oder – wie in
diesem Falle – auf einem Schiff, das weder von noch nach Indien fuhr. Doch bei
diesem Schwarzen, das hatte Colonel Glover schon eingestanden, da kannte er
sich nicht aus; Asiaten und Anglo-Inder, hatte er gesagt, waren schließlich
schon ein recht weites Feld, und da konnte man nicht erwarten,
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