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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults
Autoren: Michael Moritz
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auszubalancieren.
    Was dann geschah, könnte fast einer viktorianischen Romanze aus dem 19. Jahrhundert entstammen: Als Jobs Wind von Apples Interesse an der Übernahme von Be bekam – eines Unternehmens, das ein ehemaliger Apple-Manager gegründet hatte –, überzeugte er Amelio davon, dass er besser beraten wäre, NeXT zu kaufen und dessen Expertise auf dem Gebiet des Betriebssystems UNIX als Software-Fundament für Apples Zukunft zu nutzen. Amelio entschied sich für NeXT, kaufte das Unternehmen für 430 Millionen Dollar in bar, gab Jobs 1,5 Millionen Aktien und stellte sich damit unwissentlich selbst ein Ausreisevisum aus. Es folgte eine heikle Periode, in der Jobs versicherte, er interessiere sich nur dafür, Amelio zu beraten und sich um Pixar zu kümmern. Was er wirklich von Amelio hielt, zeigte sich daran, dass er alle kürzlich erhaltenen Apple-Aktien bis auf eine wieder verkaufte. Weniger als drei Monate, nachdem NeXT zu einem Teil von Apple geworden war, wurde Amelio von Jobs ersetzt, der Interims-Vorstandsvorsitzender wurde. Dies sorgte für Getuschel und Schlagzeilen, die sich wie Todesanzeigen anhörten: „Wie konnte es zu diesem Chaos kommen? Die unsägliche Geschichte von Apples Untergang“ und „Bis ins Mark verfault“ waren nur zwei von vielen Botschaften, mit denen die Titelseiten der landesweiten Zeitschriften gepflastert waren. Michael Dell, der damals zu den Lieblingen der PC-Branche gehörte, stellte im Herbst 1997 eine rhetorische Frage zum Thema Apple: „Was würde ich tun? Ich würde dichtmachen und den Aktionären ihr Geld zurückgeben.“
    Die Jahre in der Wildnis hatten Steve Jobs abgehärtet. Sein Kampf mit NeXT hatte ihn gelehrt, mit widrigen Umständen klarzukommen, und bei Pixar hatte er in der Animationsbranche Erfahrung als Chef des technisch fortgeschrittensten kreativen Unternehmens der Welt gesammelt. Das Unternehmen Apple, das er im Herbst 1997 erbte, hatte seinen kreativen Reiz und seine Führungsposition in der Technologiebranche verloren. Ihm war fast das Geld ausgegangen, es gelang ihm nicht, junge, exzellente Ingenieure zu gewinnen und es hatte nichts Kreatives in der Pipeline. Jobs war unromantisch. Die MarketingAbteilung, erpicht darauf, unbedingt einen Wechsel zum Besseren anzukündigen, wollte eine Anzeige schalten, in der es hieß: „Wir sind wieder da!“ Jobs wollte nichts davon wissen.
    Stattdessen startete er eine Anzeigenkampagne unter dem Motto „Think different“ mit einer Reihe Schwarz-Weiß-Fotos bemerkenswerter Persönlichkeiten. Dabei wurden zwar auch ein paar bilderstürmerische Geschäftsleute präsentiert, aber die künstlerischen und kreativen Personen waren deutlich in der Überzahl. Dazu gehörten Musiker (Bob Dylan, Maria Callas und Louis Armstrong), bildende Künstler (Picasso und Dalí), ein Architekt (Frank Lloyd Wright), charismatische Führer (Mahatma Gandhi und Martin Luther King), Naturwissenschaftler (Einstein und Edison), Filmemacher (Jim Henson), Tänzerinnen (Martha Graham) und eine Abenteurerin (Amelia Earhart). Diese Kampagne war ein Schlachtruf, aber auch der klare Ausdruck der künstlerischen, sinnlichen, romantischen, mystischen, wissbegierigen, verführerischen, asketischen und theatralischen Seite von Jobs – Adjektive, die man normalerweise nicht mit dem Chef eines Technologieunternehmens verbindet. Und diese Attribute fanden sich schließlich auch in den Apple-Produkten wieder, die Jobs zu begehrten Objekten machte.
    Diese Werbekampagne war einfach und direkt, was womöglich innerhalb des Unternehmens von größerer Wichtigkeit war als außerhalb. Sie drückte in einfachen Begriffen aus, dass es sich das Unternehmen nicht leisten konnte, andere nachzuahmen, sondern dass es sich seinen eigenen Weg bahnen musste. Jobs zwang das Unternehmen auch, anders zu handeln. Er reduzierte Kosten, setzte beträchtliche Entlassungen durch und schaffte komplette Produktlinien ab, die er für wertlos, undifferenziert oder fade hielt, zum Beispiel die Drucker und den Newton. Er stoppte die Lizenzierung des Macintosh-Betriebssystems an andere Hersteller, schränkte den Vertrieb von Apple-Produkten auf die treuesten Händler ein, installierte fünf NeXT-Manager als Säulen seiner Führungsmannschaft – behielt aber Fred Anderson als Finanzvorstand –, warf den größten Teil des diskreditierten Verwaltungsrats über Bord und holte dafür praxisorientierte, hartgesottene Leute, denen er vertraute. Er organisierte eine Investition in Höhe
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