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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults
Autoren: Michael Moritz
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Ausgangspunkt waren nicht aufwendige Forschungen, Fokusgruppen oder die Übernahme eines anderen Unternehmens, das ein heißes Produkt hatte. Es fing damit an, dass ein paar Leute versuchten, ein Produkt zu gestalten, das sie selbst gerne benutzen würden und auf dessen Besitz sie stolz wären. Wie bei so vielen früheren Produkten, die unter der Leitung von Jobs ersonnen wurden, musste auch in diesem Fall ein genauer Blick auf die Mängel existierender Produkte geworfen werden. Ideen von anderen mussten übernommen und in ein Produkt gegossen werden, das im Jahr 2007 nur von Apple kommen konnte. Die Vorstellung, mit Apple verbunden zu sein, war dermaßen verlockend und romantisch, dass die Unternehmensführung von AT&T einen Vertrag mit drakonischen Bedingungen über den US-Exklusivvertrieb unterzeichnete, ohne einen gründlichen Blick auf das Produkt geworfen zu haben. In Anzeigen, Werbespots und Presseberichten wurde in Bezug auf das iPhone und andere Apple-Produkte zwar häufig das Wort „revolutionär“ verwendet, aber eigentlich waren sie evolutionär – exquisite Verfeinerungen der halbfertigen Ideen und der vor Kompromissen und Mängeln strotzenden Produkte, die andere Unternehmen voreilig in die Regale gestellt hatten.
    Das iPhone erschien einfach. Es zündete sofort. Es steckte in einem Gehäuse, das weniger als zwölf Millimeter dick war, und konnte an jedes Gerät – vom Supercomputer bis zum Rauchmelder – angeschlossen werden, das mit dem Internet verbunden war. Aber Einfachheit, insbesondere elegante Einfachheit, ist eine trügerische und schwierige Sache. Die maßgebliche Leistung von Jobs, für die es kaum oder gar keine Vorläufer gibt, besteht darin, dass ein Technologieunternehmen mit Zehntausenden Mitarbeitern Millionen enorm komplizierter, aber doch herausragender Produkte herstellen und verkaufen konnte, die leistungsfähig und zuverlässig waren, aber gleichzeitig eine gewisse Leichtigkeit des Seins vermittelten. Das ist der Triumph von Apple. Dass sich eine Person ausdrückt – Matisse in einer Linie, Henry Moore in einer Form, W. H. Auden in einem Satz, Copland in einem Takt und Chanel in einem Schnitt –, ist die eine Sache. Es ist aber eine ganz andere Sache, den Keim einer Idee zu entwickeln, zu verfeinern, umzuformen, zu verschmelzen, abzustimmen, zu verändern und immer und immer wieder zu verwerfen, bis sie als perfekt genug gelten kann, sie millionenfach zu reproduzieren. Auch ist es eine andere Sache, die Tausenden von Menschen auf der ganzen Welt, die man braucht, um etwas zu produzieren, das man in Jacken- und Handtaschen steckt, das man in ein Computergehäuse packt, das auf einem Schoß oder auf einem Schreibtisch steht, zu lenken, zu umschmeicheln, anzustoßen, anzustacheln, zu beschwatzen, zu inspirieren, zu beschimpfen, zu organisieren und zu loben.
    Das iPhone wurde in mancher Hinsicht eine Rückkehr zu den Anfangstagen von Apple und der Art, wie Softwareentwickler auf der ganzen Welt dazu angespornt worden waren, Programme für den Apple II zu schreiben. Das iPhone entfachte in einer Art und Weise explosionsartig das Interesse von Programmierern in aller Welt, die es nicht mehr gegeben hatte, seit Microsoft ein Heer von Softwaresöldnern aufgebaut hatte, das sich um seine Betriebssysteme DOS und Windows scharte. Und so kann man heutzutage in Apples AppStore mit einer Fingerbewegung Zigtausende Anwendungen kaufen, die von lebensrettend bis belanglos reichen.
    Die Absatzzahlen von Apples Macintosh-Computern werden heute von Produkten überflügelt, die man sich um die Jahrhundertwende nicht einmal vorstellen, geschweige denn konzipieren konnte. Die Popularität von iPod und iPhone sowie die Erreichbarkeit der Einzelhandelsgeschäfte von Apple frischen den Absatz der Macintosh-Computer auf. Dazu tragen auch die Umstellung auf Mikroprozessoren von Intel und die ständige Verbesserung des Betriebssystems bei, das sich den Ruf erworben hat, stabiler und sicherer zu sein als Windows. Das Gesamtergebnis ist ein außerordentliches und legt Zeugnis von dem wohl kreativsten Industrie-Turnaround in der Geschichte Amerikas ab. Am Ende des Jahrzehnts, in dem Jobs Apple leitete – einer Ära, in der sich das Wachstum der PC-Industrie auf Fußgängertempo verlangsamt hatte –, stieg der Umsatz des Unternehmens von sechs auf 32,5 Milliarden Dollar und der Aktienkurs hatte sich auf dem Höhepunkt vervierzigfacht.
    In einer Zeit, in der so vieles fingiert war, in der so viele Imperien
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