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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel
Autoren: Mary Stanton
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absolut skandalös war. Petru hatte die Berufungsschrift erst vorgestern eingereicht. Sie musste mit irgendjemandem über die zeitliche Planung sprechen. So etwas verschaffte Beazley und Caldecott einen äußerst ungerechten Vorteil. Ihr war nicht mehr viel von Einsteins Theorie, die Zeit sei die vierte Dimension, in Erinnerung geblieben, doch der Himmlische Gerichtshof befand sich im sechsten Stock des fünfstöckigen Gerichtsgebäudes von Chatham County – also nicht so weit entfernt, dass sich daraus ein bedeutsamer Unterschied zwischen dem Verstreichen der Zeit auf himmlischer und dem auf irdischer Ebene hätte ergeben können. Sie musste Goldstein fragen, ob es möglich war, ein Gesuch einzureichen, um einen Tag nicht mehr vierundzwanzig Stunden, sondern Monate dauern zu lassen.
    »Du bist doch todmüde. Was immer du vorhaben magst, es ließe sich sicher besser erledigen, wenn du erst mal ein bisschen schläfst.«
    »Keine Zeit«, sagte Bree, »überhaupt keine Zeit.« Sie sah auf ihre Armbanduhr. Zehn Uhr. Ihr blieben also weniger als vier Stunden, um genug Beweismaterial zusammenzubekommen, damit das Urteil gegen Probert Chandler aufgehoben wurde.
    Sie hatte noch eine letzte Chance.
    Sie rief Chad Martinelli bei Marlowe’s an. Und als er gefunden hatte, was sie brauchte, holte sie es im Geschäft ab. Dann rief sie Hunter an.
     
    Der Betonmischer, der vor dem Forschungszentrum von Marlowe’s gestanden hatte, war verschwunden, der Betonboden wirkte glatt und trocken. Es war ein sonniger Tag, für den November ungewöhnlich warm. Manny und Gustavo warteten, wie sie versprochen hatten, neben dem Sockel der Firmenskulptur auf sie. Manny hatte die Unterarme auf den Griff des Presslufthammers gelegt.
    »Hey«, sagte Bree, als sie auf die beiden zutrat.
    »Haben Sie den Vollzugsbefehl?«, fragte Manny sofort. »Sie kennen diese Leute nicht, Miz Beaufort.« Er machte eine Geste in Richtung Gebäude. »Ich hab mich ein bisschen umgehört. Die haben ziemlichen Einfluss in der Stadt, auch wenn sie es nicht an die große Glocke hängen. Ich will keinen Ärger bekommen.«
    Bree stellte ihre Aktentasche auf den Betonboden und holte das Dokument heraus, das einen offiziellen Eindruck machte und notariell beglaubigt worden war. Neben dem Stempel des Notars stand Rons Unterschrift. Die Unterschrift des Richters sah sie sich nicht allzu genau an; möglicherweise lautete sie Alvarez – das war ein Richter beim hiesigen Landgericht –, vielleicht aber auch Azrael. So genau wollte sie es gar nicht wissen. »Hier ist er, Manny. Ich danke Ihnen. Und die Bürger von Chatham County werden Ihnen ebenfalls danken.«
    Das schien Manny zu freuen. »So«, sagte er, »wo sollen wir denn nun bohren?«
    Bree schritt den Betonboden um die Skulptur ab. Der Durchmesser des Kreises betrug etwa sechs Meter, der Umfang natürlich mehr als drei Mal so viel. Der Beton war glatt und wies keinerlei Spuren auf. Sie schritt den Kreis erneut ab, während Manny und Gustavo geduldig warteten. An den Bürofenstern im ersten und zweiten Stock tauchten Gesichter auf. Bree umrundete die Fläche ein weiteres Mal. Dann blieb sie stehen, stützte das Kinn in die Hand und dachte nach. In der anderen Hand hielt sie den Vollzugsbefehl.
    Die gläserne Eingangstür des Gebäudes flog auf. Als Erster kam ein Wachmann heraus, dem John Allen Lindquist auf den Fersen folgte. Lindquist war bleich vor Wut. Er packte Bree beim Oberarm und schüttelte diesen. »Was zum Teufel haben Sie hier vor?«
    Bree beobachtete seine Augen. Sein Blick schoss kurz nach links. Bree sah Manny an und zeigte auf eine bestimmte Stelle. »Hier«, sagte sie. Und während der Lärm des Presslufthammers die Luft zerriss, beugte sie sich vor und sagte Lindquist ins Ohr: »Sie, Chandler und Hansen haben an der Universität von Oregon zusammen Chemie studiert. Später gründete Probert Marlowe’s und nahm Sie mit. Hansen jedoch war ruiniert und verführte Ihre Schwester. Jahrelang haben Sie sie – und Ihren eigenen Job – geschützt, indem Sie Hansen Medikamente aus dem Lager und auch Geld zukommen ließen, damit er Probert nicht erzählte, dass Lindsey nicht sein Kind ist. Als Probert es dennoch herausfand, haben Sie ihn getötet. Um sich zu schützen. Um Ihre Schwester zu schützen. Lindsey hingegen war Ihnen völlig egal.«
    Sie holte den Kassenzettel aus der Aktentasche. Er steckte in einem Plastikbeutel.
    »Ihr logistisches System ist perfekt. Man kann in diesem Geschäft
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