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Antiheld (German Edition)

Antiheld (German Edition)

Titel: Antiheld (German Edition)
Autoren: Stiff Chainey
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ein paar Minuten einfach nur so da und starren vor uns hin. Durch das geöffnete Fenster hört man Kinderschreie. Wir befinden uns in einer Soap Opera, und dies ist die letzte Folge.
    Ich bin ein B-Movie, genau genommen bin ich der Trailer eines B-Movie. Schlecht produziert, mit brüchigem Plot und dümmlichen Dialogen. Low Budget . Ich fühle mich nur in der Gesellschaft von noch schlechteren Machwerken wohl. Ich bin Exploitation pur. Ich bin ein Kannibalenfilm. Direct-to-Video . Ich bin ein Mindfuck , den niemand versteht. Ich bin ein abgestumpfter Slasher. Ein Gewaltporno. Ich bin hier, weil jemand mein Script versaut hat. Jetzt spiele ich den Scriptdoctor.
    Ich nehme ihre Hand und betrachte die Furchen und Linien, spiele gedankenverloren mit den Fingern. Für einen kurzen Moment treffen sich unsere Blicke, und der Wahn gerinnt zu einem Block unterhalb meines Herzens. Endlich werde ich zu dem Protagonisten, der den finalen Akt vollbringen wird.
    Ich betrachte noch einmal ihre Augen, dann ziehe ich den Seidenschal um ihre Kehle; sie wehrt sich nicht. Ihr Körper vibriert, als der letzte Sauerstoff aus den Lungen entweicht. Sie sinkt leblos auf das Bett.
    Sonnenstrahlen fallen durch das Fenster und zeichnen ein symmetrisches Muster auf den Boden. Ich ziehe sie ganz langsam aus. Meine Finger berühren die nackte Haut und fangen die sich verflüchtigende Wärme auf. Es fließt kaum Blut, als ich die Glaskörper herauspule.
    Ich ficke sie und sehe dabei in ihr entstelltes Gesicht. Endlich besitzt es Charakter. So werde ich sie in Erinnerung behalten. Dann spritze ich in ihre leeren Augenhöhlen.

    Die Mutter sitzt in der Küche und klammert sich an einer Tasse fest. Ich schlage ihren mächtigen Kopf auf die Tischkante. Knochensplitter lösen sich aus ihrem Nasenbein und bleiben in ihren Wangen stecken.
    Ich lege alles in die Performance. Mit einem ausgeklügelten Spezialeffekt fließt Blut und Hirnmasse aus dem zertrümmerten Gesicht und schimmert prächtig. Sie sinkt zu Boden. Langsam wird der Score eingefadet. Der Regisseur klatscht Beifall. Die Crew beginnt, das Set abzubauen.
    Ich bin ein Film von Abel Ferrara.

Letzter Versuch in der Sommerfrische

    «Alles in Ordnung mit dir?»
    Finn beschirmt seine Augen. « Herr Hillemann?» Ungläubig schiebt er den Kopf aus der Tür. «Was wollen Sie hier?», fragt er gereizt und kratzt sich geräuschvoll am Hals.
    «Du … du bist drei Wochen lang unentschuldigt dem Unterricht ferngeblieben!», erwidert er vorsichtig.
    Finn rotzt auf den Boden. «Drei Wochen?», wiederholt er und verschränkt die Arme vor der Brust.
    Herr Hillemann nickt zurückhaltend.
    «Was haben Sie mit Ihrem Gesicht gemacht?»
    «Hast du denn gar nicht mitbekommen, was passiert ist?»
    «Haben Sie den Anrufbeantworter vollgequatscht?»
    «Niemand ist … ans Telefon gegangen. Ich meine …»
    Finn verschwindet wortlos in der Wohnung, Hillemann folgt ihm. Die Leiche in der Küche erkennt er zuerst nicht als solche. Das Gewebe, das sich auf dem Tisch verflüssigt hat, sieht zu sehr nach Knetgummi aus. Auch der Squash-Schläger, der aus dem Kopf herausragt, wirkt gewollt.
    Erst als er sich auf die gehäkelte Tischdecke erbricht, versteht er, dass er keiner optischen Täuschung erlegen ist. Kleine Metallspäne, die vom Schläger abgesplittert sind, liegen verloren am Boden. Der Squash-Schläger zeigt wie ein Wegweiser in seine Richtung.
    Lange Zeit steht er regungslos da. Die Stille wird erst vom Geräusch dumpfer Schritte unterbrochen.
    Finn geht an den Kühlschrank, nimmt sich ein Sandwich und setzt sich neben die Leiche. Er sieht Hillemann für einen kurzen Moment an, dann stopft er sich das Sandwich in den Mund. Hillemann ist zu schwach, um Ekel zu empfinden. «Was hast du getan?»
    Finn zuckt mit den Achseln. «Ich muss das Spiel zu Ende spielen.» Bevor er aufsteht und aus der Küche geht, dreht er sich noch einmal um. «Ich muss den Hypnagog besiegen!»
    Seine Schritte verklingen.

    Hillemann schleppt sich aus der Wohnung, geht mit gesenktem Kopf über die Straße und greift zu seinem Mobiltelefon. Als Pädagoge weiß er natürlich, dass Kinder ihr natürliches Mitgefühl verlieren, wenn sie Stunden in brutalsten Action-Welten verbringen, in denen Zerstören und Töten als Spaß und Faszination erlebt wird. Er kennt die grenzenlose Fülle an Modellen und Erlaubnisreizen, mit denen die Industrie unschuldige Kinder auf rohe Gewalt konditioniert, ganz genau.
    Es geht ihm um Verantwortung, und mit seiner
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