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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman
Autoren: Michael-André Werner
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sprechen sie nicht mehr miteinander, sondern wenden sich dem Pullovermann zu, dem von vorhin vom Balkon, zu dem die Menge jetzt respektvollen Abstand hält, hat er doch eine leere Bierflasche in der Hand, die er nicht hält wie jemand, der trinken will, sondern am Halse, als Waffe auf Alexander gerichtet. Es tropft ein wenig aus der Flasche. Am Rand des leeren Halbkreises, an der Grenze zur Menschenmenge, steht Ilka. So weit die Ausgangslage. Der Pullovermann war es offenbar, der »Du verficktes Arschloch!« geschrien hat, und jetztfuchtelt er mit der Flasche Richtung Alexander. Rotsöckchen schreit nun den Pullovermann an, er möge mit der Scheiße aufhören, sie könne seine Eifersucht nicht mehr ab, er solle ihr aus den Augen gehen.
    Aha, unterbricht er sie, wohl, damit sie in Ruhe ficken könnten.
    Er solle die Schnauze halten, brüllt sie zurück, seine verdammte, eifersüchtige Schnauze, wo er das herhätte.
    Ilka ruft ein erstauntes »Monika!« dazwischen.
    Das sei doch klar, schreit der Pullovermann, das sei doch wohl klar. Klar sei das doch, das sei doch so klar, das sei doch für jeden hier ersichtlich. Dazu müsse er sich nicht zum Hellseher umschulen lassen. So wie sie schon den ganzen Abend da ...
    »Stefan«, versucht nun Alexander zu beruhigen, er nimmt nun eine nicht mehr so abweisende Haltung ein. Er macht eine beschwichtigende Geste wie ein Fernsehpolizist in einem schlechten Tatort, wenn er auf einen verzweifelten Geiselnehmer einredet: »Bitte legen Sie die Waffe hin ...«
    »STEFFEN!«, schreit jetzt der Pullovermann, »STEFFEN, du Wichser, ich heiße STEFFEN. Den Namen dieser Schlampe da«, er zeigt auf Monika, »kannst du dir ja auch merken.«
    Ilka, die offenbar gut zugehört hat, sagt jetzt auch »Steffen« zu Steffen und er solle die Flasche hinstellen, was er damit kommentiert, dass sie dieFresse halten solle, was Alexander wiederum dazu veranlasst, sich einzumischen mit einem »So redest du nicht mit meiner Freundin«.
    »Verlobten«, verbessert Ilka.
    »Du Wichser«, wiederholt sich Steffen nun und macht einen Schritt auf die beiden am Schrank zu.
    »Kann den mal jemand festhalten!«, schreit nun wieder Monika und drückt sich enger an den Schrank. »Kann den mal bitte jemand festhalten, ihr glotzenden Idioten!«
    Aber ehe die derart geschmähten Zuschauer ihrer Aufforderung nachkommen, stolpert Steffen schon auf Alexander zu, hebt die Flasche, Alexander duckt sich mit einer sanften, vielleicht beim Tai-Chi oft geübten Bewegung weg, und Steffen haut mit der Flasche auf den Schrank ein. Es gibt eine unschöne Delle im Holz, und Ilka, die offenbar den Schrank mit in die gemeinsame Wohnung eingebracht hat, schreit auf.
    Steffen schlägt jetzt auf den Schrank ein mit der Flasche, auf die Kante, immer auf die Kante, zweimal, dreimal, aber die Flasche geht nicht wie gewünscht kaputt, sondern dellt nur das helle, weiche Holz ein. Steffen kann sich also nicht mit einer zersplitterten Flasche metzelnd in die herumstehende Gästeschar werfen. Er schlägt noch mal, aber das Einzige, was er verursacht, sind ein dumpfes »Plock« und eine weitere Delle an der Kante des abgeschliffenen Kiefernschranks.
    »Macht doch mal was!«, schreit Ilka, und Alexander macht jetzt was, er versucht, Steffen festzuhalten, und endlich finden sich noch andere starke Männer, die was machen und die Steffen zu bändigen versuchen, unter denen auch ich mich wiederfinde. Steffen hätte mich mit der Flasche beinah noch am Kopf erwischt, allerdings nicht mit Absicht, und ein großer Bärtiger kann sie ihm schließlich entwinden. Zu viert schaffen wir Steffen aus dem Wohnzimmer, durch den engen Flur. Steffen verfügt trotz seines Zustandes, denn außer der Eifersucht treibt ihn noch der Alkohol zu seinen Werken und Taten, über bemerkenswerte Kräfte und ist gelenkig. Sehr gelenkig. Außerordentlich gelenkig. Dennoch gelingt es uns, ihn vor die Wohnungstür zu setzen, Ilka wirft ihm seinen Mantel hinterher, er poltert ein bisschen im Treppenhaus herum, ein trauriges »Das ist nicht mein ...« dringt durch die Tür, er klopft und sagt noch zweimal »Das ist nicht mein ...«, kurze Zeit später hören wir nichts mehr von ihm.
    Ich erhalte von Petra zur Belohnung für meine Heldentat einen Kuss, Ilka geht Monika suchen, die sich zwischenzeitlich in der Menschenmenge versteckt hatte, und versucht, sie zur Rede zu stellen. Sie und Alexander. Zu diesem Zwecke schleppt Ilka die beiden in die Küche, die sich während der fast schon
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