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Ansichten eines Hausschweins - Neue Geschichten ueber alte Probleme

Ansichten eines Hausschweins - Neue Geschichten ueber alte Probleme

Titel: Ansichten eines Hausschweins - Neue Geschichten ueber alte Probleme
Autoren: Harald Martenstein
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Herrn, der gerade in den Ruhestand gegangen war. Er hatte die gleiche Versicherung. Er sagte: »Die Summe, die in dem Brief steht, können Sie vergessen.« Es würde ein Haufen Krankenkassenbeiträge von der Summe abgezogen werden. Ich fragte, wieso, ich zahle doch jeden Monat für die Krankenkasse, von dem Rest, der übrig ist, spare ich was fürs Alter – wo ist da die Logik?
    Der Herr sagte, es sei nicht logisch, es hänge damit zusammen, dass der Staat Geld brauche. Bei seiner Suche nach Geld habe der Staat festgestellt, dass einige Menschen, auf Anraten des Staates, für ihr Alter etwas gespart hätten. Davon würde er sich jetzt ein Stück abschneiden. Ich sagte: »Als ich den Vertrag abgeschlossen habe, hat keiner was davon erzählt.« Der Herr sagte: »Klar. Das haben die ja erst kürzlich eingeführt.«
    Ich sagte, man kann doch in einem laufenden Vertrag während der Laufzeit nicht die Spielregeln ändern, das ist sittenwidrig. Der Staat aber ist in seiner Geldnot so verzweifelt, dass er auf Sitten keine Rücksicht nehmen kann.
    Wenn ich die Summe verjubelt hätte, statt vorzusorgen, wäre nichts abgezogen worden. Versteht ihr? Es ist Betrug. Hinter dem ganzen Vorsorge-Gerede steckt ein gigantischer Betrug. Sie wollen, dass wir unser Geld entweder ausgeben oder es irgendwo hinbringen, wo sie es unter Kontrolle haben. Dort nehmen sie es uns dann ab. Riester, Rürup, Lebensversicherung, daran verdienen die Versicherungen und der Staat. Für dich selbst, mein Freund, bleibt fast nichts übrig.
    Hier mein Rat an die Jugend.
    Lebt in vollen Zügen. Feiert. Lasst es krachen. Ignoriert – das ist das Wichtigste! – alle Vorsorge- und Anlage-Angebote. Eine überdurchschnittliche Rente wird euch sowieso weggenommen. In dreißig Jahren wird der Staat nämlich noch viel klammer sein als heute. Verlasst euch auf die staatliche Grundsicherung. Wenn ihr im Alter nichts habt, radikal nichts, seid endlich mal ihr auf der Gewinnerseite – der Staat gibt euch was!
    Kauft rechtzeitig alle Sachen, die ihr im Alter brauchen könnt und die haltbar sind, Kleidung, Möbel, Weinkeller, Cognac, Bücher, Musikanlage. Das werden sie euch nicht wegnehmen, weil der Verwaltungsaufwand zu groß ist. Besorgt euch zum Obst- und Gemüseanbau einen Garten, und zwar über einen Strohmann, sonst wird das Obst von der Grundsicherung abgezogen.
    Spart heimlich Geld, tut es ins Kopfkissen. Dort kriegt ihr zwar keine Zinsen, aber es wird nicht versteuert, keinerlei Abzüge. Glaubt mir, at the end of the day fahrt ihr mit einem Kopfkissen besser als mit Banken und Versicherungen. Ich habe gelesen, dass allein im letzten Jahr zwanzig Prozent der Berufstätigen ihre Vorsorge reduziert oder gekündigt haben. Es werden immer mehr. Es ist eine Massenbewegung.

Über Altherrenhumor
    Liebe Karina, Sie sind eine junge Frau und haben über meine Kolumne einen Leserbrief an die Redaktion geschrieben. Sie sagen, zusammengefasst, ich würde »wöchentlich Altherrenwitze loslassen«. Der einzige Autor der Welt, der auf der Altherrenstrecke noch schlimmer sei als ich, sei Wolfram Siebeck. Er ist ja auch älter. Ich habe Sie natürlich sofort gegoogelt und festgestellt, dass Sie, vor nicht allzu langer Zeit, etwas mit Gender studiert haben.
    Seit ich vorgeschlagen habe, die Genderforschung abzuschaffen und das gesparte Geld für die Verschönerung der Grünanlagen in deutschen Mittelstädten zu verwenden, bin ich natürlich für alle Genderforscherinnen das Feindbild Nummer eins. Das ist mir klar, und dafür habe ich auch Verständnis.
    Ich bin der Ansicht, dass Sie, meine liebe Karina, durchaus etwas Richtiges erkannt haben. Wenn man sich die Geschichte des Humors anschaut, stößt man tatsächlich auf eine fast unübersehbare Heerschar von Herren, die meist erst im etwas fortgeschrittenen Alter richtig gut wurden. Charlie Chaplin. Walter Matthau. Louis de Funès, Wilhelm Busch, Heinz Erhardt, Loriot, vielleicht kennen Sie einige davon. Ja, ganz recht, Karina: Witz scheint tatsächlich ein Altherrenphänomen zu sein. Witzige Frauen (Anke Engelke, Maren Kroymann) gibt es ebenfalls. Sie kommen etwa so häufig vor wie weibliche Vorsitzende von Angelsportvereinen.
    Als Biologist – Sie schreiben, dass ich Sie an Thilo Sarrazin erinnere – tendiere ich zu der These, dass der verfallende männliche Körper bei sinkendem Testosteronspiegel einen humoraffinen Ersatzstoff produziert. Altherrenhumor ähnelt der Angstblüte absterbender Bäume. Flösse nicht so
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