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Annebelle - sTdH 2

Annebelle - sTdH 2

Titel: Annebelle - sTdH 2
Autoren: Marion Chesney
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und daß nun die Dinge in Gottes Hand lagen.
    Doch nach
langem innerem Ringen kam der Vikar zu dem Schluß, die Lage sei wohl nicht
sonderlich hoffnungsvoll. Hatte er nicht letzten Winter immer und immer wieder
um gutes, mildes Jagdwetter gebetet, und hatte der Allmächtige ihm dann nicht
einen verflixten Frosttag nach dem anderen geschickt?
    Den
Schwestern dämmerte allmählich, daß es sehr schlecht um Annabelle stand. Die
Bestrafung Sir Guys wegen irgendeines furchtbaren Unrechts, das er ihr zugefügt
hatte, die Abwesenheit ihres Mannes und ihre Weigerung, über London zu reden,
machten ihnen Sorgen.
    Deirdre war
eine überaus romantische und optimistische Natur. Sie sagte den anderen, solche
Dinge kämen eben vor. Bella hätte erstens niemals heiraten sollen, und zweitens
würde sie sich auf dem Ball mit irgendeinem verteufelt schönen Mann trösten.
    Die kleinen
Mädchen nahmen Deirdres Erklärung glücklich auf, und jedesmal, wenn Annabelle
äußerte, sie wolle doch lieber zu Hause bleiben, lehnten sie das empört ab und
drängten sie, mitzugehen. Jemand werde auf sie warten, sagten sie
geheimnisvoll.
    Sie waren
so hartnäckig, daß in Annabelle allmählich die kühne Hoffnung aufkeimte, ihr
Mann werde dort sein. Vielleicht wollte ihre Familie sie damit überraschen.
    Zusätzlich
genährt wurde diese Hoffnung von einem Brief der Schirmherrin von Almack's, der
Annabelle aus London nachgesandt worden war. Darin hieß es steif, die Ablehnung
ihres Kartenwunsches sei ein Irrtum gewesen, auf den der Marquis von Brabington
sie aufmerksam gemacht habe, und man sei erfreut, ihr nunmehr beiliegend die
Karten senden zu können. Annabelle begann also zu hoffen und zu träumen, sie
würde ihren Mann bald sehen. Der Brief dieser Dame bewies, daß er trotz seines
Zornes auf sie tatsächlich sein Versprechen gehalten und ihre Zulassung
erreicht hatte.
    Der Vikar
hätte ihr diese vermessenen Träume schnell ausgetrieben, doch Annabelle war in
einem Zustand, in dem ein wenig Hoffnung besser war als gar keine, und daher
fragte sie ihn erst gar nicht.
    Der Tag des
Festes war von fieberhafter Tätigkeit erfüllt. Holden bügelte, nähte, kräuselte
Haar und knotete Bänder; ihre schmale, drahtige Gestalt eilte treppauf und
treppab.
    Endlich
hatten sich alle in die Reisekutsche gezwängt, der Vikar setzte sich auf den
Bock, um Platz zu sparen.
    Zur
allgemeinen Erleichterung war es eine helle Mondnacht. Wäre es bewölkt gewesen,
hätte man den Ballbesuch absagen müssen, denn die Straßen waren nach den
jüngsten Regenfällen überaus schlammig und gefährlich.
    Deirdre
hatte vergeblich darum gebettelt, ihr Haar aufgesteckt tragen zu dürfen. Sie
war jedoch getröstet, als Holden ihren roten Schopf zu Ringellocken gebürstet
und gedreht hatte.
    Annabelle
trug eine Tunika aus Silbertüll über einem weißen Kleid. In ihrem blonden Haar
lag ein Reifen aus Perlen, und eine einfache Perlenkette schmückte ihren Hals.
    Unwillkürlich
mußte sie daran denken, daß sie in dieser Woche am Arm ihres Mannes ihren
ersten großen Auftritt bei Almack's hätte haben sollen.
    London war
für sie verloren. Oft dachte sie, sie würde die Stadt nie wiedersehen, niemals
wieder den Arm ihres Mannes unter ihrem fühlen, wenn er sie die Treppen hinauf
in einen Ballsaal oder Gesellschaftsraum führte.
    Ihre
körperliche Sehnsucht nach ihm war ungeheuer. Deirdre neckte sie auf dem Weg
zum Ball ständig mit dem dunklen, schönen Mann, der auf sie warten würde, und
Annabelle war so hoffnungsvoll gespannt, daß sie kaum atmen konnte.
    Der
›Goldene Hahn‹ war Hopeminsters größtes Gasthaus. Bälle wurden in einem
Bankettsaal im Rückgebäude abgehalten, und die Gesellschaft von ganz Berham
reiste meilenweit herbei.
    Mrs.
Armitage gab jedesmal ein schwaches Stöhnen von sich, wenn die Kutsche über
eine Unebenheit der Straße rumpelte, und äußerte, sie wäre zu
krank, um die Anstrengungen des Abends zu überstehen. Doch als der Wagen in den
Kutschhof des Gasthauses einfuhr und man schwache Musikklänge hören konnte,
vergaß sogar Mrs. Armitage über
der hektischen Suche nach Fächern und Ridiküls ihre angegriffene Gesundheit.
    Sie kamen
ein wenig zu spät. Die Gesellschaft war schon beinahe vollzählig versammelt.
Der Vikar nahm erleichtert wahr, wie schön, ja fast strahlend Annabelle aussah.
Sie war sofort von einem Kreis von Bewunderern umringt.
    Er ahnte
nicht, daß Annabelle ganz sicher erwartete, ihr Mann werde jeden Augenblick
durch die Tür
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