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Annebelle - sTdH 2

Annebelle - sTdH 2

Titel: Annebelle - sTdH 2
Autoren: Marion Chesney
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Kniehosen aus Kaschmir und Reitstiefel. Er verursachte
ziemlichen Aufruhr in der Kirche. Alle verrenkten die Hälse, um ihn besser
sehen zu können.
    Annabelle
hörte die Worte des Gottesdienstes nur mit halbem Ohr. »Denn wer vom Fleisch
bestimmt ist, trachtet nach dem, was des Fleisches ist; wer aber vom Geist
Gottes bestimmt ist, trachtet nach dem, was Gott will. Denn die fleischliche
Gesinnung ist der Tod.«
    Bin ich
fleischlich gesinnt? dachte Annabelle. Ich muß es wohl sein. Ich liebe ihn, und
ich begehre ihn. Oh, Peter, wo bist du? Und was habe ich
getan?
    Sir Guy
gähnte und rutschte auf seinem Platz hin und her. »Das ist verflucht
langweilig«, murmelte er Annabelle hinter dem Gebetbuch zu. »Dieser Bursche mit
seinem Gerede.«
    »Pssst«,
sagte Annabelle unwillig, denn sie fürchtete, der empfindliche Mr. Pettifor
könne sie hören.
    Doch auch
sie mußte zugeben, daß Mr. Pettifors Predigt etwas Einschläferndes hatte.
Seine Stimme summte wie Fliegen, die an einem sonnigen Tag gegen die
Fensterscheiben surren. Hier und da ließ jemand den Kopf sinken, und hinter
sich hörte sie einen gelegentlichen Schnarchlaut.
    Und dann
öffnete sich krachend die Tür der Sakristei.
    Der Vikar
von St. Charles and St. Jude sprang auf die Kanzel und schob den Hilfspfarrer
mit seinen mächtigen Schultern beiseite. Er packte den Messingadler bei beiden
Flügeln und starrte hinunter auf die Gemeinde. »Wo ist er?« fragte er.
    Seine Augen
suchten die Reihen der aufwärtsgewandten Gesichter ab und blieben dann auf Sir
Guy Wayne hängen.
    »Hurensohn!«
brüllte der Vikar und hob seine Peitsche. »Ich werde dich kriegen!«
    Zur
Verblüffung der Gemeinde sprang er gewandt von der Kanzel und ließ seine
Peitsche knallen.
    Sir Guy
fuhr auf wie von der Tarantel gestochen und rannte durch das Kirchenschiff zur
Tür.
    »Hussa!
Heda!« brüllte der Vikar. »Ihm nach!«
    Er lief
durch das Kirchenschiff und schwang die Peitsche. »Papa!« schrie Annabelle.
    »Ihm nach!«
echoten die Chorknaben fröhlich und kletterten über das Geländer des
Chorgestühls. »Ihm nach!« Und bald hatte der größte Teil der Dorfbewohner von
Hopeworth die Verfolgung aufgenommen.
    Draußen auf
dem Kirchhof sprang Sir Guy hin und her, um der Peitsche des Vikars auszuweichen,
die auf seine Schultern niedersauste.
    Mit einem
großen Sprung setzte er über die Kirchhofmauer und rannte auf das Dorf zu.
    Der Vikar,
gefolgt von Männern, Frauen und Kindern, stolperte unter Anfeuerungsrufen
hinter ihm her. Männer- und Frauenhüte flogen davon, Kleider wurden beschmutzt
und Schuhe ruiniert, als die Gemeinde von St. Charles and St. Jude fröhlichen
Herzens ihren Sonntagsstaat den Freuden der Jagd zum Opfer brachte.
    Sir Guy
floh in Richtung auf das Gasthaus. Wenn er sich nur in seinem Zimmer
einsperren könnte, bis diese schwachsinnigen Dorftrottel sich beruhigt hatten!
    Er hatte
fast die Tür des Gasthauses erreicht, als er wie angewurzelt stehenblieb und
erstarrte. Squire Radford stürmte auf ihn zu, auf einem riesigen Schecken, auf
dem Kopf eine altmodische Perücke und einen ebenso altmodischen Dreispitz, mit
Kniehosen und Gamaschen bekleidet.
    »Schwein!«
schrie der kleine Squire, als er in vollem Galopp vorbeiritt und seine
Peitsche auf Sir Guys Schultern niederknallen ließ.
    Die
Peitsche wickelte sich Sir Guy um den Hals und warf ihn in den Schlamm.
    »Halt ihn
fest, Jimmy«, brüllte der Vikar, als das riesige Pferd sich aufbäumte und
tanzte und schließlich zum Stehen kam. »Die Hunde sollen ihn haben.«
    »Hunde?«
fragte der Squire atemlos. »Großer Gott, hast du etwa deine Meute geholt?«
    »Nur die
da«, sagte der Vikar frohgemut. Der Squire wandte sich um und schaute herunter.
    Der Vikar
war zurückgetreten, die Dorfjungen hatten sich auf den strampelnden Sir Guy
gestürzt. Unter Anfeuerungsrufen der Männer und dem Gekreisch der Frauen zogen
sie ihm die Hosen aus, hielten sie in die Luft wie eine Trophäe und warfen Sir
Guy dann in den Dorfteich.
    »Nein«,
schrie Annabelle und rannte vorwärts. »Haltet sie auf! Oh, haltet sie doch
auf!«
    Der Vikar
legte seiner Tochter tröstend den Arm um die Schultern. »Komm nach Hause,
Bella«, sagte er. »Wenn du hörst, was ich dir zu sagen habe, wirst du dir
wünschen, man hätte ihn aufgehängt.«
    Annabelle
saß im gemütlichen Studierzimmer ihres Vaters und hörte entsetzt zu, als dieser
ihr die Geschichte von Sir Guys Heimtücke
auseinandersetzte.
    »Und was
alles noch schlimmer macht, ist, daß
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