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Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad

Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad

Titel: Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad
Autoren: Berte Bratt
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Name etwas bekannter sein würde, dann hatte er größere Aussichten. Und bessere Aussichten.
    Er würde es schon noch so weit bringen, Frau und Kind zu versorgen. Es war wunderbar, daß „Norwegische Strickarbeiten“ ihnen in diesem Jahr so unter die Arme gegriffen hatten - und in solchem Umfang!
    Aber dies Unternehmen, das bis jetzt ein Segen gewesen war, würde es künftig zu einem Fluch werden? Würde es ihm Anne rauben, ein Moloch werden, der Annes Kraft und Energie und ihr Interesse ganz und gar verschlang?
    Ein paar Zeilen aus dem Deutschpensum im Gymnasium schossen ihm durch den Kopf:
    Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los.
    „Der Zauberlehrling“ - Dukas’ Musik zum Zauberlehrling - Jess hatte sie bei Martiani durchgenommen. Die wollte er aufs Programm setzen, wenn er das nächste Mal ein Konzert dirigierte.
    Jess’ Hände suchten auf den Tasten herum. Er spielte ein paar Takte, blieb sitzen und überlegte, spielte wieder. Was hatte Martiani doch noch gesagt -? Mehr Geheimnis - mehr Märchenstimmung -holen Sie die Holzbläser mehr heraus - Jess legte die Hand auf die polierte Fläche des Klaviers, merkte, daß sie staubig war - stand unvermittelt auf und ging in die Küche, um ein Staubtuch zu suchen.
    Jess wischte Staub, und er holte ein, er versuchte zu spielen, aber er fühlte sich unaufgelegt und brachte es zu nichts weiterem als zu Tonleitern und Etüden, die zornig und stimmungslos in die Stube hinaushallten.
    Er hielt die Zeiten inne, und er schälte Kartoffeln, wie Anne ihn gebeten hatte. Seine Gedanken waren bei Anne, der tüchtigen Anne, die ihre feinen Strickarbeiten auf dänisch und schwedisch, deutsch, französisch und englisch verkaufte - Anne, die Geld verdiente, Anne, die in wirtschaftlicher Beziehung der Herr im Hause war.
    Die ich rief, die Geister.
    Als es halb sechs war, stand Jess am Fenster und sah Anne die Straße heraufkommen. Er konnte nicht hinunter- und ihr entgegenlaufen, denn er fürchtete, die Kartoffeln könnten zerkochen.
    Sie schaute hinauf und winkte. Er winkte zurück. Aber Goethes Worte gingen ständig in seinem Gehirn um:
    Ach, da kommt der Meister! Herr, die Not ist groß. Die ich rief, die Geister, Werd’ ich nun nicht los!
    „Mußt du denn auch heute abend arbeiten?“
    „Es tut mir leid, Jess, aber ich muß. Wenn ich die Abrechnungen nach Schluß im Geschäft machte, dann säße ich jetzt noch da.“ „Kannst du die nicht jemand anderem überlassen?“
    „Bist du toll? - Wem denn?“
    „Nun, der neuen Verkäuferin zum Beispiel - wie heißt sie doch gleich - ach so, Frau Gjermer. Sagtest du nicht, sie habe ein Handelsschulexamen?“
    „Doch, aber - aber - sie ist noch zu neu.“
    „Aber deine Buchführung ist doch sicher ganz einfach? Und wenn du nun bald im Geschäft aufhören mußt, dann muß Frau Gjermer das ja doch machen!“
    „Ja-aa - das heißt - ich wollte eigentlich, daß Fräulein Karstensen die Rechnungen jeden Abend hierher bringt, damit ich die Abrechnung selber machen könnte. Und wenn das Baby wohlbehalten auf die Welt gekommen ist, dann kann ich ja jeden Tag für eine kurze Zeit ins Geschäft fahren, bis ich im September wieder regelmäßig hingehe.“ In Jess erlosch eine Flamme. Er hatte eine kleine Hoffnung gehabt, eine Hoffnung, daß es vom Herbst ab anders werden würde, Anne wollte also diese aufreibende Arbeit fortsetzen. Das Kind sollte von irgendeiner x-beliebigen, teuren und vorzüglichen Kinderpflegerin versorgt werden. Die Wohnung sollte vielleicht von fremden, unpersönlichen Händen gut und gewissenhaft in Ordnung gehalten werden, während sie, die eigentliche Gattin, Hausfrau und Mutter, davon in Anspruch genommen war, Geld zu verdienen, damit sie die teure Hilfe bezahlen konnte.
    In Jess’ Wangen stieg eine Röte, und dann fuhr es ihm heraus:
    „Bist du sicher, daß du Zeit haben wirst, das Kind zur Welt zu bringen?“
    Es hätte ein Scherz sein können. Die Worte hätten neckend klingen können. Aber Jess’ Gesichtsausdruck und Tonfall schlossen jegliche Möglichkeit einer solchen Deutung aus. Die Stimme war voll bitterer Ironie.
    Anne saß über ihren Büchern, abgespannt nach einem anstrengenden Tag. Sie war schwerfällig und ungelenk, und der Rücken tat ihr weh.
    Sie warf einen Blick auf ihren Mann, und sie erwiderte kein Wort.
    Aber Jess kannte die Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen:
    Ich arbeite doch deinetwegen so schwer, Jess! Deinetwegen und meinetwegen, und für unser Kind. Ich war gut
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