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Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad

Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad

Titel: Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad
Autoren: Berte Bratt
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Kindes. Das Kleine lag an der Brust und trank glucksend.
    Mein Kind, dachte Anne. Aber sie sagte es nicht laut.
    Mein Kind. Unser Kind. Jess’ und mein Kind.
    Anne hatte sich nicht einmal im Traume vorgestellt, daß es ein solches Glück gab.
    Ihre Augen schweiften zu den Sträußen auf dem Nachttisch, den roten Rosen von Jess, den Nelken von Eva und Onkel Herluf, den Wicken von Frau Askelund, den gelben Rosen von den Tanten im „Marie-Christine-Haus“, den Lilien von Fräulein Karstensen und Frau Gjermer.
    Im Schubfach lag das Telegramm von Mutter. „Gott segne die kleine Eva Kristina. Liebevolle Grüße von Großmutter.“
    Kleine Eva Kristina.
    Anne war heute schon den halben Tag aufgewesen. Morgen sollte sie entlassen werden. Morgen durfte sie ihr Kind selber besorgen und es in den hellgrünen Babykorb legen. Oder vielleicht mußte die Krankenschwester es in den ersten Tagen tun?
    Der Gedanke erfüllte Anne mit Neid.
    War es eigentlich notwendig gewesen, die Kinderpflegerin zu nehmen? Hätten sie nicht mit einer Tageshilfe auskommen können? Einem jungen Mädchen, die Besorgungen machte und auf das Kind aufpaßte? Während Anne eben mal ins Geschäft hineinschaute, nur um nachzusehen, ob alles in Ordnung war?
    Sollte wirklich eine fremde, tüchtige, geübte Kinderschwester mit ihren unpersönlichen und sachkundigen Händen das Kindchen besorgen?
    Sollte eine Fremde Anne erzählen, wenn sie aus dem Geschäft nach Hause kam, daß die Kleine heute zum erstenmal gelächelt habe? „Denken Sie, Frau Daell, ich glaube, sie bekommt einen Zahn!
    - Wissen Sie, Frau Daell, heute hat sie die Händchen nach der Klapper ausgestreckt! - Frau Daell, wollen Sie mir glauben, heute sah es beinahe so aus, als wolle sie etwas sagen!“
    Annes Gedanken wanderten nach Möwenbucht, zur Mutter nach Hause, zur Schwägerin Liv. Liv ging vierzehn Tage, nachdem ihr Kind geboren war, wieder voll ihrer Arbeit nach. Liv hatte ihr Kind in der Wiege im Zimmer oder in der Küche stehen, sie stillte es, wenn es soweit war, sie wickelte es frisch und legte es behutsam wieder in die Wiege zurück. Liv selbst erlebte das erste Lächeln, den ersten Zahn, die ersten Sprechversuche.
    Niemals hatte eine Frau in Annes Familie ihr Kind einer Fremden überlassen.
    Wieder strich sie dem Kind über den Kopf.
    Nein, es mußte seinen Lauf nehmen. Zwar liebte Anne ihr Geschäft, die „Goldgrube“ - aber hatte sie das Recht, einen solchen Preis für das Gold zu bezahlen? Es zu bezahlen mit den zahllosen wunderbaren Stunden, die eine Mutter mit ihrem kleinen Kind erleben kann?
    Sollte sie ihr eindeutiges Recht und ihre Pflicht verraten? Was würde Mutter Kristina sagen, wenn sie gefragt würde?
    Anne sah das ruhige, harmonische Gesicht der Mutter vor sich, und sie meinte, die sichere, nüchterne Stimme hören zu können -sicher geworden durch die Rechtschaffenheit und das klare Pflichtgefühl von Generationen: „Eine Mutter hat da zu sein, wo ihr Kind ist.“
    Natürlich - wenn sie gezwungen gewesen wäre! Wenn Jess keinerlei Aussichten hätte, etwas zu verdienen - wenn das Geschäft nicht ohne Anne selber gehen könnte - dann wohl. Es gab genügend Mütter, die mit blutendem Herzen ihr Kind Fremden überließen, weil sie dazu gezwungen waren.
    Aber wenn auch nur die leiseste Möglichkeit vorhanden war, bei dem Kind zu bleiben und mit dem Kind zu leben, dann mußte sie es tun, nahm sich Anne weiter selber ins Gebet. Und diese Möglichkeit war vorhanden. Sie konnte das Geschäft mit bezahlter Hilfe aufrechterhalten. Wo war sie am besten zu entbehren? Im Geschäft oder im Hause? Wenn sie sich diese Frage selber so unbarmherzig scharf stellte, dann brauchte sie gar nicht zu antworten. Die Antwort war von vornherein gegeben.
    Anne drehte den Kopf, so daß ihre Lippen auf Eva Kristinas kleiner, weicher Wange ruhten. „Mein Kindchen - Mutti bleibt bei dir“, flüsterte Anne.
    Und wenn auch niemand die Worte hörte außer dem Kind, und wenn auch das Kind nur ein kleines hilfloses und unwissendes Bündel war, so wußte Anne dennoch, daß dies das unverbrüchlichste Gelübde war, das sie in ihrem Leben getan hatte.
    Abgesehen von dem andern im Mai des vorigen Jahres, vor dem Altar daheim in der Kirche.
    Jess und Anne gingen eines Abends im August Arm in Arm auf dem Hauptbahnhof hin und her.
    „Eine Viertelstunde Verspätung“, sagte Anne und sah zum viertenmal auf die Uhr. „Wenn es noch eine weitere Viertelstunde dauert, dann muß ich losgehen, Jess! Das
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