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Anna Marx 9: Feuer bitte

Anna Marx 9: Feuer bitte

Titel: Anna Marx 9: Feuer bitte
Autoren: Christine Grän
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erfolgsorientierter ist. Oder Bücher schreiben: Als Journalistin hat sie ja zumindest das Handwerk gelernt.
    »Dann hätten wir ja etwas gemeinsam, und Schultz ist auch von dieser Sorte, nur gemeiner. Er hat viel Geld zu verteilen, und er zahlt überwiegend bar. Mit anderen Worten: Er wäscht Geld. Einmal pro Woche fliegt er nach Zürich, sicher deshalb, weil dort die Drahtzieher des Zigarettenschmuggels sitzen. Dafür, dass er erst seit sechs Monaten in Brüssel ist, hat er ein bestechendes Netzwerk aufgebaut. Einen militanten Nichtraucher in der Kommission hat er bereits abgeschossen, und der von der Tabakindustrie favorisierte Grieche hat die allerbesten Chancen. Es wird kein europäisches Werbeverbot für Zigaretten geben, dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen.«
    Die Hand ist klein und schmal mit kurzen, unlackierten Nägeln. Sie ist unruhig, Anna kennt das, und in anderen Zeiten wäre sie jetzt mit der Blonden ins nächste Rauchereck geflüchtet. »Es gibt doch diese ›01af-Betrugsbehörde‹ – hat die Schultz nicht im Auge?«
    »Doch, das hat sie. Aber er ist ein schlauer Fuchs, und ›01af‹ ist ein schwerfälliger Apparat. Alles muss tausendmal überprüft und berichtet werden, bevor sie ihr Material an die Staatsanwaltschaften übergeben. Der Deal ist übrigens eingefädelt. Es wird kein Verfahren gegen den US-Konzern wegen Zigarettenschmuggels und Geldwäsche geben. Meinen Quellen zufolge zahlen die Amis fünfundzwanzig Millionen in die europäische Kasse. Geld wäscht vieles rein, nicht wahr? Da hatte Schultz kräftig seine Finger im Spiel. Man könnte ihn fast bewundern.«
    Nein, nur verachten oder fürchten: »Hat er Bruno Laurenz umgebracht – oder besser, umbringen lassen?«
    Die braunen Augen sind amüsiert auf Anna gerichtet, die das trägt, was sie ihr naives Unschuldsgesicht nennt. »Liegt das nicht in Ihrem Geschäftsbereich? Mich interessiert bloß Pekuniäres. Na ja, Sex vielleicht auch. Gott, ich hasse diese Warterei auf Flughäfen. Früher durfte man zumindest überall rauchen, wenn man schon warten musste. Ich habe, bevor ich herfuhr, mit meinem belgischen Gerichtsreporter gesprochen, wir tauschen uns manchmal aus: Die Polizei hat den Fahrer des schwarzen Porsche gefunden. War aber eher Zufall als Fahndungserfolg: Ein Konkurrent hat ihn verpfiffen. Ein stadtbekannter Zuhälter namens Dewert, und er behauptet, dass er unter Drogen stand und deshalb zu schnell fuhr – und den armen Bruno glatt übersehen hat. Die Drogen hat man ihm in seinen Drink gemischt. Sagt er. Womit der Fall aufgeklärt ist, sozusagen. Kriege ich jetzt ein Informationshonorar?«
    Anna ignoriert das spöttische Lächeln und denkt, dass sie den Amerikaner als Täter vorgezogen hätte. »Ich kann Sie zu einem Kaffee einladen, wenn Sie noch Zeit haben – oder einem Getränk Ihrer Wahl.« Und du kannst rauchen, und ich werde dir dabei zusehen und zumindest riechen, was ich nicht mehr schmecken kann.
    Die Blonde mit den Initialen CF auf ihrem Koffer steht auf und deutet auf eine Raucherzone mit Getränkeausschank. »Gern, ich habe noch gut zwanzig Minuten bis zum Einchecken. Tut mir Leid, dass wir Schultz nicht festnageln können, aber ich fürchte, er ist uns immer einen Schritt voraus. Sind Sie enttäuscht?«
    »Ein bisschen«, sagt Anna. Sie bestellt Kaffee und ihr Gast ein Glas Wein, doch erst, nachdem die Zigarette entzündet ist. Anna gibt sich noch drei Tage. Wenn sie dann immer noch leidet, wird sie die asketische Episode ihres Lebens noch einmal überdenken. Verwegene Theorien bringen Ablenkung: »Dieser Dewert könnte doch lügen – und von Schultz eine Menge Geld für einen Auftragsmord kassiert haben.«
    »Und dafür ins Gefängnis gehen? Obwohl, so hoch wird die Strafe nicht ausfallen. Fahrlässige Tötung und Fahrerflucht, verminderte Schuldfähigkeit … ja, möglich ist es schon. Aber kaum zu beweisen, nicht wahr? Und wenn ich mich recht erinnere, sind Sie doch hinter Martins Mörder her … wer bezahlt Sie eigentlich dafür?«
    »Niemand«, sagt Anna. »Ich schulde es ihm gewissermaßen.«
    Ihr Blick ärgert Anna. In ihm liegt die Skepsis aller Frauen gegenüber edlen Motiven jenseits der Verblödung, die Liebe auslöst. Soll sie ihr sagen, dass er ihr Geld geliehen hat? Er war so großzügig – mit seinem Geld und seinem Sex. Und weil sie die Blonde doch ein wenig überheblich findet, spricht sie es aus: »Warum haben Sie mich angelogen? Sie haben ja doch mit ihm geschlafen.«
    Die andere
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