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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Peter Gerdes begrüßte die Gäste schon an der Tür und stellte humorig fest, dass: »Ihnen, liebe Gäste, heute hier wohl kaum etwas Böses geschehen wird, denn so viele Polizisten wie im Moment sind selten im Kulturspeicher zugegen. Hier hat sich die Speerspitze der ostfriesischen Kriminalpolizei versammelt.«
    Und tatsächlich waren alle gekommen, um Ubbo Heide, den ehemaligen Chef der ostfriesischen Polizei, bei seiner ersten Krimilesung zu sehen: In der ersten Reihe Frank Weller. Neben ihm Ann Kathrin Klaasen und Sylvia Hoppe. Holger Bloem vom
Ostfriesland-Magazin
fotografierte den sichtlich nervösen Ubbo Heide, der im Rollstuhl saß, links neben sich eine Leselampe, die warmes Licht spendete, und einen kleinen Tisch mit einem Wasserglas. Rechts neben ihm war ein Standmikrophon aufgebaut worden, was schon ausreichte, um Ubbo zu ständigem Räuspern zu motivieren.
    Seine Tochter Insa schob ihm ein Hustenbonbon in den Mund. Das war lieb gemeint, doch Ubbo hasste den Geschmack. Aber weil er seine Tochter liebte und nicht kränken wollte, lutschte er es.
    Sie versicherte ihm, er könne gerne noch mehr haben, sie hätte genug davon dabei. Er lächelte dankbar.
    Rupert glaubte, dass es kaum etwas Langweiligeres als Lesungen geben könnte: »Wieso liest der uns was vor, und wir kommen alle und sollen lauschen? Denkt der, wir könnten nicht selber lesen?«
    Aber seine Ehefrau Beate fand die Idee, zu einer Krimipremiere zu gehen, großartig. Und jetzt waren sie beide da, was Rupert eigentlich schon wieder blöd fand, denn im Kulturspeicher sah er ein paar Frauen, die zu der Sorte zählten, die er gern als »scharfe Schnitten« bezeichnete, obwohl Frauen, die gerne ihre Nasen in Bücher steckten, ihm prinzipiell nicht gefielen. Die Belesenen machten meist mehr Probleme als Spaß, wollten immer alles hinterfragen und diskutieren. Das ging ihm auf den Keks. Trotzdem waren da mindestens zwei, na, eigentlich drei, im Grunde, wenn er genau hinsah, sogar vier, die er am liebsten noch heute Nacht vernascht hätte.
    Er hatte beim Baumtest versagt. Das Ergebnis machte ihn so sauer, dass er noch gar nicht darüber sprechen konnte. Polizeioberrätin Diekmann, die dusselige Kuh, hatte darauf bestanden, dass dieser Test zur Optimierung der Leistungsfähigkeit der Polizeikräfte, mit dem in Köln bereits so erfolgreich gearbeitet worden war, jetzt auch in Ostfriesland angewendet werden müsste.
    Dieser Auswertungsbrief war eine einzige Beleidigung, fand Rupert.
    Und da kam sie auch schon: Polizeioberrätin Diekmann. Ihr gekünsteltes, falsches Grinsen war kamera-, aber nicht gesellschaftstauglich. Ihre schrille Lache hatte etwas Nervtötendes an sich, wie Fingernägelkratzen auf einer Schiefertafel oder abgefahrene Bremsen, wenn Metall auf Metall knirschte.
    Ann Kathrin Klaasen sah sich um. Hinter ihr saß der Literaturkritiker Lars Schafft. Er winkte einer Clique von Krimiautoren zu. Manfred C. Schmidt, Micha Krämer und Christiane Franke standen bei Peter Gerdes, der noch mal seinen Spickzettel durchging, weil er Gäste begrüßen musste und keinen vergessen wollte.
    Ubbo Heide blätterte in seinem ersten Buch. Plötzlich war er unsicher, ob er wirklich die richtigen Stellen zum Vorlesen ausgesucht hatte. Überhaupt – vielleicht war der Titel des Buches falsch gewählt:
Meine ungelösten Fälle.
    Sie konnten stolz sein auf ihre Aufklärungsquote in Ostfriesland. Sie lag weit über dem Bundesdurchschnitt, aber es gab auch ein paar Verbrechen, die waren im Laufe seiner Dienstzeit immer ein Rätsel geblieben. Ungelöst. Ungesühnt. Diese Taten ließen ihm keine Ruhe, deshalb hatte er das Buch geschrieben. Ein Rückblick auf die Niederlagen.
    Er musste über sich selbst grinsen. Andere stellten am Ende ihrer Laufbahn alle Erfolge groß heraus, aber das war nicht sein Ding. Er wollte die Stafette an die nächsten Läufer weiterreichen. Vielleicht würde es eines Tages neue Ermittlungsmethoden geben, mit deren Hilfe auch die Täter überführt werden könnten, die ihm noch entwischt waren.
    Er hustete. Sein Hals kratzte. Dieses gräßliche Bonbon klebte am Gaumen fest. Er zerkrachte es jetzt mit den Zähnen und spülte es mit einem Schluck Wasser runter.
    Es war verdammt voll hier im Kulturspeicher, und ihm wurde heiß und kalt, wenn er daran dachte, dass er gleich siebzig, vielleicht neunzig Minuten lang vorlesen sollte. Mit Betonung, wie seine Frau Carola verlangt hatte. Sie konnte die Stellen inzwischen auswendig, so oft hatte er
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