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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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brauchen mindestens eine halbe Stunde von hier aus.«
    »Verlier jetzt keine Zeit«, sagte sie, und er verstand, dass sie nicht so einfach wegkonnte.
    Er zögerte noch ein paar Sekunden. Sollte er jetzt Jutta Diekmann anrufen und alle Kollegen informieren?
    Er stellte sich vor, wie dreißig aufgeregte Scharfschützen und Sondereinsatzkräfte über den Kleintierfriedhof rannten. Er beschloss, stattdessen lieber Gas zu geben.
    Er fuhr auf der Blomberger Straße mit Tempo hundertfünfzig. Auf der Auricher Straße wurde er dann schneller. Er jagte an Lastwagen vorbei, er überholte Trecker in der Kurve. Rupert brüllte auf dem Beifahrersitz jeden verblüfften LKW -Fahrer an, an dem sie vorbeirauschten: »Ja, mach Platz, du Lahmarsch! Gib deinen Führerschein ab, wenn du nicht Auto fahren kannst!«
    Weller verstand, dass Rupert eine Möglichkeit brauchte, seinen Stress rauszulassen und sich Luft zu verschaffen.
    Wie durch ein Wunder kamen sie heil durch.

    »Ich will jetzt mit meiner Tochter telefonieren!«
    »Nicht bevor wir meinen Sohn gerettet haben.«
    »Soll ich Sie hinführen?«
    Einerseits wollte Ann Kathrin nichts lieber, andererseits fand sie es hochriskant, mit einem so gefährlichen Mann, der eine Smith & Wesson bei sich trug, in ein freies Gelände zu fahren. Hier, in ihrer Wohnung, in ihrem Garten, hatte sie das Gefühl, ihn unter Kontrolle zu haben.
    Küppers schöpfte Verdacht. »Sie haben mich angelogen. Es gibt gar kein Zeugenschutzprogramm! Meine Tochter hat kein Verbrechen beobachtet. Oder warum weiß ich von der ganzen Sache nichts?«
    Ann Kathrin lachte bitter auf. »Was wissen Sie denn überhaupt über Ihre Tochter? Tun Sie doch nicht so, als hätten Sie an ihrem Leben teilgenommen. Sie haben doch nichts, außer diesem Tagebuch, und das haben wir fingiert.« Sie schlug sich mit der flachen Hand gegen den Kopf: »Wenn ich mir vorstelle, wie wir dastehen werden! Wie Idioten! Wir haben Ihnen praktisch aufgeschrieben, wen Sie als Nächstes umbringen sollen. Aber wir konnten ja nicht ahnen, dass jemand so verrückt ist, so etwas zu tun! In jedem Tagebuch von Pubertierenden stehen Sätze wie:
Ich würde am liebsten meinen Deutschlehrer umbringen
oder
meinen Mathelehrer
oder
meinen Exfreund.
Ich hab geschrieben,
ich wünsch mir, dass meinen Nachbarn der Blitz beim Scheißen trifft
, denn der hat jedes Mal Theater gemacht, wenn wir auf dem Hof Federball spielen wollten. Deswegen hat mein Vater den doch nicht mit Stromschlägen traktiert!«
    »Dieses ganze Tagebuch war fingiert? Nichts davon stimmt? Aber es war doch so wahrhaftig geschrieben, so authentisch!«
    »Wir haben Vorlagen für so etwas. Das haben wir ja nicht zum ersten Mal gemacht. Ein Tagebuch gehört einfach dazu. Es gibt dafür eine Art dramaturgischen Leitfaden. Den füllen die Leute dann nur mit ein paar persönlichen Details, damit alles glaubhaft wird.«
    Er nickte und kaute auf der Unterlippe herum. Dann fuhr er plötzlich zusammen und richtete die Smith & Wesson auf Ann Kathrins Kopf.
    »Sie lügen! Das kann gar nicht sein! Woher wollten Sie das mit dem Drehbuch denn wissen? Das kennen Ihre Fachleute doch nicht! Das hatte Ines von diesem Yogi.«
    »Stimmt«, sagte Ann Kathrin. »Diesen Part hat sie eingebracht. Sie hat sich sehr viel Mühe dabei gegeben. Sie war dankbar, ein bisschen aus dem Drehbuch abschreiben zu können. So musste sie sich nicht alles aus den Fingern saugen.«
    »Heißt das, ich habe diese Menschen umsonst getötet? Sie haben meiner Tochter gar nichts getan?«
    »Wenn Sie so wollen …«
    Wieder heulte ihr Seehund los. Weller brüllte in den Apparat: »Wir sind auf dem Kleintierfriedhof! Hier stehen jede Menge Engel! Ich hab so einen Friedhof noch nie gesehen. Der ist liebevoller gestaltet als jeder, auf dem Menschen liegen. Das kannst du dir gar nicht vorstellen! Hier sind Hunde begraben, Ratten, Kanarienvögel …«
    Sie unterbrach ihn scharf: »Frank? Wo ist Eike?«
    »Ich weiß nicht, wie ich ihn finden soll! Ich bin schon am dritten Engel angekommen.«
    »Der Boden muss locker sein. Er hat ihn gerade erst …«, es fiel ihr schwer, das Wort auszusprechen, »… beerdigt.«
    Ann Kathrin senkte ihr Handy. »Wo ist es genau?«
    »Da ist eine Hecke«, sagte Küppers. »Etwa schulterhoch.«
    »Hast du es gehört?«, fragte Ann Kathrin Weller.
    »Ja. Eine schulterhohe Hecke. Auch davon gibt es hier eine ganze Menge, verfluchte Scheiße!«
    Im Hintergrund hörte Ann Kathrin Rupert und Schrader rufen: »Eike!
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