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Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Titel: Anita Blake 12 - Nacht der Schatten
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Füßen unter ihnen hindurch, aber sie hingen verschieden hoch und ich erreichte keine freie Stelle.
     
    Langsam spürte ich einen Schrei in mir aufsteigen, und ich wusste, wenn ich einmal anfinge, würde ich nicht mehr aufhören. Mit einer Hand fasste ich in eine warme Pfütze und hielt inne. Mir war klar, was das war. Ich wusste, wie sich Blut anfühlte. Das war vermutlich der Moment, wo die meisten endgültig mit Kreischen angefangen hätten, doch seltsamerweise machte mich die Berührung mit dem Blut ruhig. Mit Blut und jemanden durch Ausbluten sterben zu lassen, damit kannte ich mich aus. Ich drückte die Handfläche in die noch warme Pfütze und beruhigte mich.
     
    Auf dem Rücken liegend, die Hand in Blut, den Hinterkopf in wer weiß was, versuchte ich, ruhig zu atmen. Wenn ich ganz still lag, mir wirklich Mühe gab, mich nicht zu bewegen, stießen mich die Füße nicht an, stieß mich überhaupt nichts an. So lag ich im Dunkeln, machte die Augen zu und gebrauchte meine übrigen Sinne, solange die Augen nutzlos waren. Eigentlich konnte ich bei Dunkelheit ziemlich gut sehen, aber selbst Katzen brauchen ein bisschen Licht, und das war nicht vorhanden.
     
    Über mir schwangen die Leiber hin und her, und ihre Ketten quietschten. Es gab einen geringen Luftzug. Ein warmer Tropfen traf mich an der Wange. Durch die Bewegung war bei demjenigen über mir eine Wunde wieder aufgebrochen. Ich hielt die Augen geschlossen und zwang mich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Ein Mann schrie: »Oh Gott, Gott, Gott!«, in einem fort, so schnell er Luft holen konnte. Er verlor die Fassung, und ich machte ihm keinen Vorwurf. Ich war selbst nahe dran, und dabei hing ich nicht nackt und blutend von der Decke.
     
    »Sei still«, hörte ich Chimera sagen. »Halt die Schnauze!«
     
    Der Mann verstummte augenblicklich, aber sein Atem fiepte, als müsste er wenigstens dieses Geräusch von sich geben. »Anita«, fragte Chimera, »Anita, wo sind Sie?«
     
    Selbst er konnte im Stockdunkeln nicht sehen und mich in dem Geruch von Blut und Schweiß und ungewaschenen Menschen offenbar auch nicht wittern. Er wusste nicht, wo ich war. Großartig. Ich überlegte krampfhaft, was ich mit dieser Erkenntnis anfangen könnte, lag weiter flach auf dem Boden, die Hand in der abkühlenden Blutlache, während mir frisches, warmes Blut auf die Wange tropfte, und tat gar nichts. Ich brauchte nur stillzuhalten, bis die Kavallerie anrückte. Ich hatte versucht, Chimera in eine Unterhaltung zu verwickeln, was nicht so gut geklappt hatte. Jetzt probierte ich es mit Schweigen.
     
    »Anita, Anita, antworten Sie.«
     
    Ich antwortete nicht. Wenn er mich finden wollte, sollte er gefälligst das Licht anmachen. Ein bisschen Licht käme mir ganz gelegen, dachte ich. Andererseits hätte ich vielleicht eine dieser Schrecklichkeiten vor Augen, durch die man einen Knacks abkriegt und nie wieder loswird. Ich blieb im Dunkeln liegen wie früher als Kind unter der Bettdecke, wenn ich Angst hatte, Angst vor dem, was ich nicht sehen konnte.
     
    »Antworten Sie mir, Anita!«, schrie er diesmal grob. »Antworten Sie, wenn Sie können«, riet mir der Mann über mir. »Sie schaden sich nur, wenn Sie ihn wütend machen.«
     
    Ein anderer gab ein ersticktes Lachen von sich. Es klangbelegt, als hätte er Blut in der Kehle.
     
    Plötzlich war die Dunkelheit voller Stimmen. »Antworten Sie ihm, antworten Sie ihm. « Es war ein Gesäusel, als hätte der Wind eine Stimme bekommen.
     
    Wieder landete ein Tropfen auf meiner Wange und rollte langsam daran hinab. Ich wischte ihn nicht weg. Ich rührte kein Glied. Ich hatte Angst, Chimera könnte aus der leisesten Bewegung schließen, wo ich lag, und das wollte ich nicht.
     
    »Schnauze!«, brüllte Chimera, und ich hörte ihn weiter in den Raum kommen. Die Stimmen über mir verstummten. Trotzdem nahm ich sie über mir wahr wie ein tonnenschweres Gewicht, wie eine viel zu niedrige Zimmerdecke. Ich atmete tief ein und langsam aus. Meine Klaustrophobie versuchte sich Gehör zu verschaffen, wollte mir einreden, ich könnte nicht atmen, aber das war eine Lüge. Die Dunkelheit hatte kein Gewicht; das war bloß Gerede, um mir Angst zu machen. Wenn Chimera mich für die nächste Stunde im Dunkeln liegen lassen wollte, bitte. Ich würde nicht in Panik geraten. Ich täte mir keinen Gefallen, wenn ich hektisch über den Boden robbte und die Füße mich am Rücken streiften. Wenn ich das täte, würde ich noch anfangen zu kreischen und so
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