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Anita Blake 07 - Dunkle Glut

Anita Blake 07 - Dunkle Glut

Titel: Anita Blake 07 - Dunkle Glut
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Augen sah er eher wie sechzehn als wie einundzwanzig aus.
     
    Ich hatte ihm so fasziniert zugesehen, wie er sich auf seinem Sitz wand, dass ich die Abfahrt zur 1-270 verpasste. Wir steckten bis zur Olive auf der Ballas fest. Es war kurz vor dem Mittagessen, und die Olive würde völlig überlaufen sein, weil sich alle Leute irgendwo den Bauch vollstopften, um dann wieder zur Arbeit zu rasen.
     
    »Haben Sie Ihre Schmerztablette genommen?«, fragte ich. Er versuchte, sehr still zu sitzen. Einen Arm hatte er auf die Sitzkante gelegt. »Nein.« »Warum nicht?« »Weil mich solches Zeug umhaut. Ich will nicht schlafen.«
     
    »Es wäre kein normaler Schlaf«, widersprach ich. »Richtig, die Träume sind noch schlimmer.« Da hatte er recht. »Was ist passiert, Larry?« »Ich staune, dass Sie mit der Frage so lange warten konnten.«
     
    »Ich auch, aber vor den Ärzten wollte ich nicht fragen. Wenn man anfängt, dem Patienten Fragen zu stellen, gehen die Ärzte oft, um den nächsten zu behandeln. Ich wollte aber von dem Arzt wissen, wer Sie genäht hat und wie ernst es ist.«
     
    »Sind nur ein paar Stiche«, sagte er. »Zwanzig«, erwiderte ich. »Achtzehn.« »Ich habe nur aufgerundet.« »Glauben Sie mir, das ist gar nicht nötig«, meinte er und zog eine Grimasse. »Warum tut das bloß so weh?«, fragte er.
     
    Das war vielleicht eine rhetorische Frage, aber ich gab trotzdem eine Antwort. »Wenn man den Arm oder ein Bein bewegt, gebraucht man die Rückenmuskeln. Man weiß seinen Rücken erst zu schätzen, wenn er mal streikt.«
     
    »Klasse«, sagte er.
     
    »Schluss mit dem Hinhaltemanöver, Larry. Erzählen Sie, was passiert ist.« Vor uns hatten wir eine lange Autoschlange, die bis zur Ampel an der Olive reichte. Wir steckten zwischen zwei kleinen Einkaufzentren fest. Die auf der linken Seite hatte Springbrunnen und einen Tee und Gewürzladen, wo ich meinen Kaffee kaufte. Rechts gab es einen Plattenladen und ein chinesisches Schnellrestaurant. Wenn man zur Mittagszeit die Ballas herauf fuhr, hatte man immer jede Menge Zeit, sich die Geschäfte von außen anzusehen.
     
    Larry lächelte, dann zog er ein Gesicht. »Ich hatte zwei Leichen zu pfählen. Beides Vampiropfer, die nicht als Vampire wiederauferstehen wollten.« »Sie hatten ein Testament hinterlassen, ich erinnere mich. In letzter Zeit hatten Sie viele solche Aufträge.«
     
    Er nickte und hielt abrupt inne. »Selbst das Nicken tut weh.« »Morgen sind die Schmerzen schlimmer.« »Ach, vielen Dank. Gut, dass Sie mich drauf vorbereiten.« Ich zuckte die Achseln. »Es bringt auch nichts, Sie anzulügen.« »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Ihre Manieren am Krankenbett scheiße sind?« »Schon viele.«
     
    Er machte ein kleines Glucksgeräusch. »Das glaube ich. Jedenfalls war ich gerade mit den Leichen fertig und wollte zusammenpacken, da rollte eine Frau einen Toten herein. Sagte, es sei ein Vampir ohne gerichtliche Verfügung.«
     
    Ich blickte ihn stirnrunzelnd an. »Sie haben doch keine Leiche ohne Papierkram erledigt oder?« Er sah genauso stirnrunzelnd zurück. »Natürlich nicht. Ich habe gesagt: kein Gerichtsbeschluss, kein toter Vampir. Eine Pfählung ohne Gerichtsbeschluss sei Mord und ich würde mir keine Anklage einhandeln, nur weil jemand die Papiere verschludert hat. Das habe ich ihnen unmissverständlich klargemacht.«
     
    »Ihnen?«, fragte ich nach. Ich schloss zu dem Wagen vor uns auf und kam der Ampel ein Stückchen näher. »Der andere Wärter war wieder reingekommen. Sie gingen zusammen weg, um die verlegten Papiere zu suchen.
     
    Ich blieb bei dem Vampir. Es war Morgen. Er würde nirgendwo hingehen.« Er wollte den Kopf wegdrehen, um mir nicht in die Augen zu sehen, aber es tat zu weh. Schließlich starrte er mich ärgerlich an.
     
    »Ich bin rausgegangen, um eine zu rauchen.«
     
    Ich blickte ihn an und musste plötzlich auf die Bremse steigen, als der Verkehr wieder stockte. Larry flog in seinen Gurt. Er stöhnte, und als er damit fertig war, sagte er: »Das haben Sie mit Absicht gemacht.«
     
    »Nein, bestimmt nicht, aber vielleicht hätte ich das tun sollen. Sie haben eine Vampirleiche allein gelassen, einen Vampir, der vielleicht genug getan hat, um eine Hinrichtung zu verdienen, allein im Leichenschauhaus.«
     
    »Es war nicht nur wegen der Zigarette, Anita. Die Leiche lag einfach auf der Bahre, war nicht festgeschnallt oder angekettet. Nirgends waren Kreuze. Ich habe schon mehr Hinrichtungen gemacht.
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